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Rüdiger Franke, Flughafen Hahn

«Der Flughafen Hahn ist eine hervorragende Alternative zu anderen umliegenden Airports»

Vor einem Jahr kaufte Immobilienentwickler und Regionalflugplatzbetreiber Triwo den Flughafen Hahn. Im Interview spricht Geschäftsführer Rüdiger Franke über seine Pläne, die Abhängigkeit von Ryanair und den Namen des Airports.

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Was hat Triwo als neue Eigentümerin vorgefunden, als sie vor einem Jahr den Flughafen Hahn übernahm?
Rüdiger Franke*: Einen Flughafen mit Potenzial für Fracht- und Passagierverkehr und eine sehr motivierte Belegschaft.

Der Flughafen hat faktisch eine verlorene Dekade hinter sich. Es gab zwei geplatzte Verkäufe und einen Verkauf an einen schwachen Eigentümer. Wie wirkte sich das auf ihn aus?

Unabhängig von diesen Eigentumsgeschichten lief das Geschäft am Hahn immer positiv, weil der Markt stimmt. Allerdings wurden die Investitionen in die Infrastruktur vernachlässigt, das hat die Entwicklung des Flughafens gebremst.

Und wie war die Moral des Personals?
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren die turbulenten Zeiten am Hahn sicher nicht einfach. Aber lassen Sie mich eines sagen: Die Angestellten halten seit vielen Jahren zu ihrem Flughafen, sie leben den Flughafen Hahn und fühlen sich mit ihm verbunden. Das kann ich gar nicht hoch genug wertschätzen.

Was waren die ersten Maßnahmen, die Sie ergriffen haben?
Wie haben uns anfangs zunächst einen Überblick verschafft. Danach haben wir uns genau überlegt, was wir zuerst angehen wollen. Wir haben die Parksituation verbessert und kundenfreundliche Tarife und einfache Online-Buchungen geschaffen. Außerdem haben wir die Vorfeldfahrzeuge auf E-Mobilität umgestellt und den Fuhrpark für die Abfertigung erweitert. Dazu gehören zum Beispiel Schlepper und Fahrzeuge für Passagiere mit eingeschränkter Mobilität.

Auch baulich war der Flughafen nicht im besten Zustand. So war das Vorfeld mitunter so marode, dass Parkflächen nicht mehr genutzt werden konnten. Wie hat sich das ausgewirkt?
Die Abläufe und Expansionsmöglichkeiten der Airlines waren dadurch etwas eingeschränkt. Wir haben das aber kompensiert, mit viel Engagement der Mitarbeitenden und neuen Ideen zur Wegführung.

Wir strukturieren das Terminal um und haben bereits mit der Modernisierung begonnen.

Was unternehmen Sie weiter?

Wir lassen aktuell das Vorfeld modernisieren. Seit März 2024 erneuern Unternehmen aus der Hunsrück-Region einen 2,5 Hektar großen Bereich, das Vorfeld A. Zunächst hat die Baufirma die oberste Betonschicht entfernt, anschließend wird diese mit Beton wieder neu aufgebaut. Die neue Betonschicht wird dann wieder mindestens 20 Jahre halten und bietet sechs weitere Abstellpositionen. Der Flugbetrieb läuft während der Sanierung normal weiter und wird über das Vorfeld B abgewickelt.

Auch das Terminal entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. So gibt es kaum Läden und Restaurants und die Sicherheitskontrollen sind oft langsam. Was tun Sie dagegen?
Wir strukturieren das Terminal um und haben bereits mit der Modernisierung begonnen. Dazu gehören neue Gepäckbänder sowie neue Geschäfte, die zum Teil auch schon eröffnet haben. Auch die zentrale Toilettenanlage ist komplett saniert. Wir zentralisieren die Passagierkontrolle und vereinfachen die Prozesse. Im Winter erhalten wir vom Land Rheinland-Pfalz neue Kontrollgeräte mit Körperscannern. Dadurch werden die Abläufe am Flughafen Hahn deutlich verbessert und beschleunigt.

