Boom währen Corona-Krise
Preise am Luftfrachtmarkt spielen verrückt
Das Geschäft mit Luftfracht ist noch volatiler als das mit Passagieren. In der Corona-Krise erlebt es einen Aufschwung. Wie nachhaltig ist der?
Frachtcontainer vor einer Boeing 767: Frachtkapazitäten brachen mit dem Wegfall von Passagierfliegern weg.
Frachtcontainer vor einer Boeing 767: Frachtkapazitäten brachen mit dem Wegfall von Passagierfliegern weg.
Kondensstreifen sind in den letzten Wochen selten geworden. Und sie sind es trotz des langsamen Neustarts des Flugverkehrs nach der Corona-Pause weiterhin. Wenn man sie sieht, werden da oben am Himmel aber oftmals noch immer nicht Passagiere befördert, sondern Güter.
Plötzlich sind es Frachttransporte, die im Rampenlicht stehen. Die Flieger bringen wichtige Güter aus allen Weltgegenden trotz Lockdown und Krise schnell und sicher ans Ziel. Steht die Luftfrachtbranche also vor einer Blüte?
Hohe Einnahmen im März und April
Dass Frachtflüge in der weltweiten Krise eine vermehrte Nachfrage erfahren, verwundert zuerst. Die Luftfracht ist stark von der Welt- und Wirtschaftslage abhängig. Der Handelskrieg zwischen den USA und China oder der Brexit setzten der Branche etwa im vergangenen Jahr stark zu. 2017 hatten Frachtfluggesellschaften dagegen im Zuge der starken Konjunktur noch starkes Wachstum vermeldet.
Tatsächlich erfuhr die Luftfracht in den vergangenen Wochen einen Aufschwung: Im April stiegen die weltweiten Einnahmen im Vergleich zum Vorjahr um 36 Prozent, im März um 26 Prozent. Dies zeigen Zahlen des Analyseunternehmens World ACD. Beim Transport von eiligen Hightech-Artikel oder Medikamenten – bereits vor Corona eine Paradedisziplin der Luftfracht – stiegen die Einnahmen um 116 und 71 Prozent.
Knappes Angebot
Möglich wurde das auch durch einen massiven Anstieg des Durchschnittserlöses, im Branchenjargon Yield genannt. Im April ist er um 99 Prozent gestiegen. Die Analysten von World ACD führen dies auf den dramatischen Einbruch des Angebots zurück.
«Aktuell sind die Luftfrachtraten sehr volatil. Gerade aufgrund der hohen Nachfrage können sich Preise ständig und in kürzester Zeit ändern», so ein Branchenkenner zu aeroTELEGRAPH. Ein Blick auf die aktuellen Frachtkapazitäten bestätigen diesen simplen Marktmechanismus. Laut World ACD ist im April das angebotene Frachtvolumen um mehr ein Drittel zurückgegangen.
Branche behält kühlen Kopf
Eine Goldgräberstimmung bricht in der Branche dennoch nicht aus. Denn sie weiß, wie schnell sich die Lage wieder ändern kann. «Rekord- und Krisenzeiten lagen bei uns schon immer sehr dicht beieinander», sagte Lufthansa-Cargo-Chef Peter Gerber kürzlich dem Portal Aviation Net Online.
Mit dem Zuwachs von Kapazitäten durch Hilfsfrachter wird in der Branche denn auch bereits mit einem Abflachen der Preise gerechnet. «Wir haben den Höhepunkt für Europa und die USA erreicht», sagte Air Charter Service’s Cargochef Dan Morgan-Evans dem Portal The Loadster. Das Unternehmen vermittelt Charter-Frachtflüge.