Wizz-Air-Jet stand lange
Insekten legen Airbus A321 lahm
Ein lange geparkter A321 von Wizz Air musste seinen ersten Start abbrechen, da die Geschwindigkeitsanzeige versagte. Das zugrunde liegende Problem betrifft auch andere.
Abgedeckte Pitotrohre (an einer Embraer) und ein Airbus A321 von Wizz Air: Es gab Probleme.
Abgedeckte Pitotrohre (an einer Embraer) und ein Airbus A321 von Wizz Air: Es gab Probleme.
Aufgrund der Corona-Krise stehen viele Flugzeuge lange am Boden. So auch der Airbus A321 mit dem Kennzeichen G-WUKJ. Der ungarische Billigflieger Wizz Air stellte ihn am 25. März 2020 am Doncaster Airport in der englischen Grafschaft South Yorkshire ab. Die Maschine wurde von einer Wartungsfirma für langfristiges Parken im flugbereiten Zustand vorbereitet und in den kommenden zwölf Wochen entsprechend gewartet.
Am 15. Juni wurde der A321 wieder fit gemacht für den Flugbetrieb. Dazu wurden auch die Abdeckungen von den Pitotrohren entfernt, mit deren Hilfe die Strömungsgeschwindigkeit gemessen wird. Einen Tag später sollte der Flieger von zwei Piloten ohne Fluggäste nach London Stansted überführt werden. Da das Flugzeug lange gestanden hatte, inspizierten beide die Maschine vor dem Start getrennt voneinander, fanden aber keine Auffälligkeiten.
Larven, so groß wie ein Reiskorn
Während der Airbus auf der Startbahn beschleunigte, fiel die Geschwindigkeitsanzeige im Cockpit aus. Die Piloten brachen den Start daher ab – bei einer Geschwindigkeit von 120 Knoten oder umgerechnet rund 222 Kilometer pro Stunde, wie Daten nachher zeigten.
Der Jet wurde am Boden überprüft und freigegeben, doch auch der nächste Start musste mit dem gleichen Problem abgebrochen werden, dieses Mal bei niedrigerer Geschwindigkeit. So wurde der Jet in den folgenden zwei Tagen noch genauer unter die Lupe genommen. Dabei fanden sich in einem Pitotrohr drei Insektenlarven, jede so groß wie ein Reiskorn.
Wizz Air und Airbus mit Änderungen
Die britische Untersuchungsbehörde Air Accident Investigation Branch AAIB hält in einem Bericht fest, die Larven könnten während der langen Standzeit des A321 in das Rohr gelangt sein. Die Abdeckungen schließen es nämlich nicht ganz dicht ab, was mit Anforderung bei Druckmessungen zu tun hat. Ebenso hält die Behörde es für möglich, dass sich ein Insekt in der Abdeckung befand, bevor diese angebracht wurde. Auch nicht ausschließen will man, dass die Larven an dem Tag in das Rohr gelangten, an dem die Abdeckung entfernt wurde.
Wizz Air hat als Reaktion neue Reinigungsregeln für die entsprechenden Bereiche festgelegt. Dies betrifft alle Flugzeuge, die länger als drei Tage geparkt waren. Zudem sieht sich die Airline nach Abdeckungen um, die einen besseren Schutz gewährleisten. Airbus prüft, die Wartungshandbücher zur Betriebsrückkehr eines geparkten Jets anzupassen.
Easa warnte schon im August
Das Ganze ist keineswegs nur ein Problem von Wizz Air und Airbus. Schon Mitte August gab die europäische Luftfahrtbehörde EASA eine Sicherheitswarnung heraus mit Blick auf die Wiederinbetriebnahme von Fliegern, die in der Corona-Krise lange geparkt waren. Darin heisst es, es gebe beim ersten Flug nach der Pause einen «alarmierenden Trend» zu falschen Geschwindigkeits- und Höhenangaben und infolgedessen Startabbrüchen.
Grund seien in den meisten Fällen Fremdkörper im Pitot-System, wie zum Beispiel Insektennester, teilweise selbst bei der Verwendung von Abdeckungen, so die Easa. Das Risiko einer solchen Kontamination sei erhöht, wenn die Verfahren bei der Einlagerung oder dem Ende der Einlagerung unvollständig oder unsachgemäß durchgeführt würden.
Den Bericht der AAIB zum Wizz-Air-Vorfall finden Sie hier als PDF.