Wenn das Fahrwerk nicht will
«Was kann man tun, wenn das Fahrwerk ausfällt, um eine Bauchlandung zu verhindern?», fragt Hans-Rudolf Koller. Ein Linienpilot antwortet.
Fahrwerk einer B747: Oft klappt es beim zweiten Versuch.
Fahrwerk einer B747: Oft klappt es beim zweiten Versuch.
Das Fahrwerk fahren wir ungefähr zwischen 15 und 8 Kilometer vor der Piste aus. Das sind etwa zwei bis vier Minuten vor dem Aufsetzen. Was passiert, wenn wir bei einem ganz normalen Flug das Fahrwerk ausfahren wollen und es klemmt? Glücklicherweise erlebte ich diese Situation noch nie. Aber selbst wenn – es wäre auch nicht gleich ein Grund zur Panik. Erstmal also ruhig bleiben. Wenn das Fahrwerk nicht all zu spät ausgefahren wird, so hat man noch Zeit für einen zweiten Versuch. Das bezeichnen wir als «recycle» des Fahrwerks. Wir ziehen in einem solchen Fall den Fahrwerkshebel wieder nach oben, warten eine Weile und versuchen es dann nochmals mit dem Ausfahren.
Bei den heutigen, modernen Flugzeugen sind es oft sogenannte «proximity switches» oder andere Schaltungen, die für einen kurzen Moment nicht richtig funktionieren. Nach einem erneuten Versuch funktioniert es dann meistens. Das machen wir ja auch zu Hause, wenn unser Computer nicht sofort angeht. Wir starten erst einmal neu. Und so machen wir Piloten das mit vielen Systemen – täglich.
Erst in eine Warteschlaufe
Falls das Problem nicht zu beheben ist, so bleibt uns noch das manuelle Ausfahren des Fahrwerks dank Gravitation, der Fachausdruck: «Landing Gear Gravity Extension». Dafür haben wir im Cockpit einen roten Hebel, den wir ausfahren und drehen müssen. Das Fahrwerk fällt dann regelrecht aus dem Schacht und verriegelt sich. Somit steht einer Landung nichts mehr im Weg.
Was Sie schon immer übers Fliegen wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten: Ein Pilot einer großen europäischen Fluglinie beantwortet exklusiv für aeroTELEGRAPH die Fragen der Leser. Er bleibt dabei anonym, um unabhängig antworten zu können. Schicken Sie uns einfach eine E-Mail an pilot@aerotelegraph.com. Unter den eingesandten Fragen werden die spannendsten jeweils auf aeroTELEGRAPH beantwortet. Dabei wird der Name des Einsenders veröffentlicht. Ein Recht auf Beantwortung besteht nicht.