Michael O'Leary
«Wir brauchen mehr Wettbewerb in Deutschland»
Ryanair-Konzernchef Michael O'Leary im Interview.
Die Ryanair-Flotte besteht aus knapp 430 Boeing 737-800 und einer Boeing 737-700
Die Ryanair-Flotte besteht aus knapp 430 Boeing 737-800 und einer Boeing 737-700
Ryanair CEO Michael O’Leary ist für markige Sprüche ebenso bekannt wie für außergewöhnliche Aktionen. Er ist das Mastermind hinter Ryainair und dem rasanten Aufstieg zur größten Low-Cost-Fluglinie in Europa mit im Vorjahr 130 Millionen Passagieren – Kopf an Kopf mit Lufthansa. Zuletzt spürte er auch Gegenwind durch Probleme mit den Piloten. Michael Csoklich hat in Brüssel mit ihm gesprochen (Anmerkung: Das Gespräch wurde vor Bekanntgabe der Laudamotion-Übernahme geführt):
Nach Pilotenstreik- und Pilotenmangel – wie läuft es denn für Ryanair 2018?
Wir sind gut auf Kurs. Die Initiativen für 2018 – Pünktlichkeit verbessern, die Preisgarantien und die neue Gratis-Handgepäck-Regelung – haben sich bewährt. Bei den Passagieren wollen wir heuer von 130 auf 140 Millionen wachsen und wir peilen ein Ergebnis von 1,4 Milliarden Euro an. Nett zu den Passagieren zu sein und Ihnen niedrige Preise anzubieten, ist also gut fürs Geschäft. Bis Ende Mai werden wir die Integration von 50 neuen Flugzeugen abschließen und wir arbeiten an der Kooperation mit Aer Lingus. Dabei sollen bis zum Sommer Ryanair Passagiere an das Langstreckennetz von Aer Lingus angebunden werden.
Wie sehen denn die langfristigen Flottenpläne aus?
240 Flugzeuge sind bestellt, davon 110 fix. Insgesamt soll die Flotte von 430 diesen Sommer auf über 600 über die nächsten 8 Jahre wachsen, wobei wir ältere 737-800 Flugzeuge ausflotten. So sollten wir genug Kapazität haben, um bis 2024 auf 200 Millionen Passagiere jährlich wachsen zu können.
Sind Großraumflugzeuge jetzt billig genug, dass Sie z.B A330 kaufen wollen?
Nein. Und die A380 oder B747 sind zwar am Markt, aber zu groß. Was ich kaufen möchte, sind die neuen Mittelstreckenflugzeuge mit großer Reichweite, aber die sind im Moment sehr teuer. Mit der 737 MAX erreichen wir nur die US-Ostküste, das reicht nicht. Wenn wir Transatlantik fliegen sollten, müssen wir in den USA auch den mittleren Westen oder die Westküstenziele erreichen. Sonst ist der Markt zu klein.
Wenn Sie eine neue Route eröffnen, wie viele Tage oder Monate darf es brauchen, damit sie profitabel wird?
Sie muss am ersten Tag profitabel sein, was für eine Frage. Warum sonst würde man eine neue Route aufmachen? Um Geld zu verlieren?
Wie geht es dem Projekt Umsteigeverkehr wie z.B. in Rom?
Das Projekt wächst stark, wir haben schon Rom, Mailand und Porto. Bis Sommer werden wir das auf noch mehr Flughäfen ausweiten. 8 bis 9 Prozent unserer Passagiere steigen um, das trägt zwar nicht zur Steigerung der Auslastung bei, denn die liegt ja schon bei 95 Prozent. Aber es ist ein Angebot für unsere Passagiere, unabhängiger von den teuren Fluglinien wie Alitalia, TAP oder Lufthansa zu werden.
Wie geht es den Plänen nach Wien zu kommen?
Ich würde liebend gerne nach Wien kommen. Es gibt ein neues Management, die Anreize, die es vorschlägt, sind interessant. Wir führen aktiv Gespräche, sollte es Fortschritte geben, könnte es vielleicht in den nächsten 12 Monaten Flüge von Ryanair nach Wien geben.
Was sagen Sie zu Laudamotion, wird es die Fluglinie schaffen?
Ich hoffe! Wir brauchen mehr Wettbewerb, besonders in Deutschland. Die Zukunft von Niki ist bei Laudamotion und Niki Lauda sicher besser als bei Lufthansa.
