Letzte Aktualisierung: um 14:01 Uhr

Forderungen in Amsterdam

Schiphol könnte in die Nordsee wachsen

Der Amsterdamer Flughafen hat ein Platzproblem. Nun erhält eine alte Idee wieder Auftrieb, die die Lösung sein könnte. Im Kern geht des dabei um eine künstliche Insel in der Nordsee.

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Anfang September überflutete Taifun Jebi den japanischen Flughafen Kansai, der auf einer künstlichen Insel liegt. Auch andere Insel- und Küsten-Airports müssen aufgrund des Klimawandels verstärkt in ihre Schutzsysteme investieren. Wenig zu schrecken scheint all das einige Menschen in den Niederlanden. Sie wollen, dass der Flughafen Amsterdam Schiphol, der vier Meter unter dem Meerespiegel liegt, in die Nordsee expandiert.

So forderte der Chef des Arbeitgeberverbandes VNO-NCW, Hans de Boer, vergangene Woche von der Regierung Investitionen in die Infrastruktur des Landes. Einer seiner Punkte: «Wir müssen nun eine Erweiterung von Schiphol im Meer ausarbeiten.» Bereits im Januar hatte eine Gruppe von Schiphol-Anwohnern einen Report an Infrastruktur-Ministerin Cora van Nieuwenhuizen übergeben, in dem sie dafür plädieren, vor der Küste eine Insel aufzuschütten und dort Start- und Landebahnen zu bauen. Sie argumentieren, dass der künftige Flughafen Lelystad langfristig nicht ausreichen wird, um Schiphol wie erhofft zu entlasten. Zusätzliche Pisten am jetzigen Standort seien nicht akzeptabel, so die Anwohner. Sie fürchten mehr Lärm und den Abriss von Wohngebieten.

«Keine realistische Option»

Während die niederländischen Parteien gemischt auf den Vorschlag reagierten, erklärte ein Ministeriumssprecher, es habe in der Vergangenheit schon Untersuchungen zur Expansion aufs Meer gegeben. «Es stellte sich heraus, dass es keine realistische Option ist», so der Sprecher laut dem Radiosender BNR. Gründe seien Sicherheitsbedenken und hohe Kosten.

Doch die Anwohner ließen sich nicht abschrecken. Im März meldeten sie sich erneut zu Wort und hatten diesmal schon den Arbeitgeberverbandschef für die Region Amsterdam ein Stück weit auf ihrer Seite. Man müsse den Plan ernsthaft prüfen, obwohl es Unsicherheiten gebe, sagte VNO-NCM-Mann Hans Bakker. Und Peter Berdowski, Chef der Seebagger-Firma Berdowski, erklärte laut der Zeitung De Telegraaf: «Als die Niederlande haben die Kenntnisse, um das zu bauen. Also legen wir los mit den Pisten im Meer.»

Heathrow zitterte schon 1999

Der aktuelle Plan beinhaltet laut De Telegraaf die Idee, die Pisteninsel per Damm mit einem leichten und schnellen Zug mit dem Rest des Flughafens zu verbinden. Der Airport liegt etwas mehr als 20 Kilometer entfernt vom Küstenort Zandvoort. Eine Visualisierung der Zeitung zeigt die geplante Insel jedoch weiter nördlich, auf der Höhe von Wijk aan Zee.

Neu ist die Idee von Schiphol im Meer keineswegs. Schon im Februar 1999 schrieb die britische Zeitung The Guardian: «Der Betreiber der Flughäfen Heathrow und Gatwick reagierte gestern mit Besorgnis auf einen 10 Milliarden Pfund schweren Plan zum Bau eines Flughafens auf einer künstlichen Insel im Meer, sechs Meilen vor der niederländischen Küste.» Der Plan sei eine ernste Bedrohung für den Ausbau der beiden britischen Airports, besonders für Heathrow und dessen Transitpassagiere, so der damalige Betreiber.

Luftfahrtindustrie macht Druck

Neuen Auftrieb erhalten die Pläne in den Niederlanden nun auch aufgrund steigender Passagierzahlen und mangelnder Alternativen. Schiphol zählte im Jahr 2017 mehr als 68 Millionen Passagiere, und das in einem Land, das nur gut 17 Millionen Einwohner hat. Bis 2020 sind dem Airport jährlich höchstens 500.000 Flugbewegungen gestattet. 2017 war diese Grenze mit 497.000 Starts und Landungen schon fast erreicht. Entlastet werden soll Schiphol vom Flughafen Lelystad, der rund 40 Minuten Autofahrt entfernt liegt und dafür ausgebaut wird.

Doch im Februar kündigte Ministerin Cora van Nieuwenhuizen an, dass der Flughafen nicht wie geplant im April 2019 eröffnet wird. Nach Anwohnerprotesten waren Korrekturen an den Lärmberechnungen nötig geworden. Als Reaktion auf die Verzögerung ging im Mai ein Teil der Luftfahrtindustrie in den Niederlanden auf die Barrikaden. In einem offen Brief wandten sich 16 Organisationen und Firmen, darunter etwa KLM, Easyjet und die Pilotengewerkschaft VNV, an die Regierung. Das Bündnis plädierte für eine Erhöhung der Kapazität von Schiphol und warnte davor, dass Passagiere und Luftfracht sonst in die Nachbarländer abwandern könnten.