Julian Jäger, Flughafen Wien
«Wir wollen den Pier Nord verlängern»
Vorstand Julian Jäger spricht im Interview über den Kostenvorteil des Flughafens Wien, den Airbus A321 XLR, die dritte Piste und zwei neue Ausbauideen.
Julian Jäger: «Es gibt die Überlegung, dass man die Parkplatzfläche nutzt, um das Terminal auszubauen.»
Julian Jäger: «Es gibt die Überlegung, dass man die Parkplatzfläche nutzt, um das Terminal auszubauen.»
Kürzlich hat Scoot angekündigt, Flüge nach Wien aufzunehmen. Wie wichtig ist diese Verbindung für den Flughafen?
Julian Jäger*: Singapur ist eine Destination, an der haben wir sehr, sehr lange gearbeitet. Daher freut es uns natürlich, dass Scoot kommt. Das erhöht die Attraktivität des Netzwerks ab Wien. Die Verbindung ist zudem für den Tourismusstandort wichtig. Es ist also ein guter Start ins neue Jahr, nachdem wir zuvor eine neue Verbindung nach Chengdu erhalten haben und die nach Peking aufgestockt wurde. Ich glaube, dass wieder ein bisschen mehr möglich ist, als unmittelbar nach der Pandemie.
Scoot wechselt ja von Berlin quasi nach Wien. Wie entscheidend waren dabei die Standortkosten, die in Deutschland so oft kritisiert werden?
Wenn eine Airline eine Routenentscheidung trifft, hängt das immer mit vielen Dingen zusammen. Natürlich spielen die Kosten eine gewisse Rolle, vor allem bei einem Lowcost-Carrier wie Scoot. Aber viel wichtiger als die Tarife und das Marketing ist das Umsatzpotenzial. Bei den Gesprächen, die wir mit den Airlines haben, geht es ums Potenzial der Region und die geografische Lage. Osteuropa liegt vor unserer Haustür mit Städten wie Bratislava, Brno, Budapest oder Prag. Das mach Wien touristisch sehr interessant.
Wenn man das Streckennetz ab Wien anschaut, sieht man, dass Asien, der Nahe Osten und der Osten von Nordamerika gut abgedeckt sind. Aber das südliche Afrika, ganz Lateinamerika und die Karibik fehlen. Warum?
Das sind unterschiedliche Gründe. Der Afrika-Spezialist in der Lufthansa-Gruppe ist Brussels Airlines. Ich glaube, da gibt es für andere wenig Potenzial. Bei Südamerika ist es ähnlich. Das läuft via Frankfurt, München und Zürich. Natürlich wäre São Paulo interessant für uns, vor allem wegen der Fracht. Aber von der Passagierseite ist es schwierig. Und Austrian Airlines hat in den kommenden fünf bis zehn Jahren andere Prioritäten und wird kaum dorthin fliegen. Wir wären also auf südamerikanische Airlines angewiesen. Die sind aber in Europa kaum vertreten. Und wenn, dann interessieren sie sich für andere Hubs.
Warum funktioniert das mit dem Tor zu Osteuropa für Asien, aber für Südamerika nicht?
Weil der Markt viel kleiner ist. Wir sind jetzt eine Kooperation mit dem Flughafen São Paulo-Guarulhos eingegangen. Das hilft uns sicher, später einmal gemeinsam auf Airlines zuzugehen. Unser Fokus bei den Langstreckenmärkten liegt aber derzeit auf Asien und Nordamerika.
Wir sind ein Markt mit eher touristischer Orientierung.
Wo sehen Sie dort noch Lücken?
Wir hätten gerne wieder eine Fluggesellschaft aus den USA in Wien. Ob und wann das gelingt, ist schwierig zu sagen. Uns fehlt zum Beispiel eine Verbindung nach San Francisco. Auch die Anbindung an ein Drehkreuz außerhalb von Star Alliance würde Sinn machen.
Bringt der Airbus A321 XLR Wien neue Chancen?
Absolut. Der Airbus A321 XLR kann schon zu einem Gamechanger für uns werden. Wir sind ein Markt mit eher touristischer Orientierung, auf dem Lowcost-Langstrecke gut funktionieren kann. Man muss jetzt noch ein bisschen warten, aber ich glaube, das hat schon Potenzial.
Und in Europa gibt es da noch Ziele, die fehlen?
Da sind wir sehr gut aufgestellt. Da müssten wir jetzt schon auf tertiäre Ziele gehen.
Sie haben vorher die Kosten angesprochen. Wie viel niedriger sind Sie da wirklich?
