Letzte Aktualisierung: um 22:50 Uhr

Flugtest

Das bietet die Premium Economy von KLM

Auch KLM hat jetzt eine Premium Economy Class und nennt sie Premium Comfort. Der Name soll Programm sein. Hält sie, was versprochen wird? Wir haben es getestet.

1991 führte Eva Air als erste Fluggesellschaft der Welt eine Premium Economy an. Seither hat sich die Reisklasse zwischen Economy und Business auf Langstrecken etabliert. Fluggesellschaften bieten sie an, um ein Kundensegment bedienen zu können, dem die Preise der Business Class zu hoch sind, die aber dennoch bereit ist, für mehr Komfort etwas auszugeben.

Zusammen mit Emirates und Swiss gehört KLM in Sachen Premium Economy zu den Nachzüglern. Erst seit vergangener Woche hat die niederländische Nationalairline die Zwischenklasse im Angebot. Premium Comfort nennt sie diese. Und das soll auch der Anspruch sein. KLM will mehr bieten als die Konkurrenz.

Alle Boeing 777 und Boeing 787 von KLM bekommen die neue Klasse. Sie werden hauptsächlich auf Routen nach Nordamerika unterwegs sein. Tickets kosten in der Regel rund das Doppelte des Economy-Tarifs. Doch was kriegt man als Fluggast dabei geboten? Wir haben Premium Comfort von KLM auf einem Flug Ende August von Amsterdam nach New York getestet.


Das erste Flugzeug von KLM mit Premium Economy: Die Boeing 787-10 mit dem Kennzeichen PH-BKA. Bild: aeroTELEGRAPH

Buchung/Reservierung: ★★★★☆. Die Webseite der Fluggesellschaft ist sehr aufgeräumt. Alle für Reisende wichtigen Punkte findet man auf einen Blick. Auch ist die Reaktionszeit erträglich. Vor allem gefällt uns, dass anders als bei einigen Konkurrenten, die Verknüpfung mit der Partnerin Air France live und eng ist. Buchungen kann man bei beiden anschauen und anpassen. Was uns einzig stört, ist das doch etwas angestaubte Design.

Check-in/Einsteigen: ★★★★★. Der Premium-Economy-Passagier kann am Sky-Priority-Schalter einchecken, muss also weniger lange in der Schlange stehen, genauso kommt er in Amsterdam und an Flughäfen mit diesem Angebot schneller durch die Sicherheitskontrolle. Zudem kann er nicht nur mehr Gepäck mitnehmen, sondern auch früher einsteigen – nach den Business-Gästen.

Crew: ★★★★★. Niederländische Coolness gepaart mit Aufmerksamkeit und Professionalität, das kam bei uns sehr gut an. Wünsche blieben keine offen. Volle Punktzahl.

Kabinenausstattung: ★★★★☆. Für den Umbau baut KLM Sitze in der Holzklasse aus. Die Premium Economy beginnt bei KLM denn auch hinter der Business und vor der Economy Class. Sie ist durch eine Bordküche nach vorne und eine Trennwand nach hinten abgetrennt. Das sorgt für Privatsphäre und ein angenehmes Raumgefühl. Die Sitze sind in einer 2-3-2-Konfiguration eingebaut. Einziger Wermutstropfen ist, dass die Gäste der Premium Comfort die Toilette in der Economy Class benutzen und daher recht weit nach hinten laufen müssen.


Nach hinten ist die Premium-Economy-Kabine mit einer Trennwand abgeschlossen. Bei Start und Landung bleibt eine Luke darin zur Sicherheit offen. Bild: aeroTELEGRAPH

Sitz: ★★★★★. Hier punktet KLM voll. Der massive Sitz in der Premium Comfort bietet mit 38 Zoll oder 97 Zentimeter nicht nur einen großen Abstand zum Vordersitz, sondern ist auch deutlich breiter als in der Economy. Er ist auch noch nach sechs Stunden bequem. Er lässt sich 8 Zoll oder 20 Zentimeter weit zurückklappen und hat eine knickbare Kopfstütze, damit der Kopf beim Schlafen nicht zu sehr zur Seite fällt. Daneben bietet er auch eine Fußstütze und eine praktische Leselampe. Neben der Sitztasche gibt es im Vordersitz noch ein zweites kleines Ablagefach und noch ein größeres in der Stuhllehne. Insgesamt ist also reichlich Stauraum vorhanden. Der ausklappbare Tisch ist genügend groß für Essen und Getränke. Etwas nervig ist, dass er – klappt man ihn nicht ganz richtig aus, ohne es zu merken – absacken kann. Dafür bietet er ein nützliches Extra. Öffnet man ihn nur halb, bietet er einen Halter, an dem ein Tablet aufstellen kann. Das wird in Zeiten von Streaming beziehungsweise der Tendenz vieler Reisenden, ihre eigene Filmauswahl mitzunehmen, wirklich praktisch.

Sauberkeit: ★★★★★. Gründlich gereinigt wurde in unserer Boeing 787-10 alles; an der Sauberkeit ist absolut nichts auszusetzen.

