Letzte Aktualisierung: um 16:29 Uhr

Interview

«Pegasus ist sehr zufrieden mit A320 Neo»

Pegasus Airlines ist sehr zuversichtlich für die Türkei. Im Interview erklärt Vorstandsmitglied Güliz Öztürk weshalb. Zudem verrät sie, wo die Billigairline wachsen will und womit sie zu kämpfen hat.

Die Türkei durchlebt schwierige Zeiten. Zuerst mehrere Attentate, dann der gescheiterte Putsch. Wie trifft das Pegasus Airlines?
Güliz Öztürk*: Natürlich sind es herausfordernde Zeiten für die Türkei, genauso wie für die globale Reisebranche und die ganze Welt. Wir glauben aber fest an die Widerstandskraft der Märkte und unserer Region. Wir bei Pegasus Airlines setzten trotz des Wellengangs in der Branche unsere Investitionen und unser stetiges Wachstum fort. In den ersten neun Monaten transportierten wir 18,08 Millionen Passagiere – ein Plus von 7,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit unserer jungen Flotte und den attraktiven Preisen konnten wir im Inland 10,9 Prozent zulegen und im Ausland 1,9 Prozent.

Die Türkei hat nicht an Anziehungskraft verloren?
Wir glauben weiterhin an die Türkei als eines der schönsten, lebhaftesten und kosmopolitischsten Urlaubs- und Geschäftsziele der Welt. Das Land hat dank der Rückkehr zur Stabilität ein riesiges, noch ungenutztes Potenzial. Wir verfolgen deshalb unsere Vision weiter, dass jeder das Recht haben soll, zu fliegen. Nun weiten wir sie aufs ganze Reisegeschäft aus. Wir schauen voller Zuversicht in die Zukunft.

Und wie sieht es aktuell aus?
Wir konnten unseren Titel als die am schnellsten wachsende Fluglinie der Türkei trotz der schwierigen Bedingungen verteidigen. 2015 hatten wir eine Auslastung von 75 Prozent erreicht, im laufenden Jahr waren es in den ersten neun Monaten 78,3 Prozent.

Warum erholt sich denn die Lage?
Ein großer Teil unseres Verkehrs ist Umsteigeverkehr. Zudem bieten wir sehr attraktive Preise. 68 Prozent unserer Passagiere flogen bislang für weniger als 100 Lira, also rund 28 Euro. 26 Prozent flogen für weniger als 50 Lira. Zudem können wir auf einen großen Binnenmarkt zählen, anders als viele andere EU-Airlines.

Was tat Pegasus während der Phase der schwächeren Nachfrage?
Zum einen setzten wir auf Promotionen. Wir haben 2016 mehr als fünfzig Verkaufskampagnen lanciert. Das hat die Ticketverkäufe stark beflügelt. Zudem haben wir die Effizienz erhöht, indem wir die Abfertigung an unserem Drehkreuz Istanbul-Sabiha Gökçen selbst übernommen haben. Dafür haben wir 20 Millionen Euro investiert.

Pegasus hat im Juli den ersten Airbus A320 Neo übernommen. Gewisse Fluggesellschaften beklagen sich über das Flugzeug. Sie?
Wir haben schon jetzt die jüngste Flotte der Türkei. Unsere 77 Flugzeuge haben ein Durchschnittsalter von 5,5 Jahren Mit der Aufnahme des A320 Neo in die Flotte haben wir Geschichte geschrieben. Es war ja die größte Order in der Geschichte der türkischen Luftfahrt. Wir sind sehr zufrieden mit dem A320 Neo mit den CFM Leap-1A-Triebwerken, die wir als erster Kunde überhaupt übernommen haben. Sie sind leiser und sparsamer. Der Treibstoffverbrauch liegt 15 Prozent tiefer.

Mit der Aufnahme des A320 Neo in die Flotte haben wir Geschichte geschrieben.

Die Order bleibt also unangetastet?
Wir werden dieses Jahr insgesamt 9 A320 Neo übernehmen. Nach der Übernahme des ersten A320 Neo am 19.  Juli, den wir «Demokratie» tauften, haben wir die Auslieferungen beschleunigt. Wir bekommen zudem 7 A321 Neo bereits 2019 statt 2022. Dafür nehmen wir gewisse A320 Neo erst 2022.

Bislang konzentrieren Sie sich auf die Kurz- und Mittelstrecke. Ist die Langstrecke ein Thema?
Derzeit wollen wir unser Langstreckenangebot durch weitere Codeshare-Abkommen und Kooperationen vergrößern. Wir sind eine Lowcost-Anbieterin und fühlen uns wohl mit Kurzstreckenflugzeugen. Dennoch nehmen wir laufend weiter entfernte Zeile ins Streckennetz auf, die wir mit unserer Flotte noch erreichen können.