Wir sind gegenüber den Flughäfen im deutschen Raum deutlich im Vorteil. Wir haben in Österreich eine viel niedrigere Luftfahrtabgabe als in Deutschland. Wir sind mindestens 20 Prozent günstiger als Frankfurt, München oder Zürich. München liegt kostenmäßig noch am nächsten bei uns, Frankfurt und Zürich liegen dann schon sehr, sehr weit weg. Wir haben aber natürlich andere Nachteile. Wir sind jetzt bei weitem nicht so ein starker Business-Standort, was wir natürlich in Gesprächen mit Airlines schon spüren, gerade auf der Langstrecke. Wien ist kein so großer Finanzplatz wie Frankfurt oder Zürich und wir haben auch keine Industrieriesen wie Volkswagen oder BMW. Genau deswegen müssen wir uns unter den Drehkreuzen der Lufthansa Gruppe als die kosteneffizientesten und besten positionieren.
Wien hat im Jahr 2024 die Passagierzahlen von 2019 wieder übertroffen. Wie geht es weiter?
Wir sehen das mittelfristige Wachstum sehr positiv – alleine schon durch eine geopolitische Beruhigung. Russland, die Ukraine und Belarus, das waren wirklich relevante Märkte für uns. Es ging um rund anderthalb Millionen Passagiere pro Jahr. Wenn da wieder einmal Normalität einkehren sollte, dann wird das uns helfen. Auch der Nahe Osten ist für uns sehr wichtig und da wird uns der Friedensschluss zwischen Israel und der Hamas helfen. Asien insgesamt ist ein Wachstumsgeschichte, weil dort immer mehr geflogen wird und mit dem A321 XLR auch neue Möglichkeiten dazukommen.
Aber für 2025 sind Sie weniger positiv gestimmt. Sie rechnen mit einer Stagnation oder einem kleinen Wachstum.
Ich finde es immer besser, wenn man Erwartungen übertrifft. Zudem haben wir unsere Prognosen Ende letzten Jahres gemacht. Da war noch nicht absehbar, wie sich die Lage im Nahen Osten entwickelt. Kurzfristig bin ich daher aus heutiger Sicht eher verhalten optimistisch. Die mittelfristige Perspektive sehe ich sehr positiv.
Vor fünf Jahren wurde das Wachstum voll von den Billigairlines getragen. Wie sieht das inzwischen aus?
Die Landschaft hat sich nicht so dramatisch verändert. Es ist innerhalb des Lowcostsegments zu gewissen Verschiebungen gekommen, weil Ryanair ihre starke Position gefestigt hat. Die Lufthansa-Gruppe hat aber noch immer rund 50 Prozent Marktanteil, die Billigairlines insgesamt haben 30 Prozent. Ich finde das ist ein gutes Verhältnis. Für uns ist schließlich wichtig, dass sich Austrian Airlines positiv entwickelt.
Sie haben auch bei der Fracht 2025 zugelegt, andere Flughäfen haben Mühe, wieder an das Pandemie-Niveau herankommen. Warum ist das bei euch anders?
Wir haben eine günstige geografische Lage, weil die Slowakei eine sehr, sehr starke Auto- und IT-Branche hast. Vor allem koreanische Konzerne sind dort aktiv. Darum sind wir auch mit dem Flughafen Seoul-Incheon und Korean Air eine Kooperation eingegangen. Aber im letzten Jahr war sicherlich der chinesische E-Commerce der Treiber.
AUA bekommt elf Boeing 787 und hat damit mehr Langstreckenflugzeuge als bisher. Vielleicht werden es sogar zwölf Dreamliner sein. Was bedeutet das für den Flughafen Wien?
Das ist ein wirklich positives Signal für den Standort, aber natürlich nichts, worauf man sich ausruhen kann. Ein Flugzeug kann man ja letztendlich relativ rasch auch wieder woanders stationieren, wenn es nicht funktioniert. Und Lufthansa Group hat durch ihre Auswahl an Hubs und Airlines im Konzern entsprechende Möglichkeiten. Und der Druck wird mit einem Drehkreuz in Rom sicher nicht geringer. Austrian Airlines hat aber in den letzten Jahren eine sehr, sehr positive Entwicklung gemacht. Auch die Position in der Lufthansa-Gruppe hat sich deutlich verbessert. Bei der Pünktlichkeit ist Wien unter den Flughäfen mit mehr als 25 Millionen Passagieren der viertbeste in Europa, Brüssel liegt auf Rang 9, Zürich auf Rang 19, München auf Rang 20 und Frankfurt auf Rang 22. Das hilft sehr. Daher geht es für uns gemeinsam darum, die Qualität am Drehkreuz hoch zu halten, und auch bei den Kosten die besten zu bleiben. Ich hoffe daher, dass die Langstrecken bei Austrian Airlines gut funktionieren und sie vielleicht in Richtung des zwölften oder sogar 13. Dreamliner gehen kann.
