Letzte Aktualisierung: um 22:48 Uhr

Unbeliebter Vierstrahler

Airline setzt ganz auf A340-Frachter

Firmen bieten den Umbau von Airbus A340 zu Frachtern an. Kunden fanden sie bisher nicht. Dennoch sieht ein britisches Unternehmen eine große Zukunft für den altgedienten Vierstrahler.

Die Meldung ließ Raum für Spekulationen. Vergangene Woche verkündete Spicejet in einer spärlichen Mitteilung, die Flotte ihres Frachtableger Spice Xpress um einen Airbus A340 zu erweitern. Wegen der vier Triebwerke wird das Modell bei anderen Fluglinien gerade beschleunigt gegen sparsamere Zweistrahler ausgewechselt oder ganz ausgemustert. Als richtige Frachter werden A340 bislang nicht eingesetzt.

Stieß Spicejet somit den ersten Umbau einen Airbus A340 vom Passagier- zum Frachtflugzeug an? Wie sich jetzt herausstellte, tat die Airline dies nicht. Am Donnerstag (22. August) ließ Spicejet ihren A340 erstmals Luftfracht von Amsterdam nach Mumbai fliegen, berichtet die Zeitung Hindustan Times. Das Flugzeug stammt von Hi Fly Malta und ist ein Hilfsfrachter.

Provisorischer Frachtraum

Wahrscheinlich ist, dass Hi Fly den A340 samt Crew im Auftrag von Spicejet betreibt. Die indische Fluglinie würde sich somit ersparen, Piloten auf das bisher fremde Modell umzuschulen. Das 22 Jahre alte Flugzeug mit dem maltesischen Kennzeichen 9H-JAI flog einst bei Singapore Airlines sowie Emirates und wurde bei der jetzigen Besitzerin zu einem Hilfsfrachter umgebaut.

Dabei wurden im Passagierdeck die Sitze entfernt, um zusätzlichen Frachtraum zu schaffen. Diese Lösung ist ein Provisorium. Schwere Fracht kann in auch in leer geräumten Passagierkabinen nicht geladen werden.

Wartungsunternehmen will zur Airline werden

Aktuelle Bilder zeigen, dass bei der ganz in weiß gehaltenen 9H-JAI eine große Ladetür zur Passagierkabine fehlt. Zusätzlich zu verstärkten Böden mit speziellen Rollsystemen ist dies notwendig, um in der Luftfracht gängige Container laden zu können. Nachrüsten lassen sie diese Dinge problemlos.

Bereits seit Jahren gibt es solche Angebote von Umbauspezialisten auch für Airbus A340. Kunden ließen sich dafür jedoch nicht finden. Selbst auf dem Gebrauchtmarkt hat der A340 das Nachsehen gegenüber zweistrahligen Langstreckenfliegern oder der bei Frachtairlines weit verbreiteten Boeing 747.

Flotte von bis zu zehn A340 geplant

Eine Tür in Richtung Umbaufrachter öffnet sich für den A340 aber derzeit im Vereinigten Königreich. European Aviation plant, noch in diesem Jahr eine Frachtgesellschaft mit bis zu zehn der Airbus-Vierstrahlern  aufzubauen. Das Unternehmen wurde zu einem Händler von Gebrauchtflugzeugen, seit die Finanzkrise 2008 für eine Ausmusterung vieler Passagierflugzeuge sorgte.

Auch gehören Frachterumbauten in das Repertoire von European Aviation. In der Corona-Krise wurde die Firma mit Frachtflügen mit fünf Airbus A340-600 tätig, die sie seit 2019 von Virgin Atlantic und Etihad aufkaufte. Für den britische Gesundheitsdienst NHS transportierte European Aviation auf über 40 Flügen medizinische Güter, berichtet das Portal Air Cargo News.

«Fantastische Reichweite»

Möglich machte dies ein Luftverkehrsbetreiberzeugnis (Englisch: Air Operator Certificate oder kurz AOC), das European Aviation auf Malta besitzt. Als Hilfsfrachter darf die Airline ihre A340-600 mittels einer Übergangserlaubnis einsetzten. Paul Stoddart, Gründer von European Aviation, hofft, ein dauerhaftes Zertifikat bis Ende September zu bekommen.

Einen richtigen Umbau sollen auch die A340 von European Aviation nicht bekommen. Doch für das Unternehmen erscheint auch der Einsatz als Hilfsfrachter lukrativ, der nur im unteren Frachtraum schwer beladen werden kann. «Die A340-600 hat eine fantastische Reichweite. Sie können große Lasten befördern, solange Sie mit dem, was Sie nach oben bringen, vernünftig umgehen», sagt Stoddart.

E-Commerce als Ausweg

Der derzeitige tiefe Ölpreis soll den Nachteil des hohen Kerosinverbrauchs schmälern. Mit mobilen Rollbahnen, die sich innerhalb der Flugzeuge aufstellen lassen, sollen Ladezeiten auch in den ausgeleerten Passagierkabinen kurz sein. Stoddart geht davon aus, dass Frachtflüge für medizinische Güter aufgrund der Corona-Krise noch bis mindestens 2021 sehr gefragt bleiben.

Über diese Zeit hinaus kann sich Stoddart vorstellen, beim Transport von Waren von Onlinehändlern einzusteigen. Ähnlich Atemschutzmasken oder Schutzanzügen ist diese Fracht relativ leicht. Eine hohe Auslastung der oberen A340-Kabine scheint nicht abwegig.

Umbau günstig zu haben

«Auch nach [der Covid-19-Pandemie] wird das Online-Shopping nicht verschwinden, und die Nachfrage wird immer noch da sein», so der Manager. Ob Stoddart richtig liegt, kann derzeit niemand wissen. Sollte dem Briten danach sein, sich mit richtigen Frachtern unter Cargoairlines zu mischen, kann er seine A340-Flotte praktischerweise im eigenen Hause umbauen lassen.