Entführung der Dash 8 von Horizon Air
Haben die Kontrollen in Seattle versagt?
Wie konnte der Flugzeugdiebstahl von Seattle nur passieren, fragen sich viele. Es war wohl Murphys Gesetz.
Ein Mann ohne Pilotenschein steigt einfach so in ein geparktes Passagierflugzeug und fliegt damit los – genau das ist am Seattle-Tacoma International Airport jetzt passiert. Seither fragen sich viele: Wie konnte es nur dazu kommen? Die Antwort ist denkbar einfach. Wer erst einmal auf dem Vorfeld eines Flughafens ist, der kann auch zu einem Flugzeug gelangen, es öffnen und starten.
Während Privatflugzeuge und gewisse Businessjets abgeschlossen werden können, haben Passagierflugzeuge nämlich keine Schlösser. Es braucht also keinen Schlüssel, um hinein zu gelangen. Es reicht, die Tür per Hebel zu entsperren. Auch das Cockpit ist nicht verschlossen.
Maximal gesicherte und überwachte Umgebung
Einerseits geht man davon aus, dass die Flieger sowieso in einer maximal gesicherten und überwachten Umgebung stehen. Andererseits könnte ein Zusperren mit Schlüssel in einem Notfall lebensgefährlich werden, wenn der Mechanismus versagt. Zündschlüssel gibt es in Passagierflugzeugen ebenso wenig. Wenn man etwas Vorwissen hat, ist man dann schon fast am Ziel. Es reicht, die Triebwerke quasi per Kopfdruck zu starten.
Die größte Barriere für Unbefugte taucht viel früher auf. Die Flughafen- und Airline-Mitarbeiter, die aufs Vorfeld dürfen, werden bei der Einstellung genau überprüft. Erst dann bekommen sie die Erlaubnis, sich den Flugzeugen zu nähern. «Wir sichern den Flugplatz und haben zugelassene Angestellte, die autorisiert sind, dort zu sein», fasste es Alaska-Air-Chef Brad Tilden nach dem Unglück zusammen.
Psychisch Kranke mitunter schwer zu erkennen
Haben der Flughafen Seattle und Alaska-Air-Tochter Horizon Air hier geschlampt? Nicht unbedingt. Dass es schwierig sein kann, Menschen mit psychologischen Störungen und suizidalen Tendenzen zu erkennen, zeigte nicht zuletzt das tragische Germanwings-Unglück. Bei Flug 4U9525 brachte der depressive Kopilot Andreas L. den Airbus A320 absichtlich zum Absturz, wie die Ermittler 2016 in ihrem Schlussbericht festhielten.
Oder versagten die Lotsen im Kontrollturm, weil sie das illegal startende Flugzeug mit dem Kennzeichen N449QX zu spät entdeckten? Richard R. schnappte sich die geparkte Bombardier Dash 8 Q400 vor einem abgelegenen Frachtterminal, drehte das Flugzeug selbst um 180 Grad und rollte dann zur Piste – ein Weg von wenigen hundert Metern. Die Lotsen forderten den selbst ernannten Piloten zwar auf, sich zu identifizieren. Doch der meldete sich nicht.
Nicht zu verhindern?
So schaffte es Richard R., in die Luft zu gelangen. Dort wurde er dann schnell von Kampfjets begleitet, um sicherzugehen, dass nicht etwa ein Terrorist mit dem entführten Flugzeug ein Attentat in der Stadt Seattle verübt. Insgesamt ist ein Fall eingetreten, den man bisher nicht für möglich gehalten hat – und der wohl nie ganz zu verhindern sein wird.
Die Ereignisse folgten wohl Murphys Gesetz: Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.