Corona-Flüge nach Nanjing
Lufthansa-Crews schockiert über Unterkunft in China
In einigen Ländern müssen Piloten und Flugbegleiter nach der Landung im Hotelzimmer in Quarantäne. Bei Lufthansa haben die Mitarbeiter für Nanjing aber Sicherheitsbedenken.
Nanjing: Wegen der Pandemie können die Crews in der chinesischen Stadt derzeit das Hotel nicht verlassen.
Nanjing: Wegen der Pandemie können die Crews in der chinesischen Stadt derzeit das Hotel nicht verlassen.
Die Arbeit während der Covid-19-Pandemie ist für die Besatzungen von Fluggesellschaften ohnehin schon herausfordernder als zu normalen Zeiten. Hygienevorschriften und Maskenpflicht erhöhen den Aufwand für alle. Doch auch außerhalb des reinen Flugbetriebs führt die Ausnahmesituation zu außergewöhnlichen Situationen – etwa, wenn es um Flüge in Länder mit Quarantänepflicht für Crews geht.
Dort bestimmt nicht Lufthansa, wo ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während des Aufenthalts untergebracht sind, sondern die Gastgeberländer. Im Zweifel handelt es sich dann um Unterkünfte mit anderen Standards, als die Angestellten sonst gewöhnt sind. Besonders dramatisch ist die Verschlechterung offenbar im chinesischen Nanjing, wie ein internes Schreiben der Personalvertretung des Kabinenpersonals zeigt, das aeroTELEGRAPH vorliegt.
«Hotel wäre ein unpassender Begriff»
«Hotel wäre ein unpassender Begriff», heißt es direkt zu Beginn. Mindeststandards bei Hygiene und grundsätzlicher Hotelausstattung seien ohnehin deutlich untertroffen. Doch auch bezüglich der Sicherheit habe man starke Bedenken, so die Personalvertretung. Der Kapitän und der Purser seien etwa «mit einem Hämmerchen ausgestattet» worden, «um im Notfall die mit einem Fahrradschloss verschlossenen Notausgänge öffnen zu können.»
Rauchmelder seien in der Unterkunft erst auf Nachfrage angebracht worden, die Beschilderungen in den Hotels seien ausschließlich chinesisch. Auch würden die Mitarbeiter kein Englisch sprechen. «Es gibt so viele Unsicherheiten, dass wir den Umlauf und das Hotel aus massiven Sicherheitsbedenken abgelehnt haben», schreibt die Personalvertretung weiter.
Flüge über Korea lohnen sich nicht
Man habe Verständnis für die Situation von Lufthansa und auch dafür, wie wichtig die Flüge nach China seien. Dennoch fordere man das Management zum Handeln auf. Die Personalvertreter verweisen auf die Flüge von Lufthansa-Cargo, die via Seoul Incheon geführt werden, eine Übernachtung in China sei da nicht nötig.
Eine solche Lösung ist auch für Emilio Rezzonico von der Aircrew Alliance denkbar, die bei der Gewerkschaft Verdi die Crews aller in Deutschland operierenden Airlines vertritt. «Bei Lufthansa gibt es einen zwischen Personalvertretung und Arbeitgeber vereinbarten Katalog mit Mindeststandards für Unterbringungen. Diese werden zurzeit in China oftmals unterschritten», sagt er zu aeroTELEGRAPH. «Ein probates und übliches Mittel um diesen Schutz zu gewährleisten ist es etwa, Übernachtungen für Crewmitglieder in angrenzenden Ländern zu organisieren, wo die Rahmenbedingungen diese Standards zulassen.»
Besserung eingetreten
Der Umlauf mit Übernachtung in Nanjing bliebt aber im Plan. Eigentlich ging man laut dem Schreiben vom 5. Februar daher davon aus, dass der Flug am Sonntag (7. Februar) nicht stattfinden werde. Die Crews wollten sich weigern zu fliegen. Denn erst am Tag darauf war ein Termin für Gespräche zu einer Einigung zwischen Airline und Personalvertretern angesetzt. Doch zur absoluten Eskalation kam es offenbar nicht: Der Flug hob am Sonntagabend wie geplant ab.
In einem weiteren internen Schreiben, das aeroTELEGRAPH vorliegt, hatten zuvor Lufthansas Flugbetriebsleiter Karl Brandes und Kai Duve auf die Problematik geantwortet. Man plane auch im Februar, die Strecke nach Nanjing mit einem verkürzten Aufenthalt – also einer Nacht vor Ort – zu fliegen. Es sei nicht wirtschaftlich darstellbar, wie Lufthansa Cargo über Korea zu fliegen, oder die Crews auf einem anderen Flug in der Kabine wieder zurück zu fliegen.
Sicherheitsstandards der Crewhotels werden regelmäßig geprüft
Dennoch wurde gehandelt. Die Arbeitssicherheit habe nach dem Umzug der Crews in den Nebenflügel des Hotels die Situation noch einmal überprüft und «festgestellt, dass die Sicherheit vor Ort den Standards genügt.» Auch die Crews vor Ort hätten das nach den letzten Umläufen bestätigt.
Lufthansa will sich zum Thema nicht äußern. «Die Sicherheitsstandards unserer Crewhotels werden regelmäßig und in enger Abstimmung mit der Personalvertretung, den Crews und der Arbeitssicherheit des Konzerns umfassend geprüft», heißt es.