Mahlzeiten: ★★★★☆. Zuerst wird ein Apéritif kredenzt. Wir entscheiden uns für einen Cava. Dazu bekommt man Nüsse. Während KLM sonst sehr aufs Design achtet, werden die in einer billig wirkenden Plastiktüte gereicht. Zur Vorspeise gibt es einen Salat mit Nüssen und gewürztem gegrilltem Hähnchen. Das schmeckt hervorragend. Daneben werden drei Sorten Käse serviert. Bei der Hauptspeise entschließen wir uns für ein Chicken Thom Kha Gai mit Jasmin-Reis, grünen Bohnen und frittierten Pilzen. Davon sind wir etwas enttäuscht. Vom thailändischen Original ist das Servierte doch ziemlich weit entfernt. Es fehlt an Würze und Konsistenz. Alternativ hätten wir eine kalte Speise (Farmer- und Kartoffelsalat mit marinierten Gemüsen) oder ein vegetarisches Menü (Beluga-Linsen mit Paprika, Zwiebeln, Zucchini und Spinat) wählen können. Zur Nachspeise wurde leckeres Waffeleis mit Tee oder Kaffee angeboten. Da konnten wir nicht widerstehen.

Ein Volltreffer war dann wiederum der vor der Landung servierte Salat mit geräucherten Mandeln, Rote Beete und eingelegten Tomaten. Serviert werden die Mahlzeiten in sehr stylischen, dunklen Kunststoff-Gefäßen. Das Besteck ist aus Stahl, die Gläser aus Glas. Premium-Economy-Reisenden steht eine breite Auswahl an nicht-alkoholischen und alkoholischen Getränken zur Verfügung.  Wir wählen zur Hauptspeise einen französischen Merlot (La Baume St. Paul). Nicht probiert haben wir den Espresso-Martini, den die Besatzung besonders empfahl.


Zur Nachspeise gab es Waffel-Eis. Bild: aeroTELEGRAPH

Unterhaltungssystem: ★★★★☆. Das Angebot an Filmen und Serien ist üppig. Rund 250 Kinostreifen stehen beispielsweise zur Verfügung, so auch die aktuellen Hits Top Gun – Maverick oder Uncharted. Was uns etwas fehlt, sind Klassiker oder internationale Studiofilme, die man auf einem langen Flug entdecken könnte. Konsumiert wird das Programm auf einem mit 13,3 Zoll großen und gegenüber der Economy Class rund drei Zoll größeren, berührungsempfindlichen Bildschirm. Der Fluggast bekommt in der Premium Comfort zudem einen qualitativ guten Kopfhörer mit Geräuschunterdrückung.

Wifi/Strom: ★★★★★. Am Sitz gibt es einen USB-A und einen USB-C-Anschluss sowie eine klassische Stromsteckdose. Also wirklich genug Möglichkeiten, um mehrere Geräte aufzuladen. Auch Wifi gibt es an Bord. Eine Stunde bekommt man kostenlos. Das Gratis-Paket reicht aus, um Textnachrichten zu versenden oder mit einem Messenger zu chatten. Wer im Internet surfen oder Bilder versenden will, muss ein Paket kaufen. Für den ganzen Flug kostet das 18 Euro. Das Verbinden ist sehr einfach. Die Verbindung auf unserem Testflug war gut, brach aber über dem Nordatlantik immer wieder ab. Das passiert bei allen Fluggesellschaften.


Neben USB- gibt es auch klassische Steckdosen am Vordersitz. Bild: aeroTELEGRAPH

Extras: ★★★★☆. Premium-Eco-Reisende bekommen bei KLM ein Amenity Kit, das vollständig aus recycelten Materialien besteht. Was uns besonders gefällt: Die Verpackung ist ein Säckchen aus wiederverwerteten Plastikflaschen. Das kann man nach der Reise beispielsweise als kleinen Wäschesack verwenden. Enthalten sind eine Zahnbürste aus Bambus, Zahnpasta-Bonbons, Ohrstöpsel, eine Schlafmaske und ein Mini-Kugelschreiber. Das ist Minimal-Standard.

Gesamtnote: 4,5 – Sehr gut
(Skala: Sehr gut = über 4,5, Gut = 3,7 bis 4,4, Befriedigend = 2,7 bis 3,6, Schlecht = 2,0 bis 2,6, Sehr schlecht = unter 2,0)

Fazit: Passagierinnen und Passagiere bekommen bei KLM in der neuen Premium Comfort deutlich mehr geboten als in der Economy Class. Die Ausstattung ist hochwertig, das Angebot qualitativ gut und die Zusatzdienste sind großzügig. Wer eine weite Strecke zurücklegen muss und bereit ist, für sein Ticket mehr zu bezahlen, der trifft mit KLM sicherlich eine gute Wahl.

Der Testflug verursachte 509 Kilogramm CO2. Wie bei allen Dienstreisen kompensierte aeroTELEGRAPH diese Emissionen durch die Unterstützung von Aufforstungsprojekten und des Kaufs von Biokerosin über den Kompensationsanbieter Compensaid.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie weiter Aufnahmen aus der Premium Comfort von KLM. Für große Bilder auf das erste Bild klicken.

Das Flugticket für diesen Test wurde von KLM zur Verfügung gestellt. Die Testenden von aeroTELEGRAPH hatten bei ihrem Urteil trotzdem freie Hand. Die Fluggesellschaft nahm weder Einfluss auf den Inhalt des Artikels noch stellte sie irgendwelche Bedingungen. Das würde dem Verhaltenskodex von aeroTELEGRAPH widersprechen.