Michael O'Leary, Ryanair
«Deutschland wird die Heimat der hohen Ticketpreise»
Ryanair-Chef Michael O'Leary spricht im Interview über den Ausbau in Wien, die Mühen in Deutschland, die Preise von Boeing und Airbus, die Zukunft der Comac C919 und die Mängel der Irkut MS-21 - sowie über Eurowings.
Michael O’Leary: «Ich traue der russischen Qualität nicht.»
Michael O’Leary: «Ich traue der russischen Qualität nicht.»
Sie bauen in Österreich wieder aus. Und wie schon einmal versprechen Sie, dass Ryanair Austrian Airlines überholen wird. Warum sollen wir Ihnen glauben?
Michael O’Leary: Wir hatten sehr interessante Pläne mit Lauda für ein schnelles Wachstum in Wien. Covid-19 machte sie zunichte. Aber wir wachsen und investieren wieder. Kommenden Sommer werden wir in Wien 19 Flugzeuge stationiert haben…
… sie wollten aber einmal 40 Jets in der österreichischen Hauptstadt haben.
Schauen Sie nur: Auch Level, Easyjet und Wizz hatten damals viel vor in Wien. Und sie sind verschwunden oder haben ihr Angebot stark reduziert. Wir blieben und bleiben. Und es gibt absolut keinen Grund, dass wir die 40 Jets nicht schaffen werden.
Wann werden Sie das schaffen?
Es passiert dann, wenn der Flughafen Wien uns die richtigen Anreize offeriert, um hier weiter zu investieren.
Sie haben aber viel Geld in Österreich verloren. Es waren zwischenzeitlich mal zwei Millionen Euro pro Woche.
Ja, es waren sogar mehr. Wir werden kommendes Jahr gruppenweit aber wieder Gewinn schreiben.
Wir konnten nicht wachsen, weil die deutschen Flughäfen so teuer sind.
Und in Österreich?
Wir veröffentlich keine Zahlen auf Länderbasis.
In Deutschland wollten sie einmal einen Marktanteil von 20 Prozent erreichen. Sie liegen bei rund 5 bis 6 Prozent. Was ist passiert?
Neun Milliarden Staatshilfe für Lufthansa!
Moment: Sie erreichten das Ziel bereits vor der Pandemie nicht.
Wir konnten nicht wachsen, weil die deutschen Flughäfen so teuer sind. Düsseldorf und Stuttgart verlieren Fluggäste. dennoch wollen sie nicht billiger werden. Okay, das ist ihre Wahl. Es gibt viele andere billigere Flughäfen in Europa und Orte mit tieferen Personalkosten. Deutschland wird in den kommenden zehn Jahren die Heimat der hohen Ticketpreise.
Eurowings ist keine Billigairline und wird es nie sein.
Eurowings wurde restrukturiert. Werden sie jetzt ein härterer Konkurrent von Ryanair?
Sie haben ganz einfach die Löhne des Cockpit- und Kabinenpersonals gesenkt. Das ist keine nachhaltige Restrukturierung. Sobald die Nachfrage wieder anzieht, werden die Gewerkschaften wieder streiken und Forderungen stellen. Zudem müssen Sie sehen: Eurowings ist ganz einfach massiv subventioniert durch die Staatshilfe an Lufthansa. Eurowings ist keine Billigairline und wird es nie sein.
Und warum lässt Ryanair eigentlich die Schweiz links liegen?
Sehr hohe Flughafengebühren und Abgaben. Die Schweiz wächst auch nicht stark. Daher hat sie für uns keine Priorität. Mit Swiss und Easyjet hat das Land zwei sehr hochpreisige Airlines.
Sie haben die Gespräche mit Boeing über die 737 Max 10 gestoppt. Der Hersteller wollte die Preise nicht weiter senken.
Nein! Sie haben die Preise sogar erhöht. Mitten in den Verhandlungen hoben sie die Preise an. Für die Aufstockung der 737-Max-200-Order erhielten wir noch einen sehr guten Preis. So günstig werden wir wohl nie mehr Flugzeuge bekommen. Aber jetzt wollten sie für die Max 10 plötzlich mehr. Ich verstehe nicht, was bei Boeing vorgeht. Ihr Orderbuch fällt gerade in sich zusammen.
Airbus ist sehr viel teurer.
Sie sagten kürzlich, Sie würden zu Airbus wechseln, wenn sie fünf Prozent billiger wären als Boeing. Wo liegen sie aktuell?
Ja, das würden wir tun. Es macht keinen Unterschied, ob man mit Airbus- oder Boeing-Jets fliegt. Aber Airbus ist aktuell einfach teurer.
Viel teurer?
Sehr viel teurer. Sie verkaufen ihre Neos sehr gut. Alle neuen Billigairlines setzen auf sie – niemand in Europa kauft Boeing 737 Max.
Und wie viel billiger müsste Comac mit der C919 sein, damit sie den chinesischen Kurz- und Mittelstreckenflieger kaufen würden?
Sicher zehn Prozent. Die Chinesen haben die Finanzkraft, das Flugzeuge zu einem Erfolg zu machen. Sie planen langfristig. Aktuell haben sie aber noch kein wettbewerbsfähiges Flugzeug. Das braucht noch fünf bis zehn Jahre. In den kommenden 10, 20 Jahren werden sie aber zum dritten großen Anbieter auf dem Weltmarkt.
Und Irkut mit der MS-21?
Die MS-21 ist zu klein und sie ist ein Schrott-Flugzeug. Zudem traue ich der russischen Qualität in der Produktion nicht. Und ich traue auch dem russischen Rechtssystem nicht. Es ist fundamental korrupt. Auf so etwas will ich mich nicht einlassen.
Easywizz würde strategisch Sinn machen.
Angeblich wollte Wizz Air Easyjet kaufen. Wir beurteilen Sie Easywizz?
Strategisch macht das wirklich viel Sinn. Beide fliegen mit Airbus, beide haben mittelhohe Kosten. Zudem ist Wizz stark in Ost- und Easyjet stark in Westeuropa. Keiner der beiden kann aber so etwas finanziell stemmen. Es müsste also eine Fusion werden. Wenn sie nicht zusammenfinden, dann werden sie beide wohl übernommen werden. Wizz Air ist die logische Lösung für Lufthansa in Sachen Lowcost. Dann könnten sie Eurowings schließen. Easyjet wird wohl bei IAG landen. Doch das sind nun keine Prognosen, sondern nur meine Überlegungen. Es ist derzeit schwierig zu sehen, wie sich das Spiel weiter entwickelt.
Lufthansa wird zukaufen?
Die massive Staatshilfe wird die Konsolidierung beschleunigen. Wir werden mit Air France-KLM, IAG und Lufthansa in Europa drei große Gruppen sehen und daneben eine große Billigairline, Ryanair. Ich glaube auch, dass die neue Alitalia irgendwie bei Lufthansa landen wird und ebenso SAS. Beide sind langfristig alleine nicht wirklich überlebensfähig.