Lockheed von Alfredo Stroessner
Ein Diktatoren-Flieger auf dem Acker
1973 besuchte Paraguays Diktator Stroessner Deutschland in einer Lockheed L-188 Electra. Wer den 60 Jahre alten Flieger sehen will, muss ausgetretene Pfade verlassen.
Im Juli 1973 erfüllte sich Alfredo Stroessner einen lang gehegten Wunsch. Er besuchte Deutschland, das Land seiner Vorfahren. Doch Paraguays Diktator war in der bundesrepublikanischen Hauptstadt Bonn nicht willkommen. Er reiste darum direkt nach Bayern, wo seine Familie ihre Wurzeln hatte und Verwandte lebten.
Mit einer Lockheed L-188 Electra C der nationalen Fluglinie Líneas Aéreas Paraguayas landete Stroessner in München, wo er vom bayerischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel und vom deutschen Außenminister Walter Scheel empfangen wurde. Später ging es zu seinen Verwandten nach Hof. Dort begrüßten Demonstranten den Präsidenten Paraguays, der Auschwitz-Lagerarzt und Nazi-Kriegsverbrecher Josef Mengele Unterschlupf gewährte.
Gekauft von Eastern Air Lines
Auf Handzetteln wurde in Hof auf politische Gefangene in Paraguay aufmerksam gemacht «die aus fliegenden Hubschraubern stürzten oder als Leichen im trägen Paranáfluß trieben», wie die Zeitung Die Zeit damals berichtete. Da Stroessner kein Deutsch sprach, winkte er den jugendlichen Demonstranten dankend zu. Diese skandierten «Mörder Stroessner, raus aus Hof».
Während der Diktator im Jahr 2006 im brasilianischen Exil starb, existiert das Flugzeug immer noch, mit dem er damals nach Europa reiste – wenn auch in schlechtem Zustand. Heute ist es 60 Jahre alt. 1959 wurde der damals neue Flieger an Eastern Air Lines ausgeliefert. 1968 verkaufte die Fluggesellschaft aus den USA die Maschine zusammen mit zwei weiteren L-188 Electra an Líneas Aéreas Paraguayas. Dort bekam sie die Kennung ZP-CBY.
Relikt der paraguayischen Luftfahrt
Heute liegt der Flieger, beziehungsweise sein Rumpf, in den Hügeln nahe der Stadt Pirayú, südöstlich von Paraguays Hauptstadt Asunción, wie die Zeitung Última Hora kürzlich berichtete. Demnach hat ein Stadtrat aus Pirayú namens Mario Medina, der einst angeblich selbst Mitglied der Besatzung der Lockheed war, ZP-CBY dort hinbringen lassen.
Er habe im Jahr 2017 gesehen, wie der Flieger auf dem Gelände des Flughafens Asunción demontiert wurde und verschrottet werden sollte, so Medina. Die Flügel seien schon unbrauchbar gewesen, aber der Rumpf noch zu retten. Daher habe er dieses Relikt der paraguayischen Luftfahrt in zwei Teilen auf das Land seiner Familie bringen und dort wieder zusammensetzen lassen. Fotos zeigen, dass der Rumpf von einer Steinkonstruktion gehalten wird und eine kleine Infotafel etwas über die Geschichte des Flugzeuges erzählt.
Nur 170 Exemplare gebaut
Lockheeds Modell L-188 Electra war der erste in den USA entwickelte große Turboprop-Passagierflieger. Angetrieben wurde er von vier Triebwerken. Er wurde nur von 1957 bis 1961 gebaut. In der Zeit entstanden 170 Exemplare.
Líneas Aéreas Paraguayas überlebte bis 1994. Als eine Privatisierung der verlustbringenden Staatsairline scheiterte, endete der Betrieb. Eine Nachfolgegesellschaft wurde 1996 an die brasilianische Tam verkauft.
Im oben stehenden Video sehen Sie, wie zwei Motorradfahrer die Electra entdecken.