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Geschichte der Löschflugzeuge

Wie Flugzeuge zu Feuerlöschern wurden

Rund ums Mittelmeer wüten verheerende Waldbrände. Flugzeuge sind wichtig im Kampf gegen die Feuer. Die Geschichte der Wasserbomber.

Die Fotos gehen aktuell um die Welt: Familien am Strand spielen sorglos Ball oder baden, im Hintergrund sind Rauchwolken zu sehen. Waldbrände suchen aktuell viele Gebiete am Mittelmeer heim. Bei der Bekämpfung kommen auch Flugzeuge zum Einsatz, die Unmengen an Wasser über den Bränden ablassen. Und diese Taktik hat eine lange Geschichte, die in Nordamerika ihren Anfang nahm.

Busch- und Waldbrände kommen in der westlichen Hälfte der USA und jährlich vor. Mit der zunehmenden Ausbreitung von Siedlungen wurde es immer wichtiger, die Brände nicht nur früh zu erkennen, sondern auch effizienter zu bekämpfen. Flugzeuge waren für beides ein wichtiges Mittel.

Zunächst ehemalige Kriegsbomber

Erste Versuche, mit umgerüsteten Flugzeugen der US Air Force, die zunächst wassergefüllte «Bomben» abwarfen, fanden 1947 unter Aufsicht des US Forest Service statt – der US Behörde, welche für die Aufsicht und Pflege der 154 Wälder und 20 Prärien verantwortlich ist, die unter Verwaltung des Bundes stehen. Oft sind dies geschützte, aber unter Auflagen auch durch die Forstindustrie bewirtschaftete Naturlandschaften wie etwa der Sequoia National Forest in der Sierra Nevada, der Mount Hood National Forest in Oregon, der berühmte (und als erster dieser Orte geschützte) Yellowstone Park in Montana und Wyoming, das Buffalo Gap National Grassland in South Dakota oder das Thunder Baisin in Wyoming.

Doch wirklich wirksam waren die Wasserbomben nicht. Also schwenkte die Behörde rasch auf das Abwerfen von Wasser aus in die Flugzeuge eingebauten oder an der Außenseite angebrachten Tanks um. Der typische «Firebomber» war geboren. Zumindest in der Anfangszeit nutzte man hierfür auch umgebaute ehemalige Bomber und Torpedojäger aus dem Zweiten Weltkrieg und dem Koreakrieg, wie etwa die Consolidated PB4Y Privateer, die Lockheed P-2 Neptune, die North American B-25, die Douglas B-26 oder die Grumman S-2 Tracker.

Dann folgten Zivilflugzeuge

Auch einige mittelgroße Transporter wie die Fairchild C-119 Boxcar wurden zur Brandbekämpfung umgebaut. Mit dem Aufkommen strahlgetriebener Linienflugzeuge wurden dann auch zahlreiche ältere, große Verkehrsflugzeuge mit Kolbenmotoren arbeitslos. Während viele von ihnen eine zweite Karriere als Frachter – nicht selten in der Karibik oder Lateinamerika – machten, wurden eine stattliche Anzahl Douglas DC-4, DC-6 und sogar DC-7 zu Löschflugzeugen umgebaut.

Ab etwa Mitte der 1980er-Jahre wurden vermehrt auch ausgemusterte größere Transportflugzeuge und Airliner mit Propellerturbinen zu Löschflugzeugen umgerüstet, so etwa Lockheed C-130 Hercules oder Lockheed L-188 Electra, und die aus der Electra abgeleitete Lockheed P-3 Orion. Allen diesen umgerüsteten Zivil- und Militärflugzeugen gemeinsam war aber, dass sie als rein landgestützte Flugzeuge nach jedem Einsatz zu einer Einsatzbasis zurückkehren mussten, um Löschmittel, das sogenannte «Retardant» (für eine bessere Haftung an Bäumen und Boden mit Chemikalien versetztes Wasser), nachzufassen.

Amphibienflugzeuge halfen bei Wasseraufnahme

Für Abhilfe sorgte der Umbau von Amphibienflugzeugen wie der PBY-5 Catalina oder Martin Mars. Sie können auf jeder geeigneten Wasserfläche ihr Löschmittel aufnehmen, indem sie aufsetzen und unter Beibehaltung der Geschwindigkeit innerhalb weniger Sekunden die Wassertanks nachfüllen. Scoop heißt dieses Manöver, übersetzen ließe es sich mit «etwas löffeln».

Irgendwann gab es dann aber auch Amphibienflugzeuge, die nur für Löscheinsätze gebaut wurden. Federführend hierbei war Canadair, die zunächst die mit Kolbenmotoren ausgestattete CL-215 und später die modernisierte CL-415 mit Propellerturbinen auf den Markt brachte.

