Letzte Aktualisierung: um 17:42 Uhr

Atlantik-Insel

Madeira will mit neuer Technik den fiesen Winden beikommen

Wer nach Funchal auf Madeira fliegt, trägt ein gewisses Risiko, dass das Flugzeug aufgrund der Winde nicht landen kann. Ein neues System soll nun Abhilfe schaffen.

Der dritte Airbus A321 Neo von Condor bekam es direkt am ersten Betriebstag zu spüren. Der Jet mit dem Kennzeichen D-ANMX steuerte im August 2024 den Flughafen Funchal auf Madeira an. Aufgrund von starken Winden musste er aber erst auf die Nachbarinsel Porto Santo ausweichen und nach einem zweiten Versuch nach Teneriffa. Erst am nächsten Tag gelang die Landung am Aeroporto Internacional da Madeira Cristiano Ronaldo.

Solch eine Odyssee ist auf dem Weg nach Madeira keine Ausnahme. Wer auf die Insel fliegen will, muss mit windbedingten Umleitungen rechnen, jedes Jahr gibt es Hunderte davon. Denn die Landung dort ist extrem schwierig und darf nur von speziell ausgebildeten Pilotinnen und Piloten durchgeführt werden. Der Flughafen ist ins Meer gebaut, zur Seite erhebt sich ein Steilhang, außerdem herrschen oft Scherwinde. 2019 schlug die dortige Tourismusbranche Alarm, Reiseveranstalter könnten wegen der häufigen Umleitungen bald andere Ziele bevorzugen.

System soll Pilotinnen und Piloten helfen

Jetzt kündigt die portugiesische Flugsicherung NAV Portugal Besserung durch neueste Technik an. Ein neues Wind-Erkennungssystem namens MAD Winds ist Mitte Dezember am Flughafen Madeira in ein einjährige Vorbetriebsphase gestartet. Es hat eine Reichweite von mehr als zehn Kilometern und kann meteorologische Daten «mit hoher Präzision und nahezu in Echtzeit erfassen und so die Betriebssicherheit erhöhen», so NAV Portugal.

Das System verwendet X-Band-Radar sowie ein sogenanntes Lidar-System, das neben anderen meteorologische Daten auch Windgeschwindigkeiten erfasst. Dazu nutzt es Laserstrahlen, die von Schwebeteilchen reflektiert werden. Ebenfalls zu MAD Winds gehört ein neues Verarbeitungssystem, das die Daten schneller und präziser analysiert.

Scherwinde, Turbulenzen, Microbursts

Das neue System habe das Hauptziel, «die Analyse und Prognose kritischer meteorologischer Phänomene wie Scherwinde, Turbulenzen und Microbursts zu verbessern, die den Flughafenbetrieb beeinträchtigen», so die Flugsicherung. Bei Microbursts, auch Downbursts genannt, handelt es sich um Fallwinde, die einem Flugzeug besonders im Landeanflug gefährlich werden können. Sie sind tückisch.

Denn im Zentrum eines Microbursts wird das Flugzeug nach unten gedrückt, was an sich schon gefährlich genug ist. Doch zuvor beim Einflug trifft es zunächst «auf starken Horizontalwind von vorne», wie das Wissenschaftsmagazin Spektrum erklärt. Das Flugzeug kann dadurch sogar kurzzeitig steigen und die Crew zu einer falschen Reaktion verleitet werden, bevor es dann im Zentrum des Microbursts nach unten gedrückt wird. Beim Verlassen erhält das Flugzeug zudem plötzlich starken Rückenwind.

Überarbeitung der Grenzwerte erhofft

MAD Winds soll Abhilfe schaffen. «Das System ermöglicht eine effektivere Kenntnis der Windverhältnisse in sehr kurzer Zeit, insbesondere während der kritischsten Flugphasen – Anflug, Landung und Abheben», so die NAV. Die von MAD Winds automatisch generierten Warnungen werden von der Flugsicherung an die Flugzeuge übermittelt und sollen den Crews ermöglichen, dank der besseren Wetterdatenlage bessere Entscheidung zu treffen.

Doch das System, das Vorbilder an den Flughäfen Hongkong und Palermo hat, soll aber nicht nur im aktuellen Einzelfall helfen. Zusätzlich will die Flugsicherung damit langfristig präzisere Daten sammelt und damit «eine mögliche Überarbeitung der geltenden Windgrenzwerte unterstützen». Derzeit liegen laut NAV Portugal «rund 80 Prozent der windbedingten Abweichungen nur bis zu drei Knoten über den Grenzwerten, was dieses System zu einem entscheidenden Instrument für eine genauere und potenziell günstigere Bewertung des Betriebs macht». In der einjährigen Vorbetriebsphase wird MAD Winds nun erstmal getestet, konfiguriert und für den Betrieb am Flughafen Madeira feinjustiert.