Mitflugzentrale
In einer Cessna 172 stürmisch über Berlin
Die Mitflugzentrale Wingly bietet Flüge mit Privatpiloten und -pilotinnen. Wir waren bei einem stürmischen Rundflug in einer Cessna 172 über Berlin dabei.
Cessna 172 am Flugplatz Schönhagen: Die Maschine für meinen Rundflug über Berlin.
Pilot Marco bei den Vorbereitungen.
Der Flugplatz Schönhagen nach dem Start.
Potsdam aus der Vogelperspektive.
Anflug auf den Flugplatz Fehrbellin.
In 5000 Fuß.
Der Flughafen Tegel.
Die Skyline von Berlin.
Und auch der ehemalige Flughafen Tempelhof darf nicht fehlen.
Cessna 172 am Flugplatz Schönhagen: Die Maschine für meinen Rundflug über Berlin.
Pilot Marco bei den Vorbereitungen.
Der Flugplatz Schönhagen nach dem Start.
Potsdam aus der Vogelperspektive.
Anflug auf den Flugplatz Fehrbellin.
In 5000 Fuß.
Der Flughafen Tegel.
Die Skyline von Berlin.
Und auch der ehemalige Flughafen Tempelhof darf nicht fehlen.
Es ist ein windiger Tag Anfang Oktober am Flugplatz Schönhagen, dem größten Verkehrslandeplatz in Ostdeutschland. Geschäftig wirkt er an diesem Mittwoch nicht. Es ist kein Mensch zu sehen. Ich treffe hier heute Marco, einen Hobbypiloten, der Flüge auf der Mitflugzentrale-Wingly anbietet. Gemeinsam wollen wir uns Berlin von oben anschauen.
Das Prinzip von Wingly ist einfach. Es ist eine Plattform, auf der Privatpiloten Flüge anbieten und Leute mitnehmen können. Anders als bei gewerblichen Angeboten, geht es nicht darum, dass der Pilot mit den Flügen Geld verdient, sondern sich die Kosten seines Fluges teilen kann. Denn die sind hoch: Flugzeugmiete, Landegebühren und Treibstoff. Erlaubt ist das Ganze seit einer Gesetzesänderung 2014.
Gründung in Paris
Marco holt mich am Flughafenzaun ab und wir gehen gemeinsam zum Hangar. Keine Sicherheitskontrolle, einfach Tor auf, Tor zu. Der Wind pfeift. Mein Flug heißt «Über Berlin nach Fehrbellin» und wird mit einer Cessna 172 durchgeführt, die knapp 19 Jahre alt ist. Sie gehört einem Fliegerclub, bei dem Marco Mitglied ist. Er bezahlt eine Jahresgebühr und einen Betrag pro Stunde an den Verein.
Gegründet wurde Wingly im Juli 2015 von drei jungen Männern in Paris. In Frankreich rief das neue Angebot schnell die französische Pilotengewerkschaft auf den Plan. Der Vorwurf: Das Unternehmen sei eine kommerzielle Plattform. Die französischen Behörden erlaubten das Angebot erst ein Jahr später. In der Zwischenzeit expandierte Wingly nach Deutschland, auch weil es in der Bundesrepublik mit rund 88.000 die meisten Privatpiloten gibt.
Gewissenhafte Vorbereitung
Marco führt, wie bei Linienfluggesellschaften, gewissenhaft den Außencheck der Cessna durch und beantwortet dabei alle meine Fragen. Dann geht’s in die Maschine. Marco geht gewissenhaft die Checkliste für Abflüge durch. Wir werden für die Strecke nach Fehrbellin ungefähr 20 Minuten benötigen, mit dem Auto sind es rund 1,5 Stunden, unsere Flugroute führt über Potsdam, westlich an Berlin vorbei bis Fehrbellin.
Rund eine halbe Stunde nach meiner Ankunft startet Marco den Motor und wir rollen zum Start. Dann holt er Abfluginformation beim Kontrollturm in Schönhagen ein. Wir müssen noch eine Ziellandung vor uns abwarten. Ein Flugschüler muss sein Flugzeug bei simuliertem Motorausfall sicher landen. Es gelingt trotz des Windes. Im Anschluss rollen wir auf die Piste 25 und heben schnell ab.
Wingly bringt Piloten und Gäste zusammen
Wingly ist nicht die einzige Mitflugzentrale auf dem Markt. Es gibt mit Flytclub, Coavmi auch noch weitere Anbieter. Marco war bei allen angemeldet, mittlerweile benutzt er aber nur noch die eine. Er hat über die Jahre bei Wingly am meisten Bewertungen gesammelt. Die Rechnung ist einfach: Viele positive Bewertungen erhöhen das Vertrauen potenzieller Mitfliegender und man wird als Pilot mehr gebucht.
