Friedrichshafen
Fokker 50 und Sportflugzeug kommen sich gefährlich nahe
Eine Fokker 50 und eine Piper kamen sich vor zwei Jahren im Anflug auf Friedrichshafen in die Quere. Warum es beinahe zur Kollision kam, erklärt jetzt der Untersuchungsbericht.
Fokker 50 von VLM: Die Sonne blendete die Piloten.
Fokker 50 von VLM: Die Sonne blendete die Piloten.
Am 21. April 2016 bereiteten sich die Piloten von VLM-Flug VG322 von Berlin-Tegel nach Friedrichshafen gerade auf den Endanflug vor. Plötzlich meldete ihnen der Fluglotse einen kleinen Sportflieger auf derselben Höhe. Nur durch ein Ausweichmanöver gelang es der Cockpitbesatzung des Linienfluges rechtzeitig, ihre Fokker 50 samt den 33 Passagieren aus der misslichen Lage zu bringen.
Nachdem sich beide Flugzeuge noch um knapp 900 Meter verfehlten, konnten sie sicher in Friedrichshafen landen. Da die schweizerische Flugsicherung Skyguide den Anflug der VLM-Maschine im deutschen Grenzgebiet abwickelte, übernahm die schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle Sust die Ermittlungen. Sie stuft die Beinahe-Kollision als schweren Vorfall ein. Sie klärt in ihrem abschließenden Untersuchungsbericht, der jetzt veröffentlicht wurde, warum es fast zum Zusammenstoß kam.
Andere Frequenz
Als grundlegende Ursache nennen die Ermittler den Umstand, das beide Flugzeuge im selben Luftraum unterwegs waren, hierfür aber mit unterschiedlichen Lotsen Rücksprache halten mussten. Die Piloten der Fokker 50 navigierten im sogenannten Instrumentenflug und bekamen dabei von der Flugüberwachung präzise Anflugswege zur Landebahn. Die kleine Piper PA 28 war dagegen nach Sichtflug-Regeln unterwegs. Auch hierfür gab es eine Leitstelle, mit welcher der Pilot des einmotorigen Leichtflugzeuges in Kontakt stand und die Route zum Anflug absprechen musste. Diese funkte jedoch auf einer anderen Frequenz und musste die Sportmaschine ohne Rücksprache mit anderen Lotsen nach Friedrichshafen dirigieren.
Dass dies problematisch sein kann, zeigte sich schnell. Nachdem die Piper zu einer Rechtskurve aufgefordert wurde, drehte das Kleinflugzeug versehentlich auf die Linienmaschine zu. Da sich beide Flugzeuge zeitgleich auf rund 1200 Meter Höhe befanden, schlug bei den Lotsen das Anti-Kollisions-System Alarm. Auch an Bord der Fokker 50 sprach das sogenannte TCAS (Traffic Alert and Collision Avoidance System) eine Warnung an die Piloten aus. Da ein ungünstiger Sonnenstand der Crew einen Sichtkontakt zu dem kleinen Sportflugzeug erschwerte, gab nur das in Verkehrsflugzeugen vorgeschriebene Warnsystem den Flugzeugführern ein räumliches Bild der brenzligen Lage.
Ungewöhnliche Umstände
Unwissentlich darüber, wie der Kollege am anderen Radarschirm mit der gefährlichen Situation umgehen wird, befahl der Lotse der Fokker 50 ebenfalls, nach rechts abzudrehen um eine Katastrophe abzuwenden. Ungefähr 10 Sekunden nach dem Ausweichmanöver passierten sich die Flugzeuge im Abstand von circa 930 Metern. Der Höhenunterschied betrug dabei nur 30,5 Meter. Beide Flugzeuge setzten ihre Flüge fort und landeten ohne weitere Vorkommnisse in Friedrichshafen.
Dass sich Verkehrsflugzeuge und Sportflugzeuge in gemeinsamen Lufträumen nicht in die Quere kommen, ist auch in Friedrichshafen durch durchdachte Anflugswege sichergestellt. Dass sich die Fokker 50 und die Piper PA 28 trotzdem so nahe kamen, führen die Ermittler der Sust auf einen besonderen Umstand zurück: Da auf dem Flughafen Friedrichshafen zum Zeitpunkt des Unfalls der zweite Tag der Kleinflugzeug-Messe Aero stattfand, wurden kurzfristig die Anflugsrouten geändert, um das erhöhte Flugaufkommen besser stemmen zu können – auch der Pilot der betroffenen Piper war auf dem Weg zur Messe.
Neue Navigationskarten
Die Untersuchungsbehörde beklagt, dass die alternativen Routen der Kleinflugzeuge den Anflugsweg von Verkehrsmaschinen schneiden und somit Vorfälle wie bei VLM-Flug VG322 provozieren. In einer Sicherheitsempfehlung appelliert die SUST an die Veranstalter, die Navigationskarten anzupassen. Auch rät sie Skyguide, die Koordinierung zwischen ihren Fluglotsen und den Leitstellen nachzubessern.