Der Flughafen Hahn schreibt operativ wieder schwarze Zahlen. Wann reicht es unter dem Strich für einen Reingewinn?

Wir sind weiterhin auf einem guten Weg. Aber bitte haben Sie Verständnis, dass ich zu Details und internen Zielen des Flughafens keine Angaben mache.

Triwo ist eine Immobiliengesellschaft. Gilt Ihr Interesse vor allem der Immobilienentwicklung auf dem Gelände?
Wir betrachten den Flughafen Hahn als ganzheitliches Projekt, das auf drei Säulen steht: Wir investieren in die Flughafeninfrastruktur, wollen weiteres Wachstum im Passagier- und Frachtverkehr erreichen und eine nachhaltige Immobilienentwicklung umsetzen.

Das zeigt uns, dass wir Dinge richtig machen und auf einem guten Weg sind.

Welche Rolle sehen Sie für den Flughafen in der Zukunft?
Ich sehe einen Flughafen, der wirtschaftlich gut dasteht, der Wachstumschancen und viel Potenzial hat – und zwar in den Geschäftsfeldern, die ich eben erwähnt habe. Der Flughafen Hahn bietet viele Optionen und ist eine hervorragende Alternative zu anderen umliegenden Airports in der Region, aber auch in Europa. Wir haben zum Beispiel eine unbeschränkte 24-Stunden-Betriebsgenehmigung und keine Restriktionen, was Slots angeht.

Aber gibt es in Deutschland nicht sowieso schon zu viele Regionalflughäfen?

Ich kenne die Diskussion. Kleinere und mittlere Flughäfen spielen in Deutschland eine wichtige Rolle. Sie erfüllen eine Daseinsvorsorge, verbessern die Erreichbarkeit für Touristen und Luftfahrtgüter, erhöhen den Bekanntheitsgrad einer Region und sind wichtige Wirtschaftsfaktoren in der Region. Am Flughafen Hahn haben wir beispielsweise im vergangenen Jahr 50 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Und sie übernehmen immer öfter Funktionen der großen Flughäfen, die nach und nach an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen und nur unter sehr erschwerten Bedingungen – wenn überhaupt – ausgebaut werden können.

Aber in der Nähe liegen auch die Flughäfen Frankfurt, Luxemburg, Köln, Saarbrücken, Karlsruhe oder auch Stuttgart. Kann man da überhaupt bestehen?

Mit dem Konzept, das wir am Flughafen Hahn haben, können wir mithalten und es gibt ein Verkehrsbedürfnis beim Passagier- und Cargobetrieb, das nur wir erfüllen können. Wir haben die Vorteile eines 24-Stunden-Betriebs oder auch die kurzen Wege einer schnellen Abfertigung. Die geografische Lage im Herzen des Wirtschaftsraumes der sogenannten Blauen Banane ist ein weiterer Punkt, von dem der Flughafen Hahn profitiert: Mit dem Lkw lassen sich Waren beispielsweise innerhalb kurzer Zeit nach ganz Mittel- und Zentraleuropa transportieren.

Sie haben 2023 1,7 Millionen Passagiere empfangen. Wir viele werden es 2024 sein?

Die 1,7 Millionen Passagiere 2023 entsprechen einem Plus von über 21 Prozent im Vergleich zu 2022. Das zeigt uns, dass wir Dinge richtig machen und auf einem guten Weg sind. Wir wollen den Aufwärtstrend fortsetzen und peilen in diesem Jahr die Zwei-Millionen-Marke an. Der aktuelle Sommerflugplan wird von den Passagieren gut angenommen. Außerdem hat Ryanair seit Ende Mai eine dritte Maschine bei uns stationiert. Das gibt uns natürlich einen Schub, genau wie die Sonderflüge anlässlich der Fußball-EM hier in Deutschland.