Auch in Europa im Einsatz

Die beiden Modelle fanden auch den Weg nach Europa. Etwa zu Conair Aviation mit Basis in Abbotsford. Sie verfügt über eine bunte Flotte von Löschflugzeugen, angefangen bei der aus Grumman S-2 Tracker umgebauten Firecat bis hin zu Boeing 737. Dabei koexistieren derzeit klassische Wasserbomber wie Convair 580 und Lockheed L-188 Electra neben modernen Nachfolgemustern wie der DHC-8, BAe 146 und Boeing 737-700. Sie werden aktuell auch in Frankreich, Griechenland, Italien, Kroatien und Spanien zur Waldbrandbekämpfung verwendet.

Da die Bundesstaaten der USA und Provinzen Kanadas in Zusammenarbeit mit den Behörden die Aufträge zur saisonalen Bereitstellung und zum Betrieb der Löschflugzeuge jeweils über mehrjährige Verträge vergaben, etablierten sich im Laufe der Zeit diverse spezialisierte Firmen, die eigene Flotten von Löschflugzeugen unterhielten. Sie setzten teilweise bloss auf eines oder auch auf mehrere Typenmuster, und übernahmen nicht nur den Flugbetrieb, sondern auch den Umbau und die Wartung.

Weniger strenge Regeln

Für die Betreiber gelten dabei in den USA die Regeln des FAR Part 135 (Federal Aviation Rules, Abschnitt 135), die weniger streng sind als die für den kommerziellen Transport von Passagieren und Fracht geltenden Regeln des FAR Part 121.

Lange Jahre funktionierte die Zusammenarbeit zwischen den «Wasserbomber »-Betreibern, den Bundesstaaten, dem Forstdienst und der FAA pragmatisch und einigermaßen verlässlich, und Fluggesellschaften wie Aero Union, Ardco, Erickson Aero Tankers, Hawkins & Powers, Hemet Valley Flying Service, International Air Response, Macavia, T & G Aviation oder TBM Aviation sowie ihre Basen wurden zu Sehnsuchtsorten manch eines Luftfahrt-Enthusiasten, der sich auf die Suche nach dem Sound alter Kolbenmotoren und den Silhouetten klassischer Turboprops machte.

Tödliche Unfälle brachten den Wandel

Doch dann ereigneten sich 2002 gleich zwei tödliche Unfälle während Löscheinsätzen. Im Juni 2002 stürzte in der Nähe von Walker, Kalifornien, die Lockheed C-130A N130HP «Tanker 130» der Hawkins & Powers Aviation ab. Sie hatte soeben in zwei Etappen ihre Ladung von 11.000 Litern Löschmittel über einer Geländekante abgeworfen. Als die Crew das Flugzeug – das durch den dabei auftretenden Lastwechsel zusätzlich unter mechanischem Stress stand – scharf hochziehen wollte, knickten innerhalb von wenigen Sekunden beide Tragflächen nach oben weg.

Rund einen Monat später traf es die Consolidated PB4Y N7620C «Tanker 123», die ebenfalls von Hawkins & Powers betrieben wurde. Sie sollte in der Nähe von Estes Park, Colorado, 7600 Liter Löschmittel auf das sogenannte Elk-Feuer abwerfen. Während das Flugzeug eindrehte, um sich für den Abwurf in Position zu bringen, knickte die linke Tragfläche nach oben weg. Noch in der Luft brach Feuer aus, und wenige Sekunden später zerschellte die 1945 gebaute Privateer am Boden. Bei der anschließenden Untersuchung zeigte sich ein Ermüdungsbruch am Tragflächenholm, der versteckt durch andere Bauteile bei den regulären Wartungsarbeiten nicht hatte entdeckt werden können.

Neue Verträge

Aufgrund der beiden Vorfälle änderten die Behörden die Strategie radikal. Die bisherigen Verträge mit 33 Betreibern von zumeist alternden Löschflugzeugen wurden kündigte der Forstdiens im Mai 2004. Am liebsten hätte man aus Behördensicht die alternden Propellerflieger gleich sofort verbannt, aber mangels Alternativen war das nicht umsetzbar.

Deshalb unterzog man alle der sogenannten «Heavy Airtankers» einer intensiven Inspektion. In der Folge erhielten nur drei Betreiber Verträge zur Bereitstellung und Betrieb von schweren Löschflugzeugen, wobei zugleich eine Umstellung auf zeitgemäßeres Gerät erklärtes Ziel der Vergabe war.

Jet-Zeitalter der Löschflugzeuge

So erreichte das Jet-Zeitalter ab Mitte der 2000er-Jahre auch das Geschäftsfeld der Wasserbomber. Und in einer Wiederholung der Geschichte läuft diese Transformation nach einem ganz ähnlichen Muster ab wie zum Ende des Propellerzeitalters. Wieder sind es ältere ehemalige Passagierflugzeuge, die zu schweren Tankern umgebaut werden. Das bekannteste unter ihnen ist – wie könnte es auch anders sein – der auf Basis einer umgerüsteten Boeing 747 entwickelte «747 Supertanker » N744ST mit einem Fassungsvermögen von 74.000 Litern.

