Letzte Aktualisierung: um 0:51 Uhr

David Neeleman, Breeze Airways

«Nach Breeze werde ich keine Airline mehr gründen»

Er ist Vater von Westjet, Jetblue und Azul und jetzt Breeze Airways. Im Interview spricht David Neeleman über Airbus A220 vs. Embraer E2, den Wettbewerb auf Regionalrouten in den USA, Flüge nach Europa und den Wunsch auf eine weitere Airlinegründung.

Breeze Airways wird im Mai den zweiten Geburtstag feiern. Was haben Sie in den ersten Betriebsjahren erreicht?
David Neeleman*: (lacht) Wir haben etwas Geld verloren … Nein, im Ernst. In den USA sind Flüge zwischen kleineren Städten extrem interessant. Das liegt an den sogenannten Scope Clauses, die große Airlines zwingen, keine Flugzeuge auf regionalen Strecken einzusetzen, die mehr als 76 Sitze besitzen. Das macht den Markt künstlich ineffizient. 2010 gab es mehr als eine Million Regionalflüge in den USA. Heute sind es noch rund 500.000. Es ging also die Hälfte davon verloren. Selbst wenn man annimmt, dass die großen Fluglinien größere Flieger eingesetzt haben, besteht eine große Lücke. Dabei wachsen genau viele kleinere Städte nach der Pandemie. Jetzt müssen Reisende von dort entweder zu einem großen Drehkreuz fliegen und umsteigen oder sie müssen mehrere Stunden mit dem Auto fahren, um an ihr Ziel zu kommen. Das hat uns Möglichkeiten eröffnet.

Sie sind an der Ostküste und im Südwesten tätig. Wann werden Sie auf den Nordwesten und den Mittleren Westen expandieren?
Wir werden sicherlich mittelfristig neue Ziele ansteuern. Wir bedienen jetzt 143 Routen zu 35 Zielen in 22 Bundesstaaten. Beim letzten Ausbau fügten wir 21 Routen hinzu, aber nur ein neues Ziel. Ich möchte zuerst die einzelnen Punkte besser miteinander verbinden, bevor wir neue Städte ansteuern. Das Schöne daran: Auf 90 Prozent der Strecken gibt es keine Nonstop-Konkurrenz. Daher werden sie schnell profitabel.

Und wie sieht es mit der Auslastung aus?
Wir stehen bei 70 bis 80 Prozent. Tendenz steigend.

Werden Sie sich auf die USA konzentrieren oder haben Sie auch Ziele in Kanada und Mexiko im Auge?
Absolut. Zuerst wollten wir die Airbus A220 in die Flotte integrieren und das Inlandsgeschäft hochfahren. Wir haben die Genehmigung für Auslandsflüge beantragt und warten jetzt auf das Okay der Luftfahrtbehörde FAA. Danach müssen wir noch ein paar Testflüge absolvieren, bevor wir die Auslandsflüge auch wirklich aufnehmen können.

Der Airbus A220 besser geeignet, um von kurzen Pisten zu starten als die Embraer E2.

Sie haben einen brasilianischen Pass und haben sich dennoch für den Airbus A220 und nicht für die Embraer E2 entschieden. Warum?
Bei Azul in Brasilien betreiben wir ja die Embraer E2. Es ist ein fantastisches Flugzeug. Für Breeze haben wir aber den Airbus A220 gewählt, vor allem wegen der größeren Reichweite. Er kann rund 1300 Kilometer weiter fliegen. Das ermöglicht uns Flüge ins Ausland, vielleicht nach Hawaii und sogar von der Ostküste nach Europa. Zudem bietet er mit seiner breiteren Kabine bessere Möglichkeiten, um zwei Klassen anzubieten. Und nicht zuletzt ist der Airbus A220 besser geeignet, um von kurzen Pisten zu starten, weil er nicht so lang ist wie die Embraer E195-E2.

Ist auch eine Zusammenarbeit zwischen Azul und Breeze denkbar?
Wir arbeiten schon jetzt zusammen, etwas machen wir internationale Personal- und Know-how-Austausch. Aber wenn wir internationale Flüge aufnehmen, könnten wir auch unsere Netze verbinden.

Sie meinen damit Codeshare-Flüge?
Genau.

Der Airbus A220 kann transatlantische Strecken bedienen. Ist das für Sie von Interesse?
Wir werden mit dem Airbus A220 nie tief nach Europa vordringen können, dazu ist seine Reichweite dann doch zu beschränkt. Irland und die britischen Inseln sind aber machbar. Vor allem Irland könnte deshalb interessant sein, weil viele irischstämmige Amerikanerinnen und Amerikaner im Nordosten der USA leben.

Wie wäre es mit einer gestreckten Version, dem A220-500? Drängen Sie Airbus dazu, die neue Variante auf den Markt zu bringen?
Der Airbus A220-500 wird kommen. Denn der A220 ist ein technisch sehr fortschrittliches Flugzeug, rund 20 Jahre moderner als der A320. Breeze wäre daher definitiv an diesem größeren Modell interessiert. Leider wird es aber ein neues Triebwerk brauchen. Und so wird es noch etwas dauern, bis der A220-500 auf den Markt kommt.

