B787: Boeing prüfte Boeing
Im Debakel um den Dreamliner steht nun auch die Aufsichtsbehörde FAA in der Kritik. Offenbar lagerte sie die Zertifizierung der B787 aus – an Boeing.
Haupsitz von Boeing in Chicago: Probleme mit der B787 dauern an.
Haupsitz von Boeing in Chicago: Probleme mit der B787 dauern an.
So ausführliche Zertifizierungsprozesse wie beim Dreamliner habe man noch nie durchlaufen, hieß es von Boeing oft nach dem Grounding des Vorzeigefliegers. Seit Mitte Januar dürfen die B787 nicht mehr abheben, nachdem es an den Lithium-Ionen-Batterien, die im modernen Boeing-Jet verwendet werden, zu Überhitzungen und sogar Bränden kam. Kritik wehrte der Flugzeugbauer oft mit der akribischen Prüfung ab. Doch nun deckte die amerikanische Zeitung Seattle Times auf, dass diese wohl weniger aussagekräftig ist als angenommen.
Denn die Federal Aviation Administration FAA lagerte einen Großteil der Zertifizierungsarbeit aus – an Boeing. So führten auch Ingenieure des Flugzeugbauers und nicht solche der Behörde die entscheidenden Tests durch, die die Problem-Batterien im Dreamliner überhaupt erst zuließen. Mary Schiavo, ehemalige Chefinspektorin des amerikanischen Verkehrsministeriums, kritisiert das Vorgehen der FAA. Man habe den Fehler bemerkt und nicht behoben. Die FAA hätte in ihren Augen die Pflicht gehabt, Boeing darauf zu drängen, Alternativen zu den Batterien zu entwickeln, so Schiavo.
Zahlreiche Auflagen
Zwar hatte die FAA dementsprechende Batterien schon vor der Dreamliner-Entwicklung zertifiziert, doch dies mit zahlreichen Auflagen. Unter anderem sollte im Design der Bauteile laut FAA-Anforderungen von 2007 verhindert werden, dass es zu einer unkontrollierten und sich ausbreitenden Überhitzung kommt. Das ist nun genau das, was gemäß erster Erkenntnisse der Ermittler zu den Bränden in zwei Dreamlinern führte.
Außerdem muss dafür gesorgt werden, dass im Falle eines Brandes keine weiteren elektronischen Systeme beschädigt werden. Auch das dürfte – so vermuten Experten zumindest – bei den Boeing-Lithium-Ionen-Batterien geschehen sein. Laut dem Zeitungsbericht konnte auch es so weit kommen, weil die FAA bei der Dreamliner-Zertifizierung mehr als drei Dutzend Anpassungen zu bestehenden Sicherheitsbestimmungen zuließ.
Kritik von Experten
Nach den ganzen Ausnahmen sei es kein Wunder, dass der Dreamliner die Bedingungen erfüllt habe, so Michael Dreikorn von der Beratungsfirma ASD Partners. Die Ausnahmen betrafen unter anderem die Brennbarkeit des Treibstofftanks, das Design des Hilfsaggregats (Auxiliary Power Unit), welches den Flieger am Boden mit Energie versorgt und verschiedene Eigenschaften des Rumpfs.