Um Flüge als Pilot Flüge anbieten zu können, müssen sich Piloten registrieren und ihre gültige Pilotenlizenz sowie ihr medizinisches Tauglichkeitszeugnis hochladen. Das Unternehmen erklärt den neuen Piloten im Anschluss alle Funktionen der Plattform und hilft beim Einstellen von Buchungen. Es teilt auf Anfrage mit, dass Piloten nach der Veröffentlichung nur auf Buchungsanfragen reagieren müssen. Um die Vermarktung kümmert sich Wingly.
Spürbarer Wind
Der Wind wird erneut mehr spürbar. Die Cessna wird in der Luft hin und her gedrückt. Angst habe ich dennoch nicht. Die Aussicht ist faszinierend. Wir fliegen in rund 2500 Fuß (knapp 760 Meter) direkt über Potsdam. Es geht über das Schloss Sanssouci mit seinen Terrassen und weiter in Richtung Norden.
Wir sehen fast keine anderen Flugzeuge. Nur über Funk hören wir von weiteren Kleinflugzeugen in der Umgebung. Unter uns Brandenburger Felder und über uns eine sehr dicke Wolkenschicht.
Profitabel ist das Start-up nicht
Profitabel ist Wingly auch knapp acht Jahre nach der Gründung nicht. Im Durchschnitt liegen Einnahmen durch Passagiergebühren bei 54 Euro. Pro Passagier werden allerdings im Durchschnitt 82 Euro ausgegeben. Die größten Kostenblöcke sind mit 35 Euro Ausgaben für Marketing und 32 Euro betragen die Personalkosten.
Getragen wird das Unternehmen von Investoren aus der Luftfahrtbranche. «Wingly arbeitet seit Anfang 2023 an einer neuen Finanzierungsrunde, auch um Mittel für die Entwicklung der Plattform in neuen Märkten zu sichern», heißt es weiter.
Die Einzigen am Flughafen
Die Strecke nach Fehrbellin ist schnell geschafft. Marco kündigt uns am Tower an. Der Lotse nennt nochmal die Windverhältnisse und schon sind wir im Havelland gelandet. Nach der Landung gehts in den Kontrollturm. Wir werden mit den Worten begrüßt: «Mann, bei dem Wind mit dem Flugzeug kommen, ist was Besonderes». Stimmt auch, denn wir sind wirklich die Einzigen. Die Landegebühr beträgt für unser Flugzeug 15 Euro.
Nach einem kurzen Zwischenstopp in Erics Wirtschaft, dem Restaurant am Platz, gehts wieder ins Flugzeug und zurück in die Luft. Marco sucht eine Wolkenlücke und wir steigen auf 5000 Fuß und lassen die unterste Wolkenschicht unter uns.
Berlin ist auch von oben faszinierend
Dann geht es knapp unter den Wolken weiter und wir erreichen die Berliner Stadtgrenze von Westen, auf dem Kurs, den auch alle Linienflugzeuge auf ihrem Weg zum Flughafen Tegel nahmen. Wir passieren den Flughafen und Tegel auf drei Uhr und sehen die aufgerissene Piste. Direkt über die Innenstadt dürfen wir nicht fliegen. Dort gilt das Flugbeschränkungsgebiet EDR146. Das E steht für Europa, D für Deutschland und das R für restricted.
Marco erzählt mir, dass der Rundflug über Berlin die meistgebuchte Route ist. Er ist aber auch schon mal mit Gästen an die Ostsee geflogen oder nach Dresden. Neben dem Vorteil der Kostenteilung bietet er auch gern Flüge an, weil er nicht allein fliegen muss. Er habe auch noch keine wirklich unangenehmen Situationen erlebt. Nur einmal hätte sich jemand erbrechen müssen. «Wenn die Leute unsympathisch sind, ist Schweigen eine Lösung».
Wingly will expandieren
Berlin sieht aus der Luft friedlich und unbewohnt aus, Menschen sind aus unserer Höhe nicht wahrnehmbar. Es geht weiter über Berlin. Spree, Fernsehturm und vorbei am zweiten geschlossenen Berliner Flughafen: Tempelhofer. Schließlich nehmen wir wieder Kurs auf den Flugplatz Schönhagen.
Wingly kann man an vielen Flugplätzen in Deutschland buchen. Das nächste Ziel ist die Expansion in neue Märkte. Neben Frankreich und Deutschland ist Wingly noch in Großbritannien aktiv. Wingly will das Angebot in weiteren europäischen Ländern anbieten. Ein weiteres Ziel ist die Förderung von Flügen mit 100 Prozent Elektroantrieb.
Elektro-Flüge auf der Agenda
Marco kündigt unsere Landung beim Tower in Schönhagen an. Unser Rundflug über Berlin geht nach rund 60 Minuten in der Luft zu Ende. Am Boden rollen wir zurück zum Hangar. Marco muss das Flugzeug für den nächsten Flug vorbereiten. Es war ein großartiger Flug. Der Wind ist weiter stark, als ich den Flugplatz wieder durch das kleine Gartentor verlasse.
In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie weitere Bilder des Fluges. Ein Klick aufs Foto öffnet die Galerie im Großformat.