Mehr Platz für leichte Fracht
Nachteil des Airbus A380 wandelt sich zum Vorteil
Der Superjumbo war kein Verkaufserfolg. Doch als Hilfsfrachter hat der Airbus A380 gegenüber Zweistrahlern einen Vorteil.
Airbus A380: Erster Superjumbo wird zum Hilfsfrachter.
Airbus A380: Erster Superjumbo wird zum Hilfsfrachter.
Viele Airlines bauen derzeit ihre Passagierflugzeuge temporär für den Transport von Fracht um. Vor der Coronakrise wurde rund die Hälfte der Luftfracht in Laderäumen von Passagierfliegern als so genannte Belly Cargo transportiert. Da der Passagierverkehr weltweit stark heruntergefahren wurde, ist die Nachfrage nach reinen Frachtern derzeit ein Hoch.
Mit dem Auftrag eines bisher noch unbekannten Kunden an Lufthansa Technik wird derzeit auch erstmals ein Airbus A380 für eine Umrüstung zum Hilfsfrachter vorbereitet. Könnte sich dabei ein Nachteil, den der Superjumbo als Passagierflieger den Erfolg nahm, als Trumpf herausstellen?
Stärke wurde zum Manko
Zu Beginn der ersten Auslieferungen im Jahr 2007 galt der A380 aufgrund seiner Größe als Airbus’ Prestigeflieger. Über zwei Etagen verteilt der Vierstrahler seine Passagierkabine. Im Laufe der Jahre entpuppte sich die Größe als Manko. Fluglinien können den Riesenflieger nur auf wenigen Rennstrecken mit genug Passagieren füllen.
Weil Airlines lieber kleinere sparsamere Langstreckenflieger mit zwei Triebwerken bestellten, zog der Hersteller wegen ausbleibender Bestellungen den Produktionsstopp vergangenes Jahr auf 2021 vor. Auch Betreiber zeigten sich zunehmend unglücklich. Air France und Qatar Airways beschlossen vergangenes Jahr die komplette Ausflottung. Qantas und Lufthansa dünnen ihre A380-Flotten aus – aufgrund der Corona-Krise wird die deutsche Airline das beschleunigen.
Hohe Nachfrage für leichte Frachtgüter
Dass Airlines wie Air France, British Airways oder Lufthansa ihre A380 zum Großteil komplett stilllegen und zweistrahlige Großraumflieger wie den Airbus A330 oder Boeing 777 bisher den Dienst als Hilfsfrachtern überlassen, ergibt Sinn. Anfangs konnten die zweckentfremdenden Passagierflieger lediglich ihre Frachträume im Unterflur nutzen. Der Anteil von leeren Raum wäre bei dem doppelstöckigen Airbus A380 höher als bei anderen Fliegern gewesen.
Diese Situation ändert sich aber. Denn es gibt immer mehr Möglichkeiten, auch die Passagierkabinen für Luftfracht zu nutzen. Entgegen den Frachtkabinen können dort zwar keine großen Güter oder Container geladen werden, sondern nur leichte Fracht. Doch genau diese ist auf dem Luftfrachtmarkt aufgrund des Kampfs gegen das Coronavirus aktuell hoch gefragt.
Megaflieger bereits im Dauereinsatz
Insbesondere leichte und in Kartons verpackte medizinische Güter wie Atemschutzmasken werden derzeit oft in ausgeräumten Passagierkabinen geladen. Aufgrund der zwei Passagier-Etagen bietet ein A380 hierfür mehr Raum als andere Großraumflieger mit einstöckigem Passagierbereich. Dass Flugzeuge mit besonders großen Ladevolumen derzeit einen Vorteil ausspielen können, zeigt die Antonov An-225.
Seit ihrer Reaktivierung im vergangenen März befindet sich das Flugzeug im Corona-Dauereinsatz. Vergangenen Monat brachte die Antonov An-225 mit einem Flug über 10 Millionen Schutzmasken von China nach Leipzig. Das Gewicht der Schutzmasken spielte bei dem Flug des Megatransporters keine Rolle. Betreiberin Antonov gab in einer Pressemitteilung die geladene Menge ungewöhnlicherweise in Kubikmetern an – eigentlich ist eine Angabe in Tonnen üblich.
Zertifizierung im Eiltempo
Zertifizierte Methoden zum Umbau eines Airbus A380 zum Hilfsfrachter bietet bisher nur Lufthansa Technik an. Die Modifizierungen können die Airlines selbstständig vornehmen. Airbus selbst bietet so eine Lösung bislang nur für die Modelle A330 und A350 an.
Das behelfsmäßige Umrüsten von Passagierflugzeugen zu Frachtern ist eine noch sehr junge Disziplin. Die ersten Zertifikate dafür erhielt Lufthansa Technik gegen Ende des letzten Monats. Innerhalb von vier Tagen rüstete das Unternehmen vier Airbus A330 des Mutterkonzerns im Eiltempo um. Mittlerweile erhielt die Wartungsfirma Anfragen von mehr als 40 Fluggesellschaften, während sie in 15 Projekten die Umrüstung weiterer Flugzeugtypen vorbereitet.