Letzte Aktualisierung: um 14:56 Uhr

Ari Huusela von Finnair

Ein Airbus-A350-Pilot, 116 Tage allein auf hoher See

Er fliegt für Finnair Airbus A350. Pilot Ari Huusela hat aber auch schon die Welt in einer der härtesten Segelregatten umrundet. Über beides spricht er mit aeroTELEGRAPH.

116 Tage, 18 Stunden, 15 Minuten und 46 Sekunden befand sich Ari Huusela allein in seinem