Kopter
Kleiner Hubschrauber-Hersteller will hoch hinaus
In einem Schweizer Dorf baut Kopter einen neuen Hubschrauber, der Fracht und Passagiere transportieren kann. 2020 wird zum entscheidenden Jahr für die kleine Firma.
Kopter SH09 im Flug: Kommendes Jahr bekommt der erste Kunde sein erstes Exemplar.
Kopter SH09 im Flug: Kommendes Jahr bekommt der erste Kunde sein erstes Exemplar.
Die Geschichte begann vor zwölf Jahren im kleinen Schweizer Kanton Glarus. Marenco Swisshelicopters aus der 3000-Seelen-Gemeinde Mollis machte sich 2007 auf, einen neuen leichten Mehrzweckhubschrauber zu entwickeln. Er sollte sich trotz kompakter Größe vielseitig einsetzen lassen. Flexible Bestuhlung für den Personentransport, großzügige Ladetüren für Fracht sowie die Einsatzmöglichkeit als Rettungshubschrauber standen im Pflichtenheft.
Nachdem ein erstes Modell des Hubschraubers vorgestellt wurde, absolvierte der Prototyp Sky E SH09 mit dem Kennzeichen HB-ZXA am 2. Oktober 2014 einen ersten kurzen Testflug. Das Gezeigte kam gut an. Bereits im März 2015 konnte die Firma über 60 Absichtserklärungen für ihr neues Produkt vorweisen. Doch den großen Durchbruch muss die inzwischen in Kopter umbenannte Marenco erst noch schaffen.
Starke Konkurrenz
Zwar wird das Projekt vom russischen Oligarchen Alexander Leonidovich Mamut finanziert. Trotzdem hat Kopter mit potenter Konkurrenz zu kämpfen. Firmen wie Airbus Helicopters und Leonardo machen Umsätze im Milliardenbereich, verfügen über Zehntausende Mitarbeiter und bieten ihren Kunden eine umfassende Modellpalette an. Kopter dagegen ist ein winziger Mitspieler auf dem Markt. Die Belegschaft soll kurzfristig auf 360 Mitarbeiter steigen – viel für Mollis, aber wenig aus globaler Perspektive.
Nun steht der Lackmustest für Kopter an. 2020 erwartetet das Unternehmen die Zertifizierung und bald danach die Auslieferung der ersten Hubschrauber. Aktuell schreibt das Unternehmen noch rote Zahlen.
Air Zermatt als Schweizer Erstkunde
Mit der Schweizer Air Zermatt gewann Kopter bereits sehr früh ein Rettungsunternehmen als wichtigen Kunden. Er hat sich mit Piloten, Ärzten und Technikern aktiv in die Entwicklung eingebracht. Kopter konnte so bei der Gestaltung und Einrichtung auf die jahrzehntelange Erfahrung von Air Zermatt zurückgreifen.
Air Zermatt seinerseits hatte so die Möglichkeit ihren neuen Rettungshubschraubers stark auf die persönlichen Bedürfnisse anzupassen. Philipp Perren, Verwaltungsrat des Rettungs- und Charterunternehmens bestätigte gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk SRF, dass man von Anfang an vom Konzept überzeugt gewesen war. Die Kabine des Kopter SH09 ist etwas größer als die vergleichbarer Modelle. Außerdem ist der Helikopter sehr leise, und Lärm sei in Zermatt immer ein großes Thema, wie Perren zitiert wird.
Erfolgreiche Testflüge der Prototypen
Der 22. November 2018 markierte einen weiteren Meilenstein. In Mollis absolvierte der dritte Prototyp seinen Erstflug. Im Rahmen dieses 40-minütigen Testfluges wurden verschiedene Manöver geflogen, um Flugqualität zu überprüfen, Flugdaten aufzuzeichnen und generell die Anforderungen an das Fluggerät zu testen. Kopter-Chefpilot Richard Trueman sprach in einen Mitteilung von «exzellenten Handling-Eigenschaften» und davon, dass die Entwicklung des SH09 «rasche Fortschritte macht.» Auch der Chef von Kopter, Andreas Löwenstein, war «sehr stolz auf das eigene Team» und den allgemeinen Projektverlauf.
Mittlerweile hat der der dritte Prototyp P3 über 50 Stunden in der Luft vorzuweisen. Basierend auf den Testresultaten entwickelt das Team gerade das erste Vor-Serienmodell (Pre-Series 4 oder kurz PS4). Wenn alles nach Plan läuft, wird schon sehr bald auf dem PS4 die Typenzertifizierung durchgeführt. Positiv ist auch, dass das maximale Startgewicht (maximum take-off weight, kurz MTOW) auf 2850 Kilogramm (3000 Kilogramm inklusive externen Lasten) erhöht werden konnte.
Expansion nach Übersee
An der diesjährigen Heli-Expo in Atlanta hat Kopter bekanntgegeben, eine knapp 8.000 Quadratmeter große Produktionsstätte in den USA aufzubauen. Am Lafayette Regional Airport in Louisiana wurden Räumlichkeiten übernommen. Sie wurden noch bis letztes Jahr von Bell Helicopters für die Produktion von Jet Ranger X Hubschrauber genutzt. Der Gouverneur von Louisiana, John Bel Edwards, freut sich, dass Kopter Louisiana und Lafayette für die Montage gewählt hat.
Kopter hat bis jetzt 25 feste Bestellungen von Kunden in den USA und erwartet, dass die Vereinigten Staaten rund die Hälfte des erwarteten Umsatzes ausmachen werden. Nach Aussagen von Firmenchef Löwenstein sollen mit der Fabrik bis 2025 mindestens 120 neue Jobs geschaffen werden. Das erwartete Produktionsvolumen liegt bei etwa 100 SH09-Hubschraubern pro Jahr. Unterstützt wird Kopter durch ein Programm von Louisiana Economic Development, das 2,5 Millionen Dollar für Renovierung und Miete der Räumlichkeiten bereitstellt.