Apropos Wettbewerb in Deutschland: wollen Sie mehr innerdeutsche Routen fliegen?
Ja, aber es ist sehr schwierig, mehr Flugzeuge in Deutschland auf den überfüllten Flughäfen zu stationieren. Wir bekommen keine Slots in Berlin-Tegel, keine Früh-Slots in Düsseldorf. Weil Lufthansa Air Berlin übernehmen durfte, sind alle wichtigen Slots weg. Lufthansa Chef Carsten Spohr sagt zwar, es gibt viel Wettbewerb in Deutschland, real aber gibt es keinen. Nur Frankfurt schaffte ein paar zusätzliche Slots und baut einen Low-Cost Terminal.
Sie wollen die größte Low Cost Fluglinie in Osteuropa werden, jetzt sagt der CEO von WIZZ Air, József Váradi, Wizz Air wird die größte in Osteuropa.
O’Leary (scherzend): Nein, wird er nicht, er ist alt und mathematisch behindert. Wir sind größer als Wizz Air in Osteuropa
Haben Sie für ihre Wachstumsziele genug Piloten?
Ich hoffe!
Wo kommen die her?
O’Leary: Wir haben in den vergangenen 12 Monaten 1100 Junior Piloten angestellt, viele davon auch ausgebildet. Es werden aber auch erfahrene Piloten auf den Markt kommen, weil viele Piloten der Netzwerk-Fluglinien jetzt in Pension gehen werden, da wird es viel Druck auf Piloten geben. Am Markt sind auch Piloten der Pleite gegangenen Monarch und Air Berlin, und es kommen Piloten vom Golf zurück, weil Etihad eher entlässt als anstellt.
Die Piloten sind zuletzt sehr unfreundlich zu Ihnen gewesen, sie haben sogar Ihren Rücktritt gefordert. Was ist passiert?
Jaaa … es gab einen Brief von der Aer Lingus Piloten Gewerkschaft, da wurde das gefordert. Ich habe das nie wirklich zu ernst genommen.
Mögen Sie die Pilotengewerkschaften?
Wir haben gute Fortschritte gemacht, mehr als ich gedacht habe, und eine Reihe von Abkommen in großen Ländern unterschrieben. Wir verhandeln noch mit kleineren Gewerkschaften, die haben leider unrealistische Vorstellungen, obwohl wir bis zu 20 Prozent Gehaltserhöhungen geboten haben. In manchen Ländern machen wir direkt Angebote an die Piloten, weil die Gewerkschaften blockieren. Das bringt uns bei den Piloten 95 Prozent Akzeptanz. Aber wir haben zu lernen, wie wir Geschäfte machen und wie wir mit Gewerkschaften umgehen. Die Gewerkschaften müssen auch lernen. Wir sind nicht Lufthansa, wir sind nicht Air France, wir drehen uns nicht ständig, nur weil die Gewerkschaften wieder eine unsinnige Forderung stellen.
Können Sie ausschließen, dass es wieder zu Streiks und Flugausfällen kommen kann?
Nein, kann ich leider nicht, vor allem für Irland und Portugal.
Airlines4Europe (A4E) kritisiert weiter die hohen Flughafengebühren, die Verspätungen und die vielen Streiks der Fluglotsen. Gibt es irgendwo Fortschritte gegenüber dem letzten Jahr?
Es gibt deutliche Fortschritte! Lösungen kommen ja nicht in 6 Monaten oder einem Jahr. Fakt ist, die EU versucht nun, die Lufträume zu trennen in nationale und offene Lufträume, wo dann die offenen oberen von Fluglotsenstreiks nicht mehr betroffen wären. Wir, A4E, machen Druck, um die Flughafengebühren zu reduzieren. Ich treibe das voran, aber es braucht Zeit.
Lässt sich schon abschätzen, welche Konsequenzen der Brexit auf die Luftfahrt, auf Ryanair haben wird?
Welche Konsequenzen diesbezüglich der Brexit haben könnte, werden die Menschen in Großbritannien möglicherweise diesen Sommer spüren. Wenn sie nämlich gewarnt werden, dass die Ferienflüge für 2019 stark gefährdet sein könnten. Sollte es im Bereich Luftfahrt keine Lösung, kein Übereinkommen im Zuge des Ausstiegs aus der EU geben, könnten beginnend ab März 2019 Flüge zwischen der EU und Großbritannien eingestellt werden. Da könnte dann bei Fluglinien und Passagieren so etwas wie Panik entstehen.