United Airlines
Ellen Church, die erste Stewardess der Welt
Die Kabinencrew ist heutzutage meist weiblich. Das war nicht immer so. In den 30er-Jahren glaubten die Airlines, dass Frauen an Bord nichts machen könnten – bis Ellen Church kam.
Ellen Church: «Gut gebaut, Single, aus gutem Hause und mit tadellosem Charakter».
Ellen Church: «Gut gebaut, Single, aus gutem Hause und mit tadellosem Charakter».
Als überqualifiziert würde man Ellen Church heute wohl bezeichnen: Die Amerikanerin war ausgebildete Pilotin und Krankenschwester. Dennoch musste sie 1930 darum kämpfen, an Bord eines Flugzeugs arbeiten zu dürfen. Steve Stimpson, Manager des United-Airlines-Vorgängers Boeing Air Transport (BAT), wollte sie nicht als Pilotin anstellen.
Allerdings gefiel dem Manager die Idee, eine Krankenschwester an Bord seiner Maschinen zu haben, die nervösen Passagieren die Angst vorm Fliegen nimmt. «Glauben Sie nicht, dass es psychologisch gut wäre, Frauen in der Luft zu haben», hatte sie ihm ihren Vorschlag verkauft. «Wie könnte ein Mann dann sagen, dass er Angst vor dem Fliegen hat, wenn eine Frau im Flugzeug arbeitet?» So begann eine dreimonatige Testphase.
Frauen galten als zu zart fürs Fliegen
Church stellte eine siebenköpfige Gruppe von Flugbegleiterinnen zusammen. Die Kriterien für die Sky Girls: Single, jünger als 25 Jahre, weniger als 52 Kilo schwer und kleiner als 1,63 Meter. Ausgebildete Krankenschwestern sollten sie auch sein. Dabei hatten sie keine ausschließlich repräsentative Aufgabe an Bord – die Frauen sollten auch das Gepäck verladen, Getränke und Snacks servieren, Kaugummi für den Druckausgleich ausgeben und als Guide auf Wahrzeichen am Boden hinweisen. Und wenn nötig beim Tanken oder Manövrieren der Maschinen in die Hangars helfen.
Church und ihre Sky Girls waren nicht die ersten Flugbegleiter überhaupt. Bereits 1912 gab es an Bord des Zeppelin «Schwaben» einen – allerdings männlichen – Steward. 1920 führte die britische Imperial Airways die sogenannten Cabin Boys ein. Doch dass Frauen im Flieger nun eine Rolle übernahmen war eine Sensation. Sie galten als zu zart fürs Fliegen und mögliche Notfälle.
Gut gebaut, Single, guter Charakter
Am 15. Mai 1930 begleiteten Church und ihre Kolleginnen ihren ersten Flug. Er ging innerhalb von 20 Stunden – und mit 13 Stopps – von Oakland in Kalifornien nach Chicago. Und die weibliche Begleitung kam bei den Passagieren gut an. Viele Airlines folgten dem Beispiel von BAT. Als erste europäische Fluggesellschaft engagierte Swissair 1934 eine Frau, Lufthansa folgte 1938. Doch nicht nur Airlines setzten auf Frauen; auch in Zügen gab es plötzlich nicht nur männliche Stewards. Die Bahnmanager wollten so etwas Glamour der Luftfahrt auf die Gleise bringen.
Church hatte mit ihren Sky Girls Standards gesetzt. Bis zum Zweiten Weltkrieg mussten Flugbegleiterinnen ausgebildete Krankenschwestern sein. Dann allerdings wurden die Kriterien etwas gelockert – es gab nach Kriegsausbruch schlichtweg nicht mehr genug Krankenschwestern für die Luftfahrt. Die äußerlichen Anforderungen blieben aber bestehen. Noch in den 40er-Jahren forderten die Airlines von den Bewerberinnen: Gut gebaut, Single, aus gutem Hause und mit tadellosem Charakter.
Nach 18 Monaten war bei Ellen Church Schluss
Sollten die Stewardessen ein gewisses Alter erreichen oder heiraten, war das das Ende ihrer Karriere. Ellen Church musste aus einem anderen Grund vorzeitig aus dem Dienst ausscheiden: 18 Monate nach Dienstantritt hatte sie einen schweren Autounfall. Danach studierte sie erneut und diente während des Zweiten Weltkriegs als Krankenschwester in der Armee. Im Alter von 60 Jahren starb sie bei einem Reitunfall. Der Lokalflughafen in ihrer Heimatstadt Cresco, Iowa, wurde daraufhin nach ihr benannt.