Interview mit Thomas Schnalke, Flughafen Düsseldorf
«Ryanair wird nennenswerten Auftritt in Düsseldorf haben»
Flughafen-Düsseldorf-Chef Thomas Schnalke über neue Langstreckenziele, Billigairlines, verspätete Eurowings-Flüge und ein Thema, bei dem ihm der Glauben abhanden gekommen ist.
Thomas Schnalke, Chef des Flughafens Düsseldorf: Fliegt gerne nach Athen.
Thomas Schnalke, Chef des Flughafens Düsseldorf: Fliegt gerne nach Athen.
Vor sieben Monaten hoben die letzten Flüge von Air Berlin ab. Fehlt dem Flughafen Düsseldorf heute noch etwas als Folge des Wegfalls der wichtigen Airline?
Thomas Schnalke*: Wir haben immer noch weniger Verkehr als im Vorjahr. Wir vermissen aber nichts, was nicht Anfang 2019 wieder da sein wird. Gemeinsam mit Eurowings ist es uns gelungen, wieder herzustellen, was durch die Air-Berlin-Insolvenz weggefallen ist, besonders auch bei der Langstrecke. Bis zum Jahresende wird die Eurowings einen Marktanteil von rund 45 Prozent in Düsseldorf erreichen und mit Beginn des Winterflugplans acht Langstreckenflugzeuge hier stationiert haben. Dazu hat sie ein starkes Europanetz, das die nötige Zubringerquote gewährleistet.
Wie haben Sie Eurowings dazu bewogen, die Langstreckenflieger von Köln/Bonn nach Düsseldorf zu verlegen?
Eurowings hat sich entschieden, in Düsseldorf die Langstreckenaktivitäten zu ersetzen, die mit dem Marktaustritt von Air Berlin weggefallen sind. Und das basierend auf der Strategie, das eigene Langstreckenangebot auszubauen. So fiel die Entscheidung, in Düsseldorf ein sehr großes Netz aufzubauen. Da ist es nur folgerichtig, den Langstreckenverkehr hier zu konzentrieren.
Bei einem Marktanteil von 45 Prozent sind sie sehr abhängig von Eurowings.
Schauen Sie sich die europäischen Flughäfen an, die einen dominierenden Anbieter aus der Lufthansa-Gruppe haben. Das sind nach meiner Erkenntnis die Flughäfen, denen es sehr gut geht und die sehr erfolgreich sind. Insofern reihen wir uns hier gerne ein.
Aber Lufthansa-Chef Carsten Spohr kritisiert auch gerne Mal die hohen Kosten in Düsseldorf. Was entgegnen Sie ihm?
Es ist doch völlig normal, dass sich Flughäfen und Airlines über Preise unterhalten. Ich denke, dass wir Lösungen gefunden haben, die vernünftig sind für beide Seiten. Es gibt keine offenen Punkte mehr. Fakt ist aber, dass wir uns in Düsseldorf keinen Verkehr einkaufen.
Im März gab es 126 Landungen zwischen 23 Uhr und 6 Uhr – so viele wie noch nie in diesem Monat. Der Großteil waren Eurowings-Flüge. Wenn man bedenkt, dass die Airline wächst und sich etliches noch einspielen muss: Wann sinkt die Zahl der verspäteten Landungen wieder?
Es ist schon rein statistisch nachvollziehbar, dass Eurowings die meisten Verspätungen hat, da sie mit Abstand den größten Marktanteil hält. Tatsächlich muss sich vieles noch einrütteln, vieles muss noch besser funktionieren. Ich glaube, wir müssen uns darauf einrichten, dass 2018 ein Jahr ist, in dem es an vielen Stellen noch nicht so läuft, wie wir uns das alle gemeinsam wünschen. Das ist nicht nur bei uns so. 2019 werden wir dann in ruhigeres Fahrwasser kommen. Das gilt sicher auch für die Verspätungssituation. Wir arbeiten aber schon jetzt mit Hochdruck daran, die Anzahl der verspäteten Flüge zu reduzieren.
Es gibt keine Sonderkonditionen für Billigairlines.
