Zehn Jahre People's
«Es gibt derzeit nichts zu feiern»
Vor zehn Jahren startete People's. Feiern möchte die österreichische Regionalairline das Jubiläum nicht. Zu schwierig ist die Lage in der Corona-Krise.
Embraer E170 von People’s: Zu Beginn trug die Airline noch den Zusatz Viennaline.
Embraer E170 von People’s: Zu Beginn trug die Airline noch den Zusatz Viennaline.
Markus Kopf ist gelungen, was nur wenige für möglich hielten. Der Selfmade-Millionär betreibt seit zehn Jahren eine österreichische Regionalairline. Dabei war das am Anfang gar nicht der Plan des Vorarlbergers.
Kopf investierte 2010 zuerst in den Schweizer Flughafen St. Gallen-Altenrhein, der an der österreichischen Grenze liegt. «Ein Flughafen ist eine Immobilie, es war also ein Immobilieninvestment. Damit sich die Rendite dieses Investments auf einem konstanten Niveau hält, war die Gründung einer eigenen Fluglinie notwendig», erzählte er einmal. Und so gründet er wenig später eine Fluglinie, damals noch unter dem Namen People’s Viennaline.
Start mit einer Embraer E170
Kopfs Ziel war es danach, den Platzhirsch Austrian Airlines aus dem profitablen Wien-Geschäft zu verdrängen, nachdem zuvor eine Kooperation auf der für die grenznahe österreichische Industrie so wichtigen Verbindung abgelehnt worden war. Der zuvor belächelte Geschäftsmann setzte seine Pläne innerhalb von nur sechs Monaten um.
Bei der Suche nach einem geeigneten Flugzeug fiel die Wahl auf eine fünf Jahre alte Embraer E170, die früher für Finnair geflogen war. Die nun im österreichischen Register eingetragene OE-LMK wurde für 19,3 Millionen Dollar erworben und in den Farben von People’s Viennaline lackiert.
Austrian Airlines verdrängt
Am 28. März 2011 hob die Embraer E170 vom Heimatflughafen St. Gallen Altenrhein zu ihrem Erstflug nach Wien ab. Nach rund zwei Jahren, auf denen sich People’s und Austrian Airlines auf der Wien-Route bekämpften, war der Sieger klar. Der Goliath gab auf. Am April 2013 hob zum letzten Mal eine De Havilland Canada Dash 8 von AUA in Altenrhein ab. People’s wurde Monopolist.
Bis 2015 erhöhte die Airline die Anzahl der täglichen Wien-Rotationen auf vier. Durch eine enge Zusammenarbeit mit en Reiseveranstaltern stieg die Passagierzahl auf 91.600. Der Erfolg machte Lust auf mehr. Im November 2016 startete People’s den Versuch, Linienflüge von St. Gallen-Altenrhein via Friedrichshafen nach Köln zu etablieren.
Voll auf Expansion
Zwar machte das Projekt mit dem kürzesten internationalen Linienflug der Welt Schlagzeilen. Wirtschaftlich erfolgreich war man damit jedoch nicht. Die Flüge wurden nach wenigen Monaten wieder eingestellt. Dem Expansionsdrang tat das keinen Abbruch. Bereits im Jahr darauf erfolgte ein Flottenzuwachs mit dem Ankauf einer baugleichen Embraer E170.
Mit der zweiten Maschine wollte Kopfs Fluglinie ursprünglich nicht nur die Strecke nach Köln betreiben, sondern auch das Engagement im Ferien- und Chartergeschäft verstärken. Lokale Reiseveranstalter setzen seit Jahren auf People’s, wie sich die Fluglinie seit 2018 nennt. Das Resultat: 130.000 Passagiere flogen nun bereits mit der österreichischen Airline – nicht mehr nur ab Altenrhein, sondern etwa auch ab Memmingen, Bern, Salzburg und Wien.
Zurück zu den Wurzeln
Als Folge schmiedete man noch größere Pläne. People’s wollte sich damals sogar eine neue Embraer E190-E2 zulegen. Mit drei Flugzeugen habe man vorübergehend eine Ersatzmaschine zur Verfügung, hieß es als Begründung. Doch im letzten Moment verzichtete die Führung darauf. Das Gegenteil passierte: People’s schrumpfte.
Unter dem neuen Geschäftsführer Thomas Krutzler wurde eine Neuausrichtung der Fluglinie beschlossen: «Das Augenmerk gilt zukünftig einzig und allein unserer Hauptverbindung nach Wien und den Urlaubsangeboten ab St. Gallen-Altenrhein», erklärte er. Die saisonalen Urlaubsflüge ab anderen Airports wurden gestrichen.
Voll in die Corona-Krise
Gerade noch rechtzeitig vor Ausbruch der Covid-19 Pandemie verkaufte People’s im Januar 2020 ihre zweite Embraer E170 an ein amerikanisches Leasingunternehmen, reduzierte das Charterflugprogramm und setzte ganz auf die bewährten Linienflüge nach Wien. Nach einem erzwungenen dreimonatigen Lockdown im vergangenen Frühjahr startete die Sommersaison 2020 erst am 15. Juni mit einem Flugprogramm auf Sparflamme.
Mit den zunehmenden Reisebeschränkungen zwischen Österreich und der Schweiz und der damit verbunden sinkenden Nachfrage, beschloss die People’s-Geschäftsführung, die Flüge nach Wien ab dem 21. Dezember 2020 ganz auszusetzen. Das blieben sie bis heute. – mit entsprechenden negativen Folgen für die Finanzen.
Mehr als 17.000 Flüge
Ab 12. April fliegt People’s wieder nach Wien – mit einem reduzierten Flugplan. Auf das Firmenjubiläum angesprochen, meint Krutzler nur kurz: «Anlässlich der aktuellen Situation gibt es derzeit nichts zu feiern». Immerhin könnte sie aber stolz sein. Die österreichische Fluglinie hat seit ihrem Start 17.344 Flügen absolviert und 827.049 Passagiere befördert. Und sie hat etwas geschafft, was viele für unmöglich hielten.