Start einer Boeing 747 von Atlas Air am Flughafen Hahn. Bild: Flughafen Hahn

Im Höhepunkt zählte der Flughafen fast vier Millionen Reisende. Werden Sie das je wieder erreichen?
Sie haben Recht, 2007 oder auch 2008 waren es fast vier Millionen Passagiere am Flughafen Hahn. Wir wollen aber nicht in der Vergangenheit leben, sondern uns auf die Zukunft konzentrieren. Unsere aktuellen Passagierzahlen sind gut und wir arbeiten hart daran, diese weiter zu steigern. Auch der Ausblick des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft BDL stimmt uns für das restliche Jahr sehr positiv. Laut BDL liegt das Sitzplatzangebot ab Hahn von Juni bis November bei 600.000. Das sind 13 Prozent mehr, verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2019 – also dem Vor-Corona-Niveau – sind es sogar plus 142 Prozent.

Der Flughafen ist faktisch von Ryanair abhängig. Sie haben da ein ziemliches Klumpenrisiko …

Wir erfüllen das Reisebedürfnis der Passagiere, die günstig parken und schnelle Wege in den Urlaub oder zu ihren Reisezielen möchten. Das Wachstum ist – nicht nur am Hahn – durch die Airlines getrieben, die diese Wünsche mit günstigen Ticketpreisen ergänzen. Ryanair ist für uns ein treuer und verlässlicher Partner, das hat auch die Stationierung der dritten Maschine erneut bewiesen. Seit 25 Jahren arbeiten wir sehr gut zusammen, erst im April haben wir mit Ryanair zusammen dieses Jubiläum gefeiert. Der Flughafen Hahn passt einfach sehr gut ins Konzept einer Ryanair.

Was unternehmen Sie gegen dieses Klumpenrisiko?

Ich kann mich nur wiederholen: Wir arbeiten schon sehr lange und sehr gut mit Ryanair zusammen. Die Airline wird auch in Zukunft ein starker Partner des Flughafens Hahn bleiben. Aber auch andere Fluglinien, wie zum Beispiel Wizz Air, Air Serbia, Trade Air oder Fly One bieten viele attraktive Ziele ab Hahn an. Wir arbeiten immer hart, um unseren Passagieren eine tolle Auswahl an Destinationen anbieten zu können. Dafür befinden wir uns auch ständig im Austausch mit Fluggesellschaften und Reiseanbietern.

Die anderen Airlines haben meist nur wenige Strecken im Angebot. Weshalb?

Die jeweiligen Fluggesellschaften entscheiden selbst, wohin und wie oft sie bestimmte Verbindungen fliegen. Wir sind als Flughafen natürlich immer für neue Ziele und Strecken offen.

Im benachbarten Ausland geht es unbürokratischer zu.

Wie groß ist eigentlich Ihr Einzugsgebiet?

Der größte Teil der Passagiere kommt aus Rheinland-Pfalz, Hessen, dem Saarland, Baden-Württemberg und Luxemburg. Pauschal kann man sagen, das Haupteinzugsgebiet liegt 200 Kilometer rund um den Flughafen.

Die Verkehrsanbindung ist mittelmäßig – es fehlt ein Bahnanschluss. Gibt es da Pläne, das zu ändern?
Die Anbindung des Flughafens ist mit Autobahn und der mehrstreifigen Bundesstraße sehr gut. Es gibt außerdem stündlich Busverkehre in alle Richtungen, vor allem von und nach Frankfurt am Main Hauptbahnhof und zum Terminal 1 des Frankfurter Flughafens. Ein Bahnanschluss wäre willkommen, die Umsetzung können wir als Flughafen aber nicht beeinflussen.

Bei der Fracht liegen Sie mit 150.000 Tonnen noch deutlich unter 2019. Weshalb?