Wir haben die Ambition, zu den Top-Flughäfen in Europa zu gehören.
So ein Wachstum ist immer auch ein Risiko. Wie stellen Sie sicher, dass es nicht auf Kosten der Qualität geht?
Wo wir grundsätzlich schon immer recht gut waren, sind die Prozesse vom Check-in über Sicherheitskontrolle bis zur Gepäckabfertigung oder Enteisung. Vor allem weil wir die Sicherheitskontrolle und den Großteil der Abfertigung in eigener Hand haben. Was nicht heißt, dass man nicht besser werden kann. Wo wir ein echtes Manko haben, das ist die Aufenthaltsqualität. Es fehlt an Großzügigkeit. Die Süderweiterung von Terminal 3, die wir in gut zwei Jahren eröffnen wollen, bringt da eine wirkliche Verbesserung. Da kommen 70.000 zusätzliche Quadratmeter neue Flächen für eine größere Sicherheitskontrolle, 18 neue Busgates, neue Läden und Restaurants, großzügige Warteflächen, größere Lounges und vieles mehr dazu. Damit werden wir Mitte 2027 da auf ein ganz anderes Qualitätsniveau gekommen. Wir haben die Ambition, dann zu den Top-Flughäfen in Europa zu gehören und uns vor München oder Zürich nicht verstecken müssen.
Wie kommen Sie mit den Bauarbeiten voran?
Ich war vor Weihnachten auf der Baustelle. Man kann sich jetzt schon vorstellen, wie das einmal ausschauen wird. Es läuft bis jetzt sehr gut. Wir sind optimistisch, dass wir im ersten Halbjahr 2027 eröffnen können.
Sie wollten einmal den Pier Ost erneuern. Das wurde auf Eis gelegt. Liegt der Plan immer noch auf Eis?
Wir haben inzwischen neue Pläne entwickelt und würden gerne, wenn es irgendwie möglich ist, nach Abschluss der Süderweiterung sofort weiterbauen. Wir wollen den Pier Nord verlängern. Das ist die viel bessere Lösung für uns, als Pier Ost zu sanieren. Denn das würde uns keine zusätzliche Kapazität bringen. Eine Verlängerung des Pier Nord hingegen bringt uns fünf bis acht neuen Langstreckengates. Die Lösung hat aber noch einen anderen Vorteil. Langfristig könnte man, wenn wir noch mehr Kapazität brauchen, zum Pier Nord irgendwann sogar noch einen parallelen zweiten Pier errichten. Noch sind das aber erst Ideen.
Lufthansa-Jet im Anflug auf den Flughafen Wien. Bild: Martin Dichler/aeroTELEGRAPH
Die Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle beträgt in Wien im Durchschnitt weniger als fünf Minuten. Wie schaffen Sie das?
Ein wesentlicher Faktor ist, dass wir es selber in der Hand haben. Das ist eine Tochterfirma von uns, die das seit über 20 Jahren macht. Zudem haben wir während der Pandemie nicht aktiv Stellen abgebaut, sondern mittels Kurzarbeit weiterbeschäftigt. Und so blieben wir bei rund 80 Prozent Personalbestand und konnten wir dann halbwegs schnell wieder hochfahren. Und nicht zuletzt haben wir in diesem Bereich viele gute Leute, die sehr fokussiert auf die Prozesse schauen und sich auch andere Flughäfen anschauen und davon lernen. Es muss auch gut funktionieren, weil wir derzeit noch so wenig Platz haben. Gibt es ein Problem, würden die Schlangen schnell quer durch das Terminal reichen.
Sie haben aber auch die Löhne angehoben …
Ja, das stimmt. Wir haben vor allem beim Sicherheitspersonal die Löhne deutlich erhöht. Dazu muss ich sagen, dass wir vor der Pandemie durchaus niedrig lagen. Wir haben das nun nachgeholt, nicht zuletzt, weil der Arbeitsmarkt sich verändert hat. Das hat auch gute Folgen.Wir sehen, dass die Qualität der Bewerberinnen und Bewerber sehr gut ist. Aber ich glaube, am Ende ist für die Motivation entscheidender, dass man eine gute Organisation hat und dass die Leute den Eindruck haben, etwas Sinnvolles zu tun.
Ein ewiges Thema ist die dritte Piste für Wien. Man hat das Gefühl, Sie kommen hier nie wirklich einen Schritt weiter.
