Letzte Aktualisierung: um 12:39 Uhr

EU-Plan Fit for 55

In zehn Jahren wird Kerosin genauso besteuert wie Benzin

Die Europäische Kommission präsentiert Pläne für eine grüne Neuausrichtung der Wirtschaft. Sie macht Druck beim Umstieg auf nachhaltige Flugzeugkraftstoffe.

Die Europäische Kommission hat sich auf ein Paket von Vorschlägen geeinigt, «Fit for 55» genannt. Damit will sie die Netto-Treibhausgas-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Stand von 1990 um mindestens 55 Prozent senken. Diese Verringerung soll ein entscheidender Schritt sein, um Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Auch die Luftfahrt ist betroffen.

«Um unsere Klimaziele für 2030 zu erreichen, sind signifikante Emissionsreduktionen im Luftverkehr nötig», so die Kommission. Sie schlägt vor, die kostenlosen Emissionszertifikate für den Luftverkehr schrittweise abzuschaffen. 2026 soll die Zuteilung enden.

Verpflichtung für Treibstofflieferanten

Parallel dazu wird laut den Plänen aus Brüssel das Corsia genannte internationale System zur Verrechnung und Reduzierung von Kohlenstoffdioxid für die internationale Luftfahrt angewandt. Das betrifft die Emissionen von in der EU ansässigen Airlines bei Flügen aus/in Länder außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums. Wenn diese Emissionen ein Niveau über dem von 2019 erreichen, müssen sie mit Emissionsgutschriften ausgeglichen werden.

Die Kommission stellt zudem in Aussicht, dass effizientere und weniger umweltschädliche Flugzeuge gefördert werden. Und sie will den Umstieg auf nachhaltige Treibstoffe beschleunigen. Dazu schlägt sie vor, Treibstofflieferanten dazu zu verpflichten, dem an EU-Flughäfen getankten Kerosin zunehmend nachhaltige Flugkraftstoffe beizumischen, einschließlich E-Fuels, also synthetische kohlenstoffarme Kraftstoffe.

Steuer auf Kerosin kommt schrittweise

Zudem sind Mindeststeuersätze auf Kerosin bei Flügen innerhalb der EU geplant. Vorgesehen ist, schrittweise eine Steuer für Flugkraftstoff einzuführen. Nach einer Übergangszeit von zehn Jahren soll sie den endgültigen Mindestsatz erreichen. Dann soll Kerosin ebenso besteuert werden wie Benzin im Straßenverkehr. Nachhaltige Kraftstoffe werden in der Übergangszeit von zehn Jahren erst einmal mit dem Satz Null besteuert.

Die Reaktionen aus der Branche auf Fit for 55 ließen nicht lange auf sich warten. Austrian Airlines warnt etwa: «Regionale Maßnahmen im Rahmen von Fit for 55, wie ein Emissionshandel, eine innereuropäische Kerosinsteuer oder Beimischungsquoten, können dazu führen, dass Umsteigeflüge auf Drehkreuze außerhalb der EU verlagert werden.»

Austrian mit Lob und Forderung zu Beimischungsquote

«Wenn etwa ein Passagier auf dem Weg von Stuttgart nach Tokio in Wien umsteigt, würde sein Zubringerflug mit einer Kerosinsteuer belastet werden», so die österreichische Lufthansa-Tochter. «Steigt er aber statt in Wien in Istanbul um, ist keine Kerosinsteuer fällig.» Es werde also kein Flug vermieden, stattdessen erfolgt eine reine Verlagerung.

Eine Beimischungsquote für nachhaltiger Kraftstoffe begrüßt Austrian. Allerdings müsse «ein Finanzierungsmechanismus gefunden werden, der alle Anbieter gleichermaßen einbezieht und die Last nicht alleine auf europäischen Flügeln ruhen lässt», so Airline-Chef Alexis von Hoensbroech. «Mit der Zweckbindung von Umweltabgaben, wie etwa den Einnahmen aus dem verschärftem Emissionshandel oder aus einer Kerosinsteuer, zugunsten der Förderung nachhaltiger Kraftstoffe, könnte man den Wettbewerbsnachteil beispielweise entsprechend ausgleichen.»

Verbände fordern Nachbesserungen

Der Flughafenverband ADV schreibt, Fit for 55 dürfe den Luftverkehr nicht ausbremsen, sondern müsse ihn in seinen Bemühungen zur CO2-Reduzierung unterstützen. «Wer wie die Kommission viel fordert, muss auch fördern und unterstützen», so der ADV. «Das gilt insbesondere für die von Corona gebeutelten Flughäfen.» Der Verband wünscht sich etwa finanzielle Unterstützung bei der Anschaffung elektrischer Bodenfahrzeuge. Er sieht die anstehenden Verhandlungen mit der Kommission als «wichtige Aufgabe der nächsten Bundesregierung».

Der deutsche Luftverkehrsverband BDL kritisiert, die Kommission vergebe die Chance, «die Instrumente auch wettbewerbsneutral auszugestalten». Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden zu einer Verlagerung von Emissionen zu Wettbewerbern aus Drittstaaten führen. «Die nun vorliegenden Vorschläge der Kommission bedürfen einer Überarbeitung an zentralen Stellen», so der BDL. «Es ist nun am Europäischen Parlament und an den nationalen Regierungen im Europäischen Rat, den Entwurf nachzujustieren, damit die Rahmenbedingungen richtig gesetzt werden und das Maßnahmenpaket seine volle Wirkung für den Klimaschutz entfalten kann.»