Nur wenig dahinter zurückstehen müssen die vier DC-10-30 der 10 Tanker Air Carrier, die jeweils 45.000 Liter abwerfen können, sei es in einer oder sequentiell in mehreren kleineren Portionen. Die kanadische Coulson Aviation – einst als Betreiber der Martin Mars Flugboote ein Begriff – setzt auf sechs ehemalige Boeing 737-300 aus Beständen der Southwest Airlines, die weltweit zur Feuerbekämpfung angeboten werden. Sie können pro Einsatz rund 15.000 Liter Löschmittel abwerfen.

Swiss-Jet in Montana im Einsatz

Im Mittelfeld spielen dagegen die bisher fünf McDonnell Douglas MD-87 von Erickson Air Tanker aus Madras, Oregon, die aus ehemaligen Passagierjets der SAS und Spanair entstanden sind. Sie vermögen immerhin 11.000 Liter an Bord zu nehmen, womit sie in derselben Liga spielen wie eine zum Tanker umgerüstete Lockheed Hercules.

Dasselbe gilt für Neptune Aviation, die sich eines Flugzeugmusters bedient, das vor wenigen Jahren im Europaverkehr der Swiss noch allgegenwärtig war: Insgesamt zehn BAe Avro RJ100 hat das in Missoula, Montana, beheimatete Unternehmen eingeflottet und in den eigenen Werkstätten zu Wasserbombern mit einer Kapazität von ebenfalls 11’000 Litern umgerüstet. Darunter findet sich neben früheren Jets aus Beständen der Brussels Airlines, Flightline und FlyBe auch die ehemalige HB-IXQ der Swiss, die heute als N479NA eine neue Heimat in Montana gefunden hat.

Eine Turboprop bleibt

Am unteren Ende der Skala findet sich ein weiteres Passagierflugzeug in der Rolle der fliegenden Feuerwehr, das noch am ehesten an die klassische Propellerdominierte Vergangenheit der Branche anknüpft: Die DeHavilland Canada DHC- 8-Q402MR mit einer Kapazität von 9800 Litern wird unter anderem bei der französischen Sécurité Civile eingesetzt.

Trotz des Strategiewechsels von 2004 dauerte es aber noch 16 Jahre, bis die Löschflugzeuge der Generation Douglas und Co. endgültig vom Himmel verschwunden sind. Als letztes Unternehmen der Branche in den USA hatte Erickson Air Tanker bis Ende 2020 noch Verträge über drei Douglas DC-7 – mit ihren Turbolader-Kolbenmotoren ein Albtraum selbst gestandener Mechaniker, die auch bis zum Ende der Vertragsdauer ab Madras, OR und Medford, OR, zum Einsatz kamen.

Schwere Tanker haben auch Nachteile

Während in den USA nun also Jets das Geschäft dominieren, sieht es in Kanada noch etwas anders aus: Dort sind mit Air Spray, Buffalo Airways und Conair derzeit noch drei Betreiber der Lockheed L-188 Electra als Löschflugzeug zu finden, und Conair verfügt auch noch über die Convair 580 in derselben Rolle. Doch auch nördlich des 48. Breitengrades wird inzwischen die Luft für klassische Wasserbomber dünn: Conair hat bereits ihre ersten beiden zu Löschflugzeugen umgebauten Avro RJ100 eingeflottet, und auch Air Spray besitzt bereits vier Exemplare des kleinen Vierstrahlers in dieser Rolle.

Doch das Ganze hat nicht nur Vorteile. Denn: Auch wenn der Wechsel zum strahlgetriebenen «Heavy Airtanker» unaufhaltsam scheint – ganz ohne Nachteile geht es dennoch nicht. Gegenüber den Vorgängern aus dem Propeller-Zeitalter stellt der Betrieb eines Jets im Airliner-Format ganz andere Ansprüche an die Infrastruktur und die Wartungskosten.

Nicht jeder Flugplatz geeignet

Sicher der gewichtigste Nachteil ist, dass die neuen schweren Tanker nicht ab jedem mittelgroßen Provinzflugplatz eingesetzt werden können, sondern von einem größeren Flughafen aus operieren müssen, wo die für das Nachfüllen des Löschmittels notwendige Infrastruktur ebenso zur Verfügung steht wie ein ausreichend großes Rollfeld und eine passende Piste.

Die sich dadurch ergebenden längeren Flugstrecken verspricht die Branche durch die höhere Reisegeschwindigkeit der Jets und das größere Fassungsvermögen auszugleichen – aber eben nur auszugleichen! Konnte eine DC-4 oder DC-6 ab einem nahegelegenen Feldflugplatz alle 15 Minuten einen Drop von etwa 10’000 Litern machen, vergehen nun halt mal je nach Einsatzort zwischen 45 und 75 Minuten zwischen den 45’000 Liter-Drops einer Douglas DC-10.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie Aufnahmern verschiedener Wasserbomber.

Dieser Text von Lukas Lusser stammt von unserem Partner Jetstream, dem internationalen Luftfahrtmagazin.