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Rio de Janeiro-Santos Dumont

Anflug zwischen Bergen, Hochhäusern, Vögeln und Hubschraubern hindurch

Der Stadtflughafen von Rio de Janeiro hat eine ganz spezielle Lage. Dutzende Flüge landen jeden Tag dort. Was sind die Herausforderungen am Aeroporto Santos Dumont? Ein Pilot erzählt.

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Sie ist die viertgeschäftigste Inlandsstrecke der Welt. Fast 110 Flüge täglich gab es vor der Pandemie zwischen São Paulo-Congonhas und Rio de Janeiro-Santos Dumont. Die Flugverbindung zwischen den Stadtflughäfen der beiden Metropolen nennen die Brasilianer deshalb ponte aérea, Luftbrücke.

Während der Flug den Reisenden vom Anfang bis zum Ende atemberaubende Ausblicke bietet, ist die Landung in Rio für Pilotinnen und Piloten eine Herausforderung. Der Flughafen Santos Dumont liegt gleich beim Stadtzentrum auf aufgeschüttetem Terrain in der Guanabara-Bucht. Seine beiden parallelen Start-und Landebahnen sind sehr kurz – die längere misst nur gerade 1323 Meter. «Man muss im ersten Drittel der Piste mit den Rädern aufsetzen, sonst muss man durchstarten», sagt Flugkapitän Augusto Viana, der regelmäßig auf der Strecke unterwegs ist und bei Gol für die Sicherheit zuständig ist, im Gespräch mit aeroTELEGRAPH.

Spezielle Variante der Boeing 737-800 entwickelt

Um in Santos Dumont landen zu können, hat Boeing für Gol Linhas Aéreas eine spezielle Version der 737-800 entwickelt. 737-800 SFP nennt sie sich, die Abkürzung steht für Short Field Performance. Sie weist modifizierte Flügel und Klappen, eine weiter nach oben geneigte Nase und Karbonbremsen auf. Alles zielt darauf hin, auf einer kleineren Strecke anhalten zu können. Inzwischen fliegt Gol auch mit der Boeing 737 Max hin, die die Extras nicht mehr nötig hat.


Landende Boeing 737 Max von Gol am Flughafen Santos Dumont: Bild: Gol

Doch die Pistenlänge ist längst nicht die einzige Herausforderung. Der Airport liegt mitten in der Millionenmetropole, Hochhäuser erheben sich in nächster Nähe, rundherum stehen Berge, die Topografie sorgt auch für häufig wechselnde Winde und vor allem im Winter hängen Wolken tief. Hinzu kommen viele Vögel und Hubschrauber. Zudem liegt der internationale Flughafen Rio de Janeiro-Galeão in der Nähe. «Die Herausforderung besteht darin, dass man sehr aufmerksam sein muss und für die ganzen Anflug- und Landemanöver sehr wenig Zeit hat», so Gol-Pilot Viana.

«Nur wenige Sekunden»

Ein Instrumentenlandesystem ILS besitzt der Aeroporto do Rio de Janeiro-Santos Dumont nicht. Dies lässt die Lage zwischen Bergen und Meer nicht zu. Man benötige deshalb schon sehr viel Erfahrung im Handling des Flugzeuges, so Kapitän Viana, der seit 17 Jahren für Gol fliegt und früher bei Vasp tätig war. «Wen es knapp wird, hat man nur wenige Sekunden, um zu entscheiden, ob man durchstarten will oder nicht».

Die klassische Anflugroute auf Santos Dumont führt von der Küste her kommend hinein in die Guanabara-Bucht, dort vorbei am Zuckerhut, bis die Flugzeuge abdrehen und mit einer 180-Grad-Kurve Kurs auf die Piste nehmen. Zuerst aber geht es noch knapp über die Autobahn-Brücke zwischen Rio und Niteroi hinweg. Neben der Standardroute gibt es Dutzende Alternativen, die aber schwieriger sind, weil die Pilotinnen und Piloten näher an den Bergen vorbeifliegen müssen.

Ganz nah am Zuckerhut vorbei

Eine Anflugroute führt wenige Meter am Zuckerhut vorbei, nach dem die Männer und Frauen im Cockpit eine scharfe Linkskurve einleiten und gleich danach wieder nach rechts zu schwenken und auf die Piste zu schweben. Eine andere führt vorbei an der weltbekannten Christus-Statue, von wo aus man über die Stadt fliegt und dann mit einer 180-Grad-Kurve Richtung Flughafen einschwenkt.

Weil der Anflug so knifflig ist, dürfen ihn nicht alle durchführen. Nur speziell ausgebildete Pilotinnen und Piloten dürfen hier starten und landen. «Die Ausbildung dauert rund einen Monat», erzählt Viana. Es gebe einen Theorieteil, hinzu kämen drei Sessionen im Simulator und dann Flüge mit Inspektoren. Bei Gol hat rund ein Fünftel des Cockpitpersonals die Berechtigung, Rios Stadtflughafen anzufliegen. Sie sind verpflichtet, regelmäßig auf der Strecke unterwegs zu sein.

Die Schönheit bleibt beeindruckend

Auch der Start ist ungewöhnlich. Meistens führt er Richtung Meer statt. Das Cockpitpersonal muss deshalb gleich danach eine Links- oder Rechtskurve machen, um den legendären 391 Meter hohen Berg auszuweichen, der schon in so vielen Filmen eine Rolle spielte. «Er ist wirklich sehr nah», so Viana.


Startende Boeing 737 Max vor dem Zuckerhut: Bild: Gol

Und sieht man als Pilot die Schönheit der Stadt noch, welche die Brasilianerinnen und Brasilianer wegen ihrer einmaligen Lage die cidade maravilhosa nennen, die wunderbare Stadt? «Absolut, ich freue mich jedes Mal auf den Flug», sagt Viana. Bei schönem Wetter sei der Ausblick einfach sensationell. «Wenn wir können, machen wir jedes Mal Fotos.»