Letzte Aktualisierung: um 20:35 Uhr

Flugtest

Das bietet die Business Class von Brussels Airlines

Eine Innovation, sehr persönlicher Service und mageres Amenity Kit: Brussels Airlines will den Gästen der Business Class ein «Boutique-Hotel in der Luft» bieten. Kann die Lufthansa-Tochter das Versprechen halten? Wir haben es getestet.

Die Belgier seien dafür bekannt, dass sie «die Kunst des Genießens von gutem Essen voll beherrschen». Dieses nationale Gefühl wolle man mit den Fluggästen teilen, erklärt Brussels Airlines. Ihre Business Class nennt sie deshalb ein «Boutique-Hotel in der Luft».

Kann Brussels Airlines das Versprechen halten? Wir haben die Business Class auf einem Flug mit einem Airbus A330 von Freetown nach Brüssel vergangenen November getestet.

Buchung/Reservierung: ★★★★☆. Wie schon bei unserem Test der Premium Economy stellten wir fest, dass die Webseite und die App von Brussels Airlines modern, gut strukturiert und frei von unnötigem Ballast sind. Die Nutzerführung ist klar und direkt. Die Sitzplatzreservierung und das Einchecken klappten problemlos. Negativ bleiben wie bei allen Lufthansa-Group-Websites die langen Ladezeiten und gewisse Fehlfunktionen.

Check-in/Einsteigen: ★★★★☆. Am Flughafen von Freetown steht Business-Gästen eine separate Schlange zur Verfügung, mit der man schneller zum Schalter kommt. Die Gäste können zwei Handgepäckstücke von je 8 Kilogramm sowie als Aufgabegepäck zwei Taschen oder Koffer von je 32 Kilogramm mitnehmen. Die Check-in-Angestellten waren sehr freundlich, kompetent und effizient. Nach fünf Minuten schritten wir deshalb bereits zur Grenzkontrolle. Danach steht den Gästen der Business Class die Sky Lounge auf der ersten Etage des Terminals zur Verfügung. Das Interieur und das Angebot sind vielleicht nicht ganz so wie an einem großen Flughafen in Europa. Doch der Service ist dafür sehr aufmerksam und freundlich, die Atmosphäre ist entspannt. Wir finden es bemerkenswert, dass Brussels Airlines auch in einem der ärmsten Länder der Welt ein derartiges Angebot zur Verfügung stellen kann. Business-Gäste steigen in Freetown zuerst ein, allerdings fährt man dann meistens mit dem gleichen Bus zum Flugzeug wie die anderen Fluggäste.


Das Check-in in Freetown. Bild: aeroTELEGRAPH

Crew: ★★★★★. Viele Fluggesellschaften versprechen zwar individuelle Betreuung, bei den meisten wird es dann aber doch nicht wirklich konsequent durchgezogen. Brussels Airlines ist das gelungen. Auf unserem Flug wurden wir von Start bis zur Landung von demselben Flugbegleiter bedient. Das finden wir großartig, da es nicht nur eine Bezugsperson, sondern auch ein konsistentes Erlebnis an Bord bringt. Unser Flugbegleiter war freundlich, humorvoll, charmant und meisterte seine Aufgabe bestens.

Kabinenausstattung: ★★★★★. Die 2019 neu eingeführte Business Class der Airbus A330 von Brussels Airlines weist 30 Plätze auf. Sie sind in einer 1-2-1-Konfiguration angeordnet, jeder Platz hat deshalb direkten Zugang zum Gang. Den Gästen steht im abgetrennten Abteil vorne und hinten je eine Toilette zur Verfügung. Die Einrichtung ist geschmackvoll in Grau-Graubeige (Mushroom) gehalten und wirkt modern, unaufdringlich und gediegen. Die Sitzpolster sind azurblau. Ein Alleinstellungsmerkmal hat Brussels Airlines mit der Selbstbedienungs-Stehbar für Business-Class-Gäste in der Bordküche hinter der Business Class. Dort kann man acht verschiedene belgische Biere und belgische Schokolade probieren. Das finden wir großartig – allerdings war sie auf unserem Flug wegen Turbulenzen geschlossen.


Eine echte Innovation ist die Selbstebedienungs-Stehbar. Bild: Brussels Airlines

Sitz: ★★★★★. Wir nahmen als überzeugte Fenstersitzer in der zweiten Reihe rechts auf 2 K Platz. Brussels Airlines setzt nicht wie andere Fluggesellschaften auf Suiten. Das stört uns keineswegs, weil das auch einengend wirken kann. Die Sitze der Belgier bieten dank Schalenkonstruktion und Seitenwand zudem reichlich Privatsphäre. Werden sie zum Bett umgebaut, sind sie zwei Meter lang und werden zum vollflachen Bett. Auch in der Breite hat man schlafend genügend Platz, was nicht bei allen Airlines gegeben ist. Vorhanden sind die Klassiker Leselampe und Flaschenhalter. Was uns besonders gefallen hat, ist der üppige Stauraum. So gibt es unter dem Bildschirm eine Lade für Dinge wie Mobiltelefon oder Brille, neben dem Sitz eine große Abstellfläche und ein großes Fach. Was fehlt, ist ein Schuhfach. Der Tisch, der aus der Seitenkonsole aufgeklappt wird, ist groß genug für Tablett, Besteck und mehrere Getränke. Er hält sich auch stabil.