Es wirkt vielleicht so, aber es sind schon entscheidende Dinge geschehen. Wir warten auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bauzeitverlängerung, die derzeit bis 2030 gilt. Wir rechnen insgesamt mit einer Projektlaufzeit von etwa sieben Jahren und dementsprechend müssten wir 2026 entscheiden, ob wir es wirklich umsetzen. Was man dabei sehen muss, ist, dass sich die Rahmenbedingungen dramatisch geändert haben. Die Baukosten sind heute höher als 2018. Zudem liegen wir bei den Passagierzahlen wieder bei den Werten von 2019, aber bei den Flugbewegungen zwölf Prozent darunter. Es gilt, was wir immer sagen: Die Entscheidung hängt davon ab, ob es den Bedarf gibt, ob das Projekt rechtskräftig genehmigt ist und ob es wirtschaftlich darstellbar ist.
Sieben Jahre klingt lange für die Realisierung.
Insgesamt dauert das Projekt sieben Jahre. Wir müssten zum Beispiel einen großen Hügel abtragen und wir brauchen auch noch Grundstücke. Der Bau der Piste selber wäre das geringste Problem. Aber die Vorarbeiten sind schon sehr intensiv und machen das Projekt relativ kompliziert.
Wenn Sie den Parkplatz ansprechen – ja, wir haben Überlegungen, jene Fläche zu nutzen.
Was am Flughafen Wien immer wieder auffällt ist, wie wenig Verkaufsfläche eigentlich landseitig ist. Viele Flughafen sind inzwischen eigentlich Shopping Center. Vor dem Terminal liegt ein großer Parkplatz, diese Fläche könnte man doch nutzen?
Es ist grundsätzlich eine unserer Schwächen, dass wir relativ wenig Retailflächen haben. Wir haben uns vor 13 Jahren uns mal angeschaut, ob wir ein Shoppingcenter bauen sollen. Wir merkten aber, dass es schwierig würde, eine Genehmigung zu erhalten. Und es gibt schon viel Konkurrenz im Einzugsgebiet. Für uns viel wichtiger sind zudem die luftseitigen Flächen, die sind viel profitabler. Da machen wir mit der Süderweiterung einen großen Schritt vorwärts. Wenn Sie den Parkplatz ansprechen – ja, wir haben Überlegungen, jene Fläche zu nutzen. Dabei geht es aber nicht primär um Verkaufsflächen. Wenn wir weiter wachsen, werden wir irgendwann das Problem haben, dass wir zu wenig Gepäckausgabebänder haben, zu wenig Fläche für die ankommenden Passagiere und für die Abholer. Da gibt es die Überlegung, dass man die Parkplatzfläche nutzt, um dort das Terminal auszubauen. Man könnte neben einer neuen Ankunft auch einen größeren Supermarkt, mehr Gastronomie, ein wenig mehr Einkaufsflächen, eine bessere Verbindung zum Bahnhof und zum Parkhaus unterbringen. Das sind aber bislang nur Ideen, es gibt kein Datum undkeine Kostenschätzung. Vorher müssen wir erst den Pier Nord verlängern. Aber natürlich machen wir uns Gedanken, wie wir den Flughafen langfristig entwickeln müssen. Wir haben jetzt knapp 32 Millionen Passagiere. Wir gehen davon aus, dass wir in den nächsten Jahrzehnten auf 50 oder 60 Millionen wachsen werden.
Wie schaut es eigentlich mit den Terminal 1 A aus, das ja auch nur ein Provisorium war, aufgesetzt auf der alten Ankunftshalle?
Das Check-in Thema würde man dann mit der vorher skizzierten Langzeitentwicklung miterledigen. Irgendwann muss das Terminal 1A weg, es gibt aber auch da noch kein Datum dafür. Mit einer neue Ankunftshalle vor dem Terminal könnte man neue Check-in-Flächen schaffen – auf welcher Ebene auch immer.
Es ist wirklich dringend notwendig, das Terminal in Malta zu erweitern.
Sie betreiben auch den Flughafen Malta. Der hat sehr viele neue Airlines angezogen. Reicht da die Kapazität noch oder müssen Sie da auch wieder ausbauen?
