Letzte Aktualisierung: um 11:49 Uhr

Personalmangel in Kabine

Lufthansa-Crews sprechen von «untragbaren» Zuständen

Die Personalvertretung des Kabinenpersonals ist frustriert. Ihre Warnung vor einem Kollaps des Flugbetriebs in Frankfurt werde nicht erhört, sagt sie. Dabei verließen fast alle Lufthansa-Flüge Frankfurt mit zu wenig Personal.

«Interessant und herausfordernd» sei es gewesen, sagte Jens Ritter nach seinem Einsatz. Der Chef von Lufthansa Airlines machte vergangenen Monat ein Kurzpraktikum in der Kabine. Er arbeitete auf einem Flug von Frankfurt über Riyadh nach Bahrain und zurück mit – als zusätzliches Besatzungsmitglied.

Dieses zusätzliche Besatzungsmitglied hätten die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter gerne fix. Denn aktuell mangelt es Lufthansa standardmäßig an Personal in der Kabine. Noch nie habe es so viele Flüge gegeben, die Frankfurt mit «minus 3» verließen, schreibt die Personalvertretung in einem Schreiben, das aeroTELEGRAPH vorliegt. Minus 3 bedeutet, dass Langstreckenflüge mit drei Flugbegleitenden weniger durchgeführt werden, als das eigentlich vorgesehen wäre. Und weiter: «Minus 1» sei bereits zum Normalzustand geworden.

Frustration wegen Oktober-Dienstplan

Wegen dem Personalmangel – der auch an außergewöhnlich hohen Krankheitsständen liegt – müssen nicht nur Flüge mit weniger Personal abheben. Für die Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter hat auch die Planbarkeit abgenommen. Der kürzlich versandte Oktober-Dienstplan habe nichts mit den eingegebenen Wünschen und auch nichts mit der Vorabinformation gemein, beklagen sie sich.

Die Folgen sind doppelt spürbar. Die Kabinencrews sind übermüdet und der Service liegt mitunter nicht mehr auf dem Niveau, wie man es gerne hätte. Die Situation sei «untragbar» und der Zustand des Flugbetriebs «besorgniserregend», so die Personalvertretung des Lufthansa-Kabinenpersonals im Schreiben. Bereits vor einer Woche warnten sie, dass der «Flugbetrieb in Frankfurt kurz vor dem Kollaps» stehe. Doch die Warnung werde in Frankfurt nicht richtig gehört, beklagen sie sich.

Krankheit Ausdruck eines wilden Streiks?

Am Montag habe man sich mit der Führung des Kabinenpersonals zu einem Krisentermin getroffen, erklärt die Personalvertretung. Aber der habe keine Resultate gebracht. «Egal welchen Lösungsvorschlag wir unterbreiteten, es wurde uns erklärt, weswegen diese Vorschläge nicht zur Lösung führen würden», beklagt sie sich. Man habe sogar «eine gewisse Gleichgültigkeit» gespürt.

Stattdessen verweise die Führung gerne auf die «tatsächlich sprunghaft ansteigende Krankenquote über das Wochenende und zum Monatsende». Das sei in der Tat ärgerlich, ebenso wie «Krankmeldungen nach 19 Uhr», schreibt die Personalvertretung. Doch das sei «eher Symptom denn Ursache der sich immer höher auftürmenden Probleme». Man habe schon fast das Gefühl, dass man sich «inmitten eines wilden Streiks» befinde.

«Alle an Deck!»

Entsprechend frustriert sind sie. Zwar habe Konzernchef Carsten Spohr die Losung «all hands on deck!» ausgegeben, also in etwa «alle an Deck!». Und seither würden sich auch Funktionstragende für zusätzliche Dienste melden. Doch das reiche nicht. «Die Führung der Kabine sowie das Management von Lufthansa Airlines und des Lufthansa-Konzerns tragen die Verantwortung, dieses Chaos zu stoppen und Lösungen zu finden», schreibt die Personalvertretung.

Die Personalvertretung der Flugbegleiterinnen und Flugbegleiter von Lufthansa stellt mehrere Forderungen auf. So sollen die «katastrophalen» Zustände beseitigt werden. Sie verlangt sie die Einführung einer spürbaren monetären Belastungszulage, bei Langstreckenflügen eine Planung mit weniger Personal und dafür auch keinem vollen Service mehr (was den Passagieren auch mitgeteilt werden soll), belastbare Vorabinformationen zum Dienstplan oder die Einführung der Möglichkeit, Dienste individuell tauschen zu können. Lufthansa Group will sich zur Thematik nicht äußern.