Wir sind immer noch an dritter Stelle nach Frankfurt am Main und Köln/Bonn, wenn Sie bei anderen Flughäfen Kurier- und Expresssendungen herausnehmen. Das Luftfahrt-Bundesamt hat zahlreiche Frachtflüge in ganz Deutschland nach dem Ende der Corona-Pandemie nicht mehr genehmigt. Das hängt mit dem Luftverkehrsabkommen zwischen Deutschland und anderen Ländern zusammen. Ein weiterer Grund ist, dass wir, wie andere deutsche Flughäfen auch, mit den Rahmenbedingungen hierzulande zu kämpfen haben. Im benachbarten Ausland geht es beispielsweise unbürokratischer zu, was Standorte wie zum Beispiel die Benelux-Staaten für Cargo-Airlines sehr viel attraktiver macht. Wir sehen bis Ende des Jahres und im kommenden Jahr grundsätzlich Möglichkeiten und Nachfrage, diesen Rückgang wieder aufzuholen.

Wo sehen Sie das Potenzial?
Das Potenzial liegt in der Nachbarschaft zu naheliegenden Ländern, aber auch zur Cargo City Süd und der umliegenden Industrie. Ein weiteres Feld ist das Frachtsegment des E-Commerce. Das Thema betreiben wir gerade aktiv mit unseren Behörden und Partnern vor Ort.

Der Flughafen Hahn erfährt eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.

Wie wichtig ist der 24-Stunden-Betrieb für Sie?
Sehr wichtig. Der 24-Stunden-Betrieb ist definitiv einer der großen Vorteile unseres Standortes und ein wichtiger Punkt, der uns für Kunden in der näheren und weiteren Umgebung, aber auch in aller Welt interessant macht.

Aber es gibt doch auch eine Opposition gegen den Nachtflugbetrieb …

Wie bei vielen Themen gibt es in unserer Gesellschaft verschiedene Standpunkte, und das ist auch gut so in einer funktionierenden Demokratie. Der Betrieb von Flughäfen ist generell ein Thema, zu dem es unterschiedliche Meinungen gibt. Bei uns gibt es beispielsweise auch den Verein Bürger für Hahn, der sich für den Airport einsetzt. Unabhängig davon erfährt der Flughafen Hahn eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.

Sie treten inzwischen als Hahn Airport auf. Das Frankfurt ist verschwunden. Bleibt das so?
Im Markt sind wir bekannt als Flughafen Frankfurt-Hahn. Diesen Begriff verwenden unsere Kundinnen und Kunden, weil sie damit eine geografische Zuordnung verbinden. Die offizielle Bezeichnung des Unternehmens ist Triwo Hahn Airport. Die Triwo hat als Eigentümerin beschlossen, nach der Übernahme dem Flughafen auch nach außen hin einen neuen Anstrich zu geben. Damit klar wird: Hier ist jemand neues am Start nach all den turbulenten Jahren.

Früher trat der Flughafen auch mal als Rhein-Mosel Airport auf. Wäre das eine Idee?
(schmunzelt): Ein netter Gedanke, so hieß der Flughafen, als es damals mit der zivilen Nutzung losging. Ich denke, das wird dem internationalen Charakter, den wir haben, aber nicht wirklich gerecht. Unsere Kunden und Passagiere kennen den Flughafen einfach als Hahn und bezeichnen ihn auch so. Denken Sie an Asien, Amerika und weitere Interkontinentalziele, die wir bei der Fracht haben. Wir bleiben also lieber bei Triwo Hahn Airport im Großraum Frankfurt.

* Rüdiger Franke (60) ist seit 2023 Geschäftsführer des Triwo Hahn Airport. Zuvor arbeitete der studierte Bauingenieur als Technischer Leiter des Baden Airparks und Geschäftsführer des Flughafens Zweibrücken. Nochmals zuvor hatte er verschiedene Ausbauprojekte an Flughäfen in Deutschland und Österreich begleitet. Vor seinem Amtsanritt beim Hahn Airport war er als Unternehmensberater im Bereich Flughafenmanagement tätig.