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Neue Prognose

Emissionsziel kostet Luftfahrtbranche 480 Milliarden Euro mehr als gedacht

Die gute Nachricht: Das Netto-Null-Ziel ist bis 2050 noch erreichbar. Die schlechte: Es wird deutlich teurer. In zwei Aspekten hat die Luftfahrtbranche sich verschätzt.

Die Luftfahrtbranche hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Airlines, Flugzeughersteller und Zulieferer setzen auf eine Kombination verschiedener Maßnahmen: effizientere Flugzeuge, nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF), wasserstoffbetriebene Flugzeuge, elektrisches und hybrides Fliegen sowie verbesserte Flugrouten und -verfahren.

Vertreter von Airlines for Europe (A4E), dem Flughafenverband ACI Europe, ASD – dem Verband der europäischen Luft- und Raumfahrt-, Sicherheits- und Rüstungsindustrie – sowie Canso, dem Branchenverband der Flugsicherungsorganisationen, haben am 4. Februar eine aktualisierte Version ihres Netto-Null-Plans aus dem Jahr 2021 vorgestellt. Sie bekräftigen, dass das Ziel erreichbar sei – allerdings zu einem deutlich höheren Preis als ursprünglich angenommen. Die erwarteten Mehrkosten belaufen sich laut ihrer Prognose auf 480 Milliarden Euro.

SAF ist zu knapp und zu teuer

Hauptgrund für die Mehrkosten sind die steigenden Kosten für die Umstellung auf nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF). Das Problem ist die geringe Verfügbarkeit und der damit verbundene enorm hohe Preis. Vorteil von SAF ist, dass der Treibstoff in aktuellen Flugzeugtriebwerken verwendet werden kann.

Anders sieht es bei wasserstoffangetriebenen Flugzeugen aus. Diese Technik setzt die Entwicklung neuer Antriebe beziehungsweise ganz neuer Flugzeuge voraus. Und an dieser Stelle ist die Entwicklung langsamer, als von den Verbänden in ihrer Prognose von 2021 angenommen wurde. In ihrer ersten Prognose gingen die Branchenverbände noch davon aus, dass Wasserstoffantriebe 2050 rund 20 Prozent des Luftverkehrs ausmachen würden. In der aktualisierten Prognose wird dieser Anteil jedoch nur noch auf sechs Prozent geschätzt.

Kaum wasserstoffbetriebene Flugzeuge

Die Verzögerung liegt am geringeren Marktanteil wasserstoffbetriebener Flugzeuge und der späteren Einführung entsprechender Single-Aisle-Modelle. Airbus plant ein solches Flugzeug bis 2035, betont jedoch, dass Infrastrukturherausforderungen, insbesondere die Verfügbarkeit von erneuerbarem Wasserstoff, «langsamer als erwartet» verlaufen.

«Wasserstoffbetriebene Flugzeuge sind fast von der Landkarte verschwunden», sagte Carlos López de la Osa, Luftfahrtmanager beim europäischen Verband Transport & Environment (T&E), der Financial Times. Er fordert, dass Europa den Markt für emissionsfreie Flugzeuge zurückgewinnt – durch gezielte politische Maßnahmen und den Druck auf Hersteller, ihre Versprechen einzuhalten.

Unterstützung durch die Politik gefordert

«Die Kosten für die Umstellung auf den Netto-Nulltarif sind in die Höhe geschnellt. Wir als Luftfahrtindustrie können das einfach nicht alleine schaffen», sagte Olivier Jankovec, Verbandsdirektor Olivier Jankovec von ACI Europe und fordert Unterstützung von der Politik.

Die EU-Kommission muss ihre Anstrengungen verstärken, um die Bemühungen der Luftfahrtindustrie gezielt zu unterstützen, fordert Europas Flughafenverband. Dazu gehört, dass die Produktionskosten für SAF deutlich sinken müssen. Gleichzeitig sollen der Clean Industrial Deal und der Sustainable Transport Investment Plan (STIP) die strategische Bedeutung der Luftfahrt in Europa widerspiegeln.

Mehr Innovation

Zudem ist eine verstärkte Förderung von Forschung und Innovation notwendig – etwa durch Programme wie Clean Aviation, die neue Flugzeugtechnologien vorantreiben, oder SESAR, das Effizienzsteigerungen im Flugverkehrsmanagement ermöglicht.