Ryanair startet im Sommer mit einem täglichen Flug nach Palma und fliegt außerdem für Laudamotion. Haben die Iren Interesse bekundet, ihr Angebot in Düsseldorf weiter auszubauen?
Wir freuen uns, Ryanair begrüßen zu können. Die Airline hat mehrfach geäußert, dass sie interessiert ist, in Düsseldorf weiter zu wachsen. Und ich glaube auch, dass sie hier in den nächsten Jahren weiter wachsen wird. In welcher Ausprägung, das müssen wir abwarten. Aber Ryanair wird einen nennenswerten Auftritt in Düsseldorf haben.
Vielerorts gibt es eine Gebührendiskussion um Billigairlines. Wie ist die Lage in Düsseldorf?
Wir haben eine öffentliche Entgeltordnung, die für alle gilt. Alle zahlen gleich viel. Sie beinhaltet auch verschiedene Förderinstrumente, etwa Vorteile für Airlines, die größeres Fluggerät einsetzen, die eine höhere Effizienz pro Slot haben und mehr. Aber es gibt keine Sonderkonditionen für Billigairlines, wie auch immer man den Begriff Billigairline definiert.
Sie haben im Jahr 2015 beantragt, die Kapazität des Flughafens zu erweitern von jetzt maximal 47 auf dann höchstens 60 Starts/Landungen pro Stunde. Wie geht es voran?
Das Landesverkehrsministerium, das die Entscheidung treffen muss, befindet sich in der Abwägungsphase. Zurzeit müssen wir noch einige Detailnachfragen aus dem Ministerium beantworten.
Um welche Details geht es da?
Das geht quer durch, das sind alle Themen, die bei einer Kapazitätserweiterung eine Rolle spielen. Vielfach sind die Punkte sehr speziell und detailliert. Das zeigt, wie gewissenhaft sich das Ministerium mit dem Vorhaben befasst.
Und für wann erwarten Sie eine Entscheidung?
Ich würde mich sehr freuen, wenn wir in diesem Jahr eine Entscheidung auf den Tisch bekämen.
Und glauben Sie auch daran?
Ich hoffe es.
Der Glauben ist mir in diesem Zusammenhang komplett abhanden gekommen.
In der Vergangenheit gab es in Düsseldorf grosse Probleme mit Wartezeiten bei den Sicherheitskontrollen. Ostern lief es nun passabel. Was erwarten Sie für den Sommer?
Die Verantwortung für die Sicherheitskontrollen liegt beim Bundesinnenministerium. Die Bundespolizei hat die Aufgabe, diese Kontrollen durchzuführen und bedient sich eines Dienstleisters, der vom Bundesinnenministerium beschafft wird. In unserem Fall ist das die Firma Kötter Security aus Essen. Im vergangenen Sommer konnte Kötter nicht genug Personal stellen. Ostern ist es ihnen gelungen, die Anforderungen zu erfüllen. Sie haben ihren Job gemacht, zu dem sie sich vertraglich verpflichtet haben. Dass das eine besondere Erwähnung wert ist, finde ich schon bemerkenswert.
Und wie ist nun Ihre Erwartung für den Sommer?
Ich hoffe, dass der Dienstleister seinen Job macht, so dass unsere gemeinsamen Kunden ihre Reise ohne längere Wartezeiten antreten können.
Hoffen ist gut. Aber glauben sie auch daran?
Ich glaube an den lieben Gott. Und ich glaube an viele andere Dinge. Aber ich glaube nicht daran, dass wir ein System haben, das so funktionsfähig ist, dass ich zuversichtlich wäre. Definitiv nicht. Wir haben einen erheblichen Missstand in diesem System und der Glauben ist mir in diesem Zusammenhang komplett abhanden gekommen.
Was würden Sie denn gerne ändern?
Wir haben das Thema nicht nur in Düsseldorf auf der Tagesordnung, sondern in ganz Deutschland. Und ich glaube, dass wir viel besser aufgestellt wären, wenn wir als Flughäfen die Verantwortung hätten, um diese Dienstleister zu beschaffen und zu steuern.
Wir sind gegenüber den großen Flughäfen in Europa weit im Hintertreffen.