Der Business-Sitz bietet viel Stauraum und auch genug Privatsphäre. Bild: aeroTELEGRAPH

Sauberkeit: ★★★★★. Hier haben wir nichts auszusetzen, alles befand sich beim Einsteigen in tadellosem Zustand.

Mahlzeiten: ★★★★☆. Vor dem Start wurde ein Champagner Duval-Leroy Cuvée Brut Réserve serviert. Wier sagten dazu nicht nein. Auf Reiseflughöhe gab es dann zuerst Cashew-Nüsse aus einer Tüte und ein Getränk nach Wahl. Wir entschieden uns für den Pouilly-Fumé Château Favray aus dem Jahr 2020, der uns ausgezeichnet schmeckte. Die Vorspeise ließen wir aus, da wir – ein Fehler – in der Lounge zwei Portionen Chips zu uns genommen hatten. Zur Auswahl standen Hähnchen mit Gemüse und Paprika-Coulis oder Reisnudelsalat mit Sesamöl, Koriander und roten Chillies. Serviert wird auf Porzellan mit richtigen Gläsern und richtigem Besteck – so wie das heute in einer Business Class auch sein muss.

Bei der Hauptmahlzeit hatten wir uns für die Polenta mit Champignons entscheiden – doch leider war die bereits aus. Als Ersatz wählten wir den Kabeljau mit Graupe und Paprika. Das mundete gut. Dazu tranken wir ein Glas roten Château Baret von 2016.  Zum Dessert gab es Fruchtsalat, Schoko-Trüffelkuchen und Pralinen – Sie ahnen es – aus belgischer Schokolade. Alternativ oder zusätzlich hätte man auch belgischen Käse versuchen können. Vor der Landung in Brüssel schließlich wurde ein reichhaltiges kontinentales Frühstück mit Croissant, warmen Brötchen, Joghurt  mit Knusperflocken, frische Grapefruit, ein Heißgetränk und Fruchtsaft serviert.

Das Essens- und Getränkeangebot fanden wir insgesamt wirklich gut, ganz zur Höchstnote reichte es dann aber doch nicht, weil es da und dort etwas an Raffinesse fehlte.


Das Frühstück. Bild: aeroTELEGRAPH

Unterhaltungssystem: ★★★☆☆. Brussels Airlines bietet neben TV-Serien und Dokumentarfilmen eine gute, aber nicht üppige Auswahl an Filmen, von Klassikern bis zu aktuellen Streifen. Auch nationales Schaffen ist zu finden. Wir hätten gerne einen belgischen Film geschaut, weil wir gerne Neues entdecken, doch leider gab es weder beim wallonischen noch beim flämischen Film Untertitel, auch keine Englischen. Die Serienauswahl ist dagegen eher dürftig. Der Bildschirm in der Business Class hat eine Diagonale von 15,6 Zoll und ist berührungssensitiv. Für die Tonspur bekommt man qualitativ hochstehende, geräuschunterdrückende Kopfhörer.

Wifi/Strom: ★★★☆☆. Brussels Airlines bietet (noch) kein Wifi an. Während wir das in der Economy und Premium Economy akzeptabel finden, gehört das Angebot für uns heute in der Business Class, wo Menschen arbeiten wollen, einfach dazu. Das gibt deutlichen Abzug. Eine Steckdose und eine USB-Buchse zum Laden von Geräten sind vorhanden.

Extras: ★★★★☆. Beim Einsteigen liegen eine dicke Decke und ein großes Kissen bereits bereit. Eine Unterlage gibt es bei Brussels Airlines nicht. Business-Reisende bekommen ein Amenity-Kit, dessen Inhalt eher spartanisch ist. Enthalten sind die Klassiker Zahnpasta und -bürste, Schlafbrille, Socken, Handcreme, Lippenbalsam und ein Stift. Ohrstöpsel fehlten (zumindest bei uns). Hier bieten Konkurrenten inzwischen mehr. Verpackt ist das Ganze in einem simplen Beutel ohne Designansprüche. Das ist etwas enttäuschend. Allerdings hat er einen Vorteil: Der Beutel ist genug groß, damit man ihn auch wieder einmal als Wochenend-Kulturbeutel verwenden kann.

Gesamtnote: 4,2 – Gut
(Skala: Sehr gut = über 4,5, Gut = 3,7 bis 4,4, Befriedigend = 2,7 bis 3,6, Schlecht = 2,0 bis 2,6, Sehr schlecht = unter 2,0)

Fazit: Die Business Class von Brussels Airlines kann locker mit der der größeren Konkurrenten mithalten. Sie überraschte uns mit einem sehr guten Service und kleinen, feinen Details. Vor allem, wer zu weniger bekannten Zielen in Afrika fliegen will, der findet hier sicherlich ein attraktives Angebot, sofern auch der Preis stimmt.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie weitere Bilder aus der Business Class von Brussels Airlines.

Der Testflug verursachte 658 Kilogramm CO2. Wie bei allen Dienstreisen kompensierte aeroTELEGRAPH diese Emissionen durch die Unterstützung von Aufforstungsprojekten und des Kaufs von Biokerosin über den Kompensationsanbieter Compensaid.

Das Flugticket für diesen Test wurde von Brussels Airlines zur Verfügung gestellt. Die Tester von aeroTELEGRAPH hatten bei ihrem Urteil trotzdem freie Hand. Die Fluggesellschaft nahm weder Einfluss auf den Inhalt des Artikels noch stellte sie irgendwelche Bedingungen. Das würde dem Verhaltenskodex von aeroTELEGRAPH widersprechen.