Wo wollen Sie in den kommenden Jahren wachsen?
Unser größtes Wachstum wird aus Russland, dem Kaukasus, dem Nahen Osten, Asien, Afrika und Osteuropa kommen. Diese Märkte eröffnen Chancen, da es dort wenig Billigairlines gibt, keine strengen Visumsregeln, steigenden Handel mit der Türkei sowie Flughäfen ohne Nachtsperre. So müssen wir Flieger nachts dort nicht parken und können die Nutzung der Flotte verbessern. Kürzlich haben wir als neue Ziele Sulaymaniyah im Irak und Kashgar in China als neue Ziele erschlossen. Heute fliegen wir 102 Destinationen in 40 Ländern an. Dabei helfen uns auch Kooperationen. Dank der Zusammenarbeit mit Air Manas können wir in Kirgistan expandieren, dank Flynas in Saudi-Arabien.

Um expandieren zu können, müsste der Flughafen Sabiha Gökçen Airport eine neue Piste haben. Doch der Ausbau wurde immer aufgeschoben. Warum?
Die knappe Kapazität in Istanbul ist ein zentrales Thema im Bestreben, die steigende Nachfrage in der Türkei nach Flügen befriedigen zu können. Die Investitionen in den Istanbul New Airport und der Ausbau von Sabiha Gökçen sind dringend notwendig. Pegasus ist mit 400 täglichen Flügen für 57 Prozent – im Sommer gar für 70 Prozent – aller Bewegungen am Flughafen Sabiha Gökçen verantwortlich. Die Vollendung der zweiten Piste ist deshalb für uns enorm wichtig. Der Bau wurde nun begonnen. Ist er fertig gestellt, kann man den Verkehr in Istanbul effizienter steuern. Wegen der aktuellen Knappheit überlegen wir bei Pegasus momentan einen Ausbau an anderen türkischen Basen – neben der Fortsetzung der Expansion am Drehkreuz Sabiha Gökçen.

Bis wann ist die zweite Piste denn einsatzbereit?
Gemäß der Ausschreibung sollte der Flughafen Sabiha Gökçen bis zum 26. Juli 2019 ein voll funktionierender Airport mit zwei Pisten sein.

Gleichzeitig wird der neue Flughafen Istanbul gebaut. Wird Pegasus auch von dort aus fliegen?
Istanbul ist eine natürliche Pforte zwischen Kontinenten und Regionen und dient im Luftverkehr als Drehkreuz für Umsteigepassagiere neben Passagieren im Punkt-zu-Punkt-Verkehr. Darum ist der dritte Flughafen für die türkische Luftfahrt und die gesamte Wirtschaft des Landes essenziell. Er wird mit zuerst 90 Millionen jährlichen Passagieren, später mit 150 Millionen, der größte der Welt sein und darum zentral in der Lösung der Kapazitätsprobleme von Istanbul sein.  Wir haben in unserer Strategie voll auf den Flughafen Sabiha Gökçen gesetzt. Er ist mit uns gewachsen und ist heute einer der größten Airports des Landes.  Daran wird sich nichts ändern. Der dritte Flughafen wird wichtig fürs Wachstum der gesamten Luftfahrt sein, zumindest in der ersten Phase aber nicht die Kapazität haben, um andere Fluggesellschaften als Turkish Airlines aufzunehmen. In der zweiten und dritten Phase werden wir uns den Istanbul New Airport aber sicherlich anschauen.

Der Ausbau von Sabiha Gökçen ist dringend notwendig.

Wollen Sie Ihr Angebot in Deutschland, der Schweiz und Österreich erhöhen?
Wir fliegen mit Berlin, Düsseldorf, Köln/Bonn, Frankfurt, Hamburg, Hannover, München, Nürnberg und Stuttgart bereits neun Flughäfen in Deutschland an, mit Basel, Genf und Zürich drei in der Schweiz und mit Wien einen in Österreich. Es sind sehr wichtige Märkte für uns, insbesondere Deutschland. Schon jetzt erhöhen wir jeweils im Sommer die Kapazitäten dorthin. Kommenden Sommer werden wir zudem zusätzlich noch drei Mal pro Woche von Frankfurt und Hannover und Antalya fliegen.

Welche Art von Passagieren sprechen Sie dort an?
Menschen, die neue Flugzeuge und tiefe Preise schätzen. Dank unserem Drehkreuz zwischen den Kontinenten können wir zudem diesen Passagieren mehr bieten als andere Billigairlines – nämlich Umsteigeverbindungen. Zudem kann man bei uns mehr buchen als nur einen Flug.

Und wo kann Pegasus noch besser werden?
Wir bekommen 2017 weitere neue Flugzeuge und werden damit unser Streckennetz weiter ausbauen. Zudem werden wir unser Angebot durch neue Produkte abrunden, um die Zusatzeinnahmen zu erhöhen. Wir wollen so noch mehr Menschen als Kunden gewinnen.

* Güliz Öztürk ist als Chief Commercial Officer Mitglied des Vorstandes von Pegasus Airlines. Nach dem Studium an der Boğaziçi Üniversitesi (Bosporus-Universität) arbeitete sie 13 Jahre lang für Turkish Airlines. 2005 wechselte sie zu Pegasus Airlines, wo sie beim Umbau der Fluggesellschaft von einem Charteranbieter zu einer Billigairline mithalf.