Nicht nur hohe Standortkosten: Auch geringer innerdeutscher Wettbewerb bremst Luftfahrt-Erholung

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) hat ein Gutachten zu den Standortkosten im deutschen Luftverkehr vorgelegt. Die vom Institut für Luftverkehr des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) durchgeführte Analyse beleuchtet die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts und identifiziert Maßnahmen zur Stärkung der Branche.
Das Gutachten stellt fest, dass sich der Passagierluftverkehr in Deutschland im europäischen Vergleich langsamer erholt. So liegt das Fluggastaufkommen in Deutschland 2024 bei rund 80 Prozent des Niveaus vor der Covid-19-Pandemie, EU-weit ist das Vorkrisenniveau zu fast 100 Prozent erreicht. Zugleich fallen die Standortkosten wie Steuern, Gebühren und Entgelte in Deutschland vergleichsweise hoch aus und sind zwischen 2019 und 2024 um 38 Prozent gestiegen, im europäischen Durchschnitt um 26 Prozent. Dennoch sind die hohen Kosten nur einer von mehreren Gründen für die geringe Erholung.
Staatssekretär Stefan Schnorr kommentiert: «Deutschland ist als Exportnation auf eine gute Anbindung an die Welt angewiesen und der Luftverkehr ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Wenn Drehkreuze sich ins Ausland verlagern und Airlines Kapazitäten abbauen, müssen wir gegensteuern.»
Man wolle dies faktenbasiert tun. «Das Gutachten identifiziert wichtige Stellschrauben, um die Branche zu entlasten und den Luftverkehr spürbar anzukurbeln», so Schnorr. «Dazu gehören nicht nur die Frage der staatliche Standortkosten, sondern auch wettbewerbliche Maßnahmen.» Man werder die Ergebnisse intensiv mit den Ländern beraten und einer neuen Bundesregierung Vorschläge für wirksame Maßnahmen zur Stärkung des Standorts unterbreiten.
Laut Gutachten des DLR-Instituts für Luftverkehr haben sich teurere Drehkreuze wie Amsterdam und London besser entwickelt. Für die langsame Erholung in Deutschland spielten neben den Standortkosten weitere Faktoren eine Rolle wie der Rückgang von Geschäftsreisen, Verlagerungen auf die Bahn, der Wegfall des Großteils der Nachfrage von und nach Russland und der Ukraine und der seit dem Marktaustritt der Air Berlin geringe innerdeutsche Wettbewerb.
Laut Berechnungen des DLR können die schwache gesamtwirtschaftliche Entwicklung und die Standortkosten jeweils etwa 9 Prozent der ausbleibenden Erholung erklären. Eine Abschaffung der Luftverkehrsteuer für europäische Flüge (Distanzklasse I) könnte zu rund 2,6 bis 5,1 Millionen zusätzlichen Passagieren führen. Zur Einordnung: Von Oktober 2023 bis September 2024 sind rund 57,7 Millionen Passagiere ab Deutschland innereuropäisch geflogen. Die Lücke zum Vorkrisenniveau beträgt 20 Millionen Passagiere.
Zur Stimulierung des Wettbewerbs identifiziert das Gutachten darüber hinaus weitere wirksame Maßnahmen wie die Förderung der Ansiedlung neuer Airlines, Liberalisierung von Luftverkehrsabkommen sowie Effizienzsteigerung und Kostenoptimierungen bei Flugsicherung und den Flughäfen. Zudem kann auch eine europaweit einheitliche Luftverkehrsteuer nationale Wettbewerbsnachteile ausgleichen.