Ist das realistisch?
In anderen europäischen Ländern ist es gang und gäbe. An den Sicherheitskontrollstellen für Waren sowie bei den Personalkontrollen für die Menschen, die auf dem Vorfeld arbeiten, haben auch in Deutschland die Flughäfen die Verantwortung. Und das funktioniert reibungslos.
Aber glauben Sie, dass das Ministerium diese Kompetenz wirklich abgibt?
Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, organisatorische Neuregelungen anzugehen sowie die Kosten im Sicherheitsbereich mindestens zu deckeln. Nun hoffe ich, dass die Politik auch bereit ist, das anzupacken. Wir müssen diese Systematik in Deutschland dringend verändern, um wieder leistungsfähiger zu werden. Denn wir sind gegenüber den großen Flughäfen in Europa weit im Hintertreffen.
Was würden sie anders machen, wenn sie die Verantwortung für die Kontrollen hätten?
Ich würde einen Vertrag abschließen, so wie wir das mit allen unseren Dienstleistern machen. Darin wären Leistungskennzahlen und Vertragsstrafen festgelegt und so wäre die Steuerung auf eine andere Basis gestellt. Dann hätte nämlich jeder Dienstleister auch einen stärkeren, finanziellen Anreiz, seine Vorgaben entsprechend zu erfüllen.
Und was tun Sie selber gegen lange Wartezeiten, solange Sie nicht das Sagen haben?
Wir haben bauliche Maßnahmen ergriffen, um die räumliche Situation an den Sicherheits- sowie Bordkartenkontrollen zu entzerren. Um die Sicherheitskontrollstellen an unseren drei Flugsteigen gleichmäßiger auszulasten als bisher, bauen wir außerdem neue Sensortechnologie ein. Und wir wollen den Kunden noch zeitnäher die Informationen zukommen lassen, an welcher Kontrollstelle sie am meisten Zeit sparen können. Darüber hinaus nehmen wir in einem großen Qualitätsprojekt den Gesamtprozess unter die Lupe.
Richtung Asien würden wir uns noch viel mehr wünschen
Welche Flugziele hätten Sie noch gerne in Ihrem Portfolio?
Auf der Langstrecke gibt es noch einige. Und die Eurowings ist die Airline, mit der wir über die Langstrecke sprechen. Da steht Nordamerika ganz oben auf der Agenda. Asien allerdings auch. Ab kommendem Jahr wird Eurowings vier Mal pro Woche nach Bangkok fliegen. Und Singapore Airlines Airlines stockt von drei auf vier Flüge wöchentlich nach Singapur auf. Aber Richtung Asien würden wir uns noch viel mehr wünschen und es gibt eine große Nachfrage. Auch nach Südafrika sollten Chancen bestehen, neue Verbindungen zu eröffnen. Dorthin ist schon LTU früher erfolgreich geflogen.
Qatar-Airways-Chef Al Baker hat im Gespräch mit aeroTELEGRAPH gesagt, dass er Düsseldorf gerne in den Flugplan aufnehmen möchte. Freut Sie das?
Wir würden uns sehr freuen, Qatar Airways begrüßen zu können und wir sind schon länger in regelmäßigen Gesprächen. Aber eine Bestätigung gibt es hier noch nicht. Das ist bisher ein Thema fehlender Flugrechte.
Zum Abschluss: Haben Sie persönlich einen Lieblingsflughafen, der nicht Düsseldorf heißt?
Meine Lieblingsdestinationen in Europa sind Athen und Lissabon.
Und ein Flughafen, der sie beeindruckt?
Das ist sicherlich der Eleftherios-Venizelos-Airport in Athen, wo der Flughafenchef Yannis Paraschis seit vielen Jahren einen guten Job macht.
* Thomas Schnalke (54) ist seit Juli 2016 Sprecher der Geschäftsführung und bildet damit zusammen mit Michael Hanné und Martin Kirchner-Anzinger die oberste Führung des Flughafens Düsseldorf. Er sass schon seit 2001 im obersten Management. Er ist gelernter Diplom-Kaufmann und arbeitet seit Jahren in der Luftfahrtbranche.