Russischer Jet
Hat die MS-21 Chancen gegen A320 Neo und 737 Max?
Der russische Hersteller Irkut will die MS-21 ab 2021 in Serie bauen. Laut einer Analyse hat das Flugzeug durchaus Potenzial, Airbus und Boeing ernsthaft Konkurrenz zu machen.
MS-21-300: Hält der russische Jet, was er verspricht?
MS-21-300: Hält der russische Jet, was er verspricht?
Die MS-21 hat Verspätung: 2016 visierte der russische Flugzeugbauer Irkut noch Ende 2018 für die erste Auslieferung an. Mittlerweile hat er sie auf frühestens 2021 vertagt. Dann soll nämlich erst die Serienproduktion des neuen Flugzeugs starten, wie Russlands stellvertretender Ministerpräsident Yuri Borisov diese Woche erklärte. Die Zertifizierung soll demnach 2020 erfolgen, so der Politiker laut der Nachrichtenagentur Tass.
Die Irkut MS-21 wird es in mindestens zwei Versionen geben: Die MS-21-200 mit 132 bis 165 Plätzen und die MS-21-300 mit 163 bis 211 Sitzen. Pläne für den Bau einer MS-21-400 mit Platz für bis zu 250 Passagiere liegen auf Eis. Der Fokus von Irkut liegt zurzeit auf der MS-21-300, die im Mai 2017 ihren Jungfernflug absolvierte. 2022 könne man schon mehr als 70 MS-21 jährlich bauen, so Borisov. Doch wie sind die Chancen für das neue russische Flugzeugmodell, sich international am Markt durchzusetzen? Das hat die Luftfahrt-Analysefirma Air Insight untersucht.
Lob für fortschrittliche Technik
Die Analysten sehen viele Argumente für einen Erfolg des Fliegers. So stehe mit der MS-21-300 der Boeing 737 Max 8 und dem Airbus A320 Neo ein komplett neues Flugzeug gegenüber, während die westlichen Jets lediglich neue Varianten eines 51 Jahren alten und eines 21 Jahre alten Modells sind. So könne Irkut durch die grundsätzlich neue Planung etwa mehr Verbundwerkstoffe nutzen als die Konkurrenten. Die Untersuchung ergibt auch, dass der russische Jet niedrigere direkte Betriebskosten haben dürfte. Bei der maximalen Reichweite komme das russische Flugzeug zwar nicht an die Konkurrenz heran. Sie sei mit bis zu 6350 Kilometern aber dennoch für viele Kurz- bis Mittelstreckenrouten geeinigt.
Weiter loben die Experten: «Das Flugzeug verfügt über fortschrittliche Technologie, einschließlich Triebwerken der neuesten Generation, Materialen der neuesten Generation, inklusive komplett aus Verbundwerkstoffen hergestellten Tragflächen und einem Aluminum-Lithium-Rumpf.» Dazu kämen neueste Systeme im Cockpit wie etwa aktive Sidesticks sowie eine fortschrittliche Avionik, so Air Insight.
Bis zu 1000 Auslieferungen denkbar
Die MS-21 soll mit zwei Triebwerkstypen erhältlich sein: dem Pratt & Whitney 1400G und dem russischen Aviadvigatel PD-14, das noch in der Entwicklung ist. Gerade die Pratt & Whitney-Option kombiniert mit fortschrittlichen Materialen mache «die MS-21-300 zu einem starken potenziellen Konkurrenten für Airbus und Boeing», heißt es.
All das hängt natürlich davon ab, ob der Jet wirklich die angekündigte Leistung liefert. «Wenn das Flugzeug zuverlässig funktioniert und leicht gewartet werden kann, erwarten wir, dass es ein Markterfolg wird», schreibt Air Insight. Man prognostiziere für diesen Fall bis zu 1000 Auslieferungen über einen Zeitraum von 20 Jahren.
Ersatzteilversorgung muss funktionieren
Als Hürde sehen die Analysten den schlechten Ruf russischer Flugzeuge im Westen, vor allem bei Wartung und Ersatzteilversorgung. Entsprechende Probleme beim Superjet 100 hätten ihren Teil dazu beigetragen. Irkut werde ein besseres Service-Netzwerk brauchen, um die Verfügbarkeit von Ersatzteilen und technischer Expertise zu gewährleisten. Auch geopolitische Faktoren wie Russlands Rolle in der Ukraine und Syrien könnten negativen Einfluss auf die Verkäufe haben. Dazu gehören auch westliche Sanktionen.
Wohl vor diesem Hintergrund betonte Russlands stellvertretender Ministerpräsident Borisov nun auch, man könne auch komplett auf einheimische Triebwerke umsteigen. Dies sei jedoch kein Zeichen, dass man die Partnerschaft mit Pratt & Whitney in Frage stelle.
MS-21-200 schneidet schlechter ab
Weniger gut als die MS-21-300 beurteilen die Experten die MS-21-200. Gegenüber Airbus A220-300 und Embraer E195-E2 hinke die kleinere Variante des russischen Jets bei den Betriebskosten hinterher. Würde Irkut dagegen eine MS-21-400 bauen, traut Air Insight diesem Flieger zu, A321 Neo und Boeing 737 Max 9 und Max 10 Konkurrenz zu machen.