Ist die A321 LR oder XLR für Breeze von Interesse?
Zurzeit nicht.

Sie haben 80 Flugzeuge bestellt. Reicht das für Ihre Pläne oder besteht die Möglichkeit, dass Sie aufstocken?
Airbus ist für längere Zeit ausgebucht. Zudem gibt es auch beim Airbus A220 Lieferverzögerungen. Wir sollten 2023 eigentlich 30 Jets bekommen, es werden aber nur 22 sein. Unsere letzte Auslieferung ist jetzt für 2027 geplant. Bis dahin überlegen wir uns, wie es danach weitergehen soll. Wir besitzen ja noch 40 Optionen. Die Chance ist groß, dass wir die Optionen für diese A220 ausüben werden.

Sie haben kürzlich eine neue Konfiguration mit 36 Sitzen in der Business Class eingeführt. Warum?
Wir haben eine Konfiguration mit 12 und eine mit 36 Business-Class-Sitzen. Je länger der Flug ist, desto wichtiger werden die zusätzlichen Sitze. Das Interessante daran: Wir können die Flieger innerhalb von ein, zwei Tagen umbauen.

Die Fusion Jetblue/Spirit wird neue Chancen eröffnen.

Wer sind die größten Konkurrenten von Breeze?
Eigentlich niemand. Wie gesagt: Wir haben auf vielen Strecken keine Nonstop-Konkurrenz.

Was halten Sie von der Übernahme von Spirit durch Jetblue, sofern sie gelingt?
Die Fusion wird Breeze neue Chancen eröffnen. Jetblue will Spirit integrieren, die ein ganz anderes Geschäftsmodell hat. Daher werden Lücken aufgehen. Frontier schickt sich bereits an, diese zu füllen und wir machen dasselbe.

Westjet, Jetblue, Azul, Breeze … Gauben Sie, dass Sie nochmals eine weitere Fluggesellschaft gründen werden?
Nach Breeze werde ich keine Airline mehr gründen.

Sicher?
Sicher.

Warum sind Sie überhaupt noch in der Luftfahrtbranche tätig? Sie hatten zwar viel Erfolg, die Branche zeichnet sich aber durch heftige Konkurrenz und niedrigere Margen aus.
(schmunzelt) Vielleicht ist es eine Krankheit? Nein, im Ernst. Ich liebe Herausforderungen. Und ich liebe es, ein Produkt zu schaffen, welches das Leben von Menschen einfacher macht. Bei Breeze haben wir das Ziel, die Leute für halb so viel Geld doppelt so schnell zu ihrem Ziel zu bringen. Das ist eine tolle Aufgabe.


Airbus A220 von Breeze Airways. Bild: Breeze

Sie haben viel erreicht. Bei Tap hatten Sie weniger Erfolg …
… Moment. Es war ein großer Erfolg. Was wir bei Tap vor der Pandemie erreicht haben, war fast schon ein Wunder. Wir haben die Flotte modernisiert, eine starke Airline geschaffen und Hunderte Millionen Euro an Liquidität aufgebaut. Aber offensichtlich wollte die Regierung die Fluggesellschaft zurück. Wir hatten keine andere Wahl, als Tap an den Staat zurück zu verkaufen.

Sind Sie enttäuscht?
Natürlich. Und ich bin überzeugt, es war auch gut für Portugal. Wir haben diverse Strecken in die USA eingeführt. Bis dahin gab es nur einen Flug von New York-Newark nach Lissabon. Das hat dazu geführt, dass viele Amerikanerinnen und Amerikaner das Land besucht haben.

Haben sie viel Geld verloren?
Ich hab sicherlich keines gemacht.

Wir waren bei Tap sehr transparent haben allen alles gezeigt.

Derzeit läuft eine parlamentarische Untersuchung über die Finanzierung des großen Airbus-Auftrags von Tap aus Ihrer Ära. Macht Ihnen das Sorgens?
Wir waren sehr transparent haben allen alles gezeigt. Die Regierung wusste alles. Darum mache ich mir in keiner Weise Sorgen.

Aber warum kommt das jetzt denn überhaupt auf?
Das ist die Politik …

* David Neeleman (63) wurde als Sohn amerikanischer Eltern in Brasilien geboren. Er gründete 1984 die amerikanische Morris Air mit, 1996 Westjet in Kanada, 1988 gründete der Selfmade-Unternehmer Jetblue und 2008 Azul in Brasilien. Im Juni 2018 kündigte er Pläne für eine neue Fluggesellschaft in den USA an, die zuerst Moxy heißen sollte. Sie startete ihre Flüge im Mai 2021 als Breeze Airways. Neeleman ist Vorstandsvorsitzender.