Letzte Aktualisierung: um 16:29 Uhr

Auch Automatik braucht Piloten

«Landen Piloten überhaupt noch selbst, oder erledigt auch das in den meisten Fällen der Autopilot?», fragt Leser Bastian Bröger. Ein Linienpilot antwortet.

Ich würde behaupten, dass über 90 Prozent aller Anflüge und Landungen von Hand erfolgen. Das heißt, dass fünf bis zehn Minuten vor der Landung der Autopilot ausgeschaltet wird. Die Instrumente unterstützen unsere Steuer-Inputs zwar noch. Dieses Fliegen ist aber nichts anderes als am Steuer eines Kleinflugzeugs. Und bei «visual Approaches», also Anflug nur nach Sicht, fliegen wir dann wirklich nur noch nach unserem Auge – wie mit einem Gleitschirm. Dies ist zum Beispiel oft in Nizza, auf den griechischen Inseln der Fall. Wenn es der Verkehr erlaubt tun wir es auch auf anderen Flughäfen – oft zum Beispiel in Genf.

Obwohl wir die allermeisten Anflüge von Hand durchführen, sind die modernen Flugzeuge in der Lage, unter bestimmten Umständen auch selber zu landen. Dies machen wir, wenn beispielsweise eine dicke Nebelsuppe an einem eigentlich schönen Herbstmorgen für extrem schlechte Sicht sorgt. Dann können wir die Piste kaum sehen und müssen den Anflug von innen überwachen. Der Autopilot landet. Dafür braucht es aber einige Voraussetzungen: Der Flughafen muss mit den entsprechenden Instrumenten ausgerüstet sein. Bereits die Anflug- und Pistenlichter müssen anders sein als bei einer manuellen Landung (Cat 1). Die Flugzeuge am Boden müssen einen größeren Abstand zur Piste halten. Denn die elektronischen Landesysteme am Boden sind nun umso sensibler und dürfen keine störenden Signale von anderen Flugzeugen erhalten.

Komplizierte Vorbereitungen

Auch die Abstände zwischen den Flugzeugen in der Luft werden vergrößert. Dies kann zu Verspätungen führen. Die maximale zulässige Windgeschwindigkeit ist bei automatischen Landungen stark reduziert. Ruhiges Wetter ist gefragt. Und der technische Zustand des Flugzeuges muss einwandfrei sein. Sobald nur das kleinste Anzeichen einer technischen Unsicherheit besteht, muss der Anflug abgebrochen werden. Eine automatische Landung ist eben nicht einfacher als eine manuelle. Im Gegenteil: es müssen so viele Faktoren beachtet werden, dass die Vorbereitung zur Landung sogar komplizierter ist.

Ein Airbus zum Beispiel kann selber aufsetzen und den Schub zurücknehmen. Wenn er auf der Piste ist, kann er mit der Bugradsteuerung auch die Pistenmitte verteidigen. Schließlich können die Piloten bereits im Flug die automatische Bremsung aktivieren, womit das Flugzeug bei der Landung dann sogar bis zum Stillstand geführt wird. Ehrlich gesagt habe ich dies aber noch nie erlebt. Meistens übernimmt man die Kontrolle nach dem Aufsetzen.

[image2]Was Sie schon immer übers Fliegen wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten: Ein Pilot einer großen Fluglinie beantwortet exklusiv für aeroTELEGRAPH die Fragen der Leser. Er bleibt dabei anonym, um unabhängig antworten zu können. Schicken Sie uns einfach eine E-Mail an pilot@aerotelegraph.com. Jede Woche wird eine der eingesandten Fragen beantwortet. Dabei wird der Name des Einsenders veröffentlicht. Ein Recht auf Beantwortung besteht nicht.