Wir investieren in den nächsten fünf Jahren 350 Millionen Euro. Wir investieren sehr intensiv in das Terminal in Malta. Wir haben schon die Abstellflächen erweitert, werden aber auch die bestehenden sanieren müssen. Das Wesentliche aber ist die Terminal-Erweiterung, weil das Gebäude ist jetzt unwesentlich größer als damals, als die Passagierzahlen halb so hoch lagen. Es ist wirklich dringend notwendig, das Terminal zu erweitern. In einem ersten Schritt ist geplant, zusätzliche Check-in-Kapazitäten, zusätzliche Freiflächen und zusätzliche Gastronomieflächen zu schaffen. Es gibt es noch zwei weitere Schritte, wobei da der Zeitplan noch nicht so klar ist.
Die zweite Beteiligung ist ja Kosice, dieser Flughafen ist sehr klein. Warum hält Wien an der Beteiligung fest?
Kosice ist einer von ganz wenigen Flughäfen mit weniger als einer Million Passagiere, der Gewinn macht. Wir verdienen da im Jahr eineinhalb Millionen. Das ist eine gute Leistung. Er passt auch gar nicht so schlecht in unsere kleine Gruppe. Wir haben mit Wien ein mittelgroßes Drehkreuz, mit Malta einen großen Regionalflughafen und mit Kosice einen sehr kleinen. Die wirtschaftlichen Ergebnisse sind gut, es funktioniert auch die Zusammenarbeit gut und man muss sagen, wir nutzen Kosice schon auch anderweitig. Wir haben dort beispielsweise eine Tochter, die machen die Loadsheets. Kosice nutzen wir auch als Potenzial für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In der Stadt gibt es ja eine große technische Universität.
Der Flughafen Wien hat einmal festgelegt, nicht mehr im Ausland zu investieren. Gilt das Credo immer noch?
Wir haben nicht vor, das unmittelbar zu ändern. Ich würde es nicht für ewig ausschließen, aber aktuell haben wir mit unseren Ausbauprojekten in Wien und Malta noch ausreichend zu tun. Wenn wir es uns wieder überlegen würden, müsste es sehr gut passen. Was ich ausschließen kann, ist, dass wir durch die ganze Welt fliegen und jedem Projekt nachlaufen. Für uns käme sicher nicht die Frage, in Südamerika oder Asien als Flughafenbetreiber aufzutreten. Das bindet viel Personal. Was wir immer gesagt haben, ist, dass wir an Bratislava interessiert sind, sollte der Flughafen einmal auf den Markt kommen.
Was ist denn so spannend an Bratislava?
Wir waren im Jahr 2006 ja schon einmal nahe dran. Wir hatten ein Konsortium zusammengestellt, das 400 Millionen investiert hätte und Pläne für ein sehr starkes Wachstum hatte. Doch das klappte nicht und der Flughafen blieb beim Staat. Mit der Folge, dass er heute kleiner ist als im Jahr 2000. Aber Bratislava ist für uns interessant, alleine schon wegen der Nähe. Da gibt es Synergien und Fantasien. Aber ich halte es nicht für realistisch, dass es in naher Zukunft dazu kommen wird.
Vor zwei Jahren gab es einen Kampf mit dem australischen Großinvestor IFM. Hat sich das jetzt beruhigt?
Wir haben ein ausgezeichnetes Verhältnis sowohl mit IFM als auch anderen Investoren. Sie verhalten sich sehr konstruktiv und sitzen auch im Aufsichtsrat. IFM ist nach wie vor sehr zufrieden mit seiner Investition. Der Börsenkurs hat sich ja auch sehr positiv entwickelt. Wir sind ein dividendenstarkes Unternehmen in einer relativ sicheren Branche.
Im freien Handel befinden sich aber nur noch etwas über sechs Prozent der Aktien. Lohnt sich eine Börsennotierung da wirklich noch?
Ja, es ist für das Unternehmen gut so. Wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass die Börsennotierung für das Unternehmen gut ist, weil sie für Transparenz und hohe Marktorientierung sorgt. Zudem spornt es einen an, effizient zu sein.
Österreich bekommt ja irgendwann eine neue Regierung. Was ist Ihre Erwartung an die neuen Machthaber?
Ich hoffe, es wird einen positiveren Zugang zur Luftfahrt geben. Dass gesehen wird, dass sie ein ganz wesentlicher Treiber für die wirtschaftliche Entwicklung ist. Und ich würde mir wünschen, dass die neue Regierung – welche auch immer – einen pragmatischeren und weniger ideologischen Zugang zu den Dingen hat.
* Julian Jäger (53) sitzt seit 2011 im Vorstand der Flughafen Wien AG und führt den größten österreichischen Airportbetreiber zusammen mit Günter Ofner. Zuvor arbeitete der studierte Jurist für den größten österreichischen Flughafentbetreiber als Chef des Airports von Malta und in den Abteilungen Business Development und Recht.
Mitarbeit: Martin Dichler