Interview mit Ralf Teckentrup, Condor
«Condor und die Thomas Cook Airlines sind kein Problemfall»
Condor-Chef Ralf Teckentrup über die Verkaufsabsichten von Thomas Cook für die Airlines, die Flottenerneuerung, Lowcost auf der Langstrecke und die Vorteile der Boeing 767.
Ralf Teckentrup: «Irgendwas machen wir offenbar anders als die anderen.»
Ralf Teckentrup: «Irgendwas machen wir offenbar anders als die anderen.»
Die strategische Überprüfung von Thomas Cook in Bezug auf die Fluggesellschaften, und damit auch Condor, ist in vollem Gange. Merken Sie das bei den Buchungen, machen sich die Passagiere Sorgen?
Ralf Teckentrup: Wir hatten deshalb insgesamt 68 Anrufe im Callcenter.
Das klingt nach wenig…
Das ist so gut wie nichts. Und es gibt auch gar keinen Grund zur Sorge. Die Sondierungsgespräche werden von Konzernchef Peter Fankhauser mit Hilfe von drei Banken geführt. Das Airline-Management ist in dieser Phase nicht eingebunden – es könnten im Prozess ja eigene Interessen bestehen. Da gibt es bei uns klare Abgrenzungen. Aber Sorgen machen muss man sich meiner Meinung nach wirklich nicht – auch die Angestellten nicht.
Warum sind Sie sich da so sicher?
Der Thomas-Cook-Konzern hat ja selbst klar gesagt, dass die Fluggesellschaften dauerhaft und seit vielen Jahren Geld verdienen und das egal, ob der Ölpreis hoch oder tief ist, egal, wie der Dollar steht und egal ob die Angst vor dem Brexit umgeht. Irgendwas machen wir also richtig. Condor und die Thomas Cook Airlines sind kein Problemfall, den man dringend loswerden muss. Und das macht uns zu einer guten Investition. Ein neuer Eigentümer wird das auch so sehen.
Es war die Rede von einem Verkauf als Ganzes oder Teilverkauf. Gibt es für Sie eine bevorzugte Option?
Alle Optionen sind offen. Sie haben Vor- und Nachteile. Welche gewählt wird, entscheide wie gesagt nicht ich, sondern die Konzernleitung. Und die wird die für Thomas Cook beste Variante wählen.
Ist es für Sie nicht frustrierend? Sie machen alles richtig und dennoch will man Sie verkaufen…
Nein, wieso frustrierend? Der Konzern will sich auf das Hotel- und Kreuzfahrtgeschäft fokussieren und sucht daher nach einer Lösung für die Airlines. Das ist nachvollziehbar und ich glaube daran, dass sich eine gute Lösung finden wird.
Eigentlich plante Condor gerade die Flottenerneuerung. Ist die nun aufgeschoben?
Aufgeschoben ist sie nicht. Wir arbeiten weiter an dem Projekt, da wir ein Nachfolgemuster für unsere Langstreckenflotte finden wollen. Vielleicht gibt es aber Gespräche mit Interessenten, die die Zukunft ganz anders sehen.
Es gibt ja auch weiterhin die Option, dass alles so bleibt wie es ist.
Wie weit waren Sie denn schon?
Weit.
Und jetzt ist alles auf Eis gelegt?
Grundsätzlich machen wir Business as usual. Es gibt ja auch weiterhin die Option, dass alles so bleibt wie es ist. Meine Aufgabe als Manager ist es, den Laden am Laufen zu halten. Und das mache ich.
Allein das dürfte ja zu einer ziemlichen Herausforderung werden. Letzten Sommer gab es ein gigantisches Verspätungschaos, diesen Sommer dürfte es ähnlich werden.
Ich finde, der letzte Sommer war im Grunde eine Meisterleistung der Branche. Da ist im Herzen Europas im August eine Fluggesellschaft mit 140 Flugzeugen pleite gegangen. Im Oktober war Air Berlin dann ganz weg. Dann haben Lufthansa, Eurowings, Condor, Easyjet und Ryanair angefangen, nach und nach alles zu übernehmen. Es mussten Flugzeuge umgeschrieben, Crews neu trainiert, Flugpläne umgeschrieben werden. Und Mitte Juni hat dann alles funktioniert.
Naja.. bis auf die Rekordzahl von Ausfällen und Verspätungen.
Ja, das war für den Kunden vor allem zwischen April und Juni wahrnehmbar. Und das ist natürlich zugegebenermaßen eine schlechte Produktqualität. Dennoch war es eine Meisterleistung, was die Branche gestemmt hat. Und: Alle Airlines und Flughäfen haben seither massiv investiert, um ein ähnliches Chaos zu verhindern. ich habe mehr Crews und mehr Flugzeuge in der Reserve, andere Airlines tun dasselbe. Flughäfen haben mehr Kapazität bei den Sicherheitskontrollen. Die Achillesferse bleibt aber die Flugsicherung. Es fehlen weiterhin Lotsen in ganz Europa. Das Thema wird im Sommer schlechter und darauf bereiten wir uns auch vor.
Ein weiteres Thema, das unmittelbar bevorsteht ist der Brexit – darf man Sie darauf noch ansprechen oder nervt Sie das enorm?
Mich nervt das gar nicht. Wie auch andere Industrien wünschen wir uns ein Übereinkommen über den Austritt. Gleichzeitig sind wir zuversichtlich, dass wir selbst im Falle eines harten Brexits unsere Kunden weiter in den Urlaub fliegen können. Sowohl die Europäische Kommission, also auch die britische Regierung sind weit fortgeschritten die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen Wir wissen genau, was wir tun müssen und sind gut aufgestellt. Vom Kundenverhalten her sehen wir nicht, dass sich aus Großbritannien etwas drastisch verändert.
In Deutschland dürfte es für Sie ja auch bald härter werden – Lufthansa setzt verstärkt aufs Urlaubsgeschäft und fliegt mit Eurowings ab München und Frankfurt an Ziele, die Condor auch bedient. Auch das Chartergeschäft ist vermehrt ein Thema…
Wir arbeiten seit über 60 Jahren mit Veranstaltern sehr erfolgreich zusammen und wir haben in allen Phasen der Überkapazität auf den Langstrecken, etwa durch Air Berlin oder Eurowings, auch unser Geld verdient. Irgendwas machen wir offenbar anders als die anderen.
Wir haben mit der Boeing 767 ein optimales Flugzeug für kleine Verkehrsströme in der Touristik.
Und was ist das?
Wir haben ein gutes Produkt und herausragendes Vertriebsnetzwerk im touristischen Bereich. Dazu kommt, dass wir mit der Boeing 767 ein optimales Flugzeug für kleine Verkehrsströme in der Touristik haben.
Glauben Sie, dass Lowcost auf der Langstrecke funktioniert?
Man kann ganz einfach ausrechnen, dass Langstrecke und Ultra-Lowcost nicht gehen kann. Im Kontinentalbereich geht es vielleicht, einen Flieger ganz eng zu bestuhlen. Dann kann man das Flugzeug 12 bis 14 Stunden fliegen lassen, mit entsprechend vielen Starts und Landungen und erzielt sowohl beim Fluggerät als auch bei der Crew eine hohe Produktivität. Aber auf der Langstrecke geht das einfach nicht. Sie können die Leute nicht mit einer Frankfurt-Mallorca-Bestuhlung plötzlich nach Miami fliegen lassen. 28, 29 Zoll Sitzabstand ist da einfach zu wenig. Wir fliegen die Langstreckenflugzeuge etwa 16 Stunden am Tag, mit zwei Landungen. Dann gibt es Ruheregeln für Crews, die überall gelten. Wo ist da noch Platz für niedrige Kosten? Man kann vielleicht billige Tickets verkaufen und den Verlust selbst tragen, aber auf Dauer ist das keine so schlaue Idee.
Hört sich an als würden Sie glauben, dass es mit der Konsolidierung in Europa weitergeht…
In Europa halten die fünf größten Airlines heute 45 Prozent Marktanteil, in den USA sind es knapp 90. Ich gehe davon aus, dass es in 10, 15 Jahren auch in Europa so aussehen wird. Die großen fünf haben sich hier nun durchgesetzt.
…und Condor wird Teil von einer dieser Big Five?
Wie gesagt – alle Optionen stehen offen. Aber ich bin überzeugt, dass die strategische Überprüfung der Thomas Cook Group Airline erfolgreich sein wird.
* Ralf Teckentrup (61) ließ sich an der Fachhochschule Hamburg zum Diplom-Wirtschaftsingenieur ausbilden. Er begann danach bei Lufthansa zu arbeiten und stieg nach und nach die Karriereleiter hoch. Zuletzt war er für Netzmanagement, Informatik, Infrastruktur Flughäfen sowie den Einkauf der Lufthansa Passage verantwortlich. 2004 wechselte er als Vorstand zu Thomas Cook und wurde Chief Commercial Officer aller Fluggesellschaften des Reisekonzerns. Zugleich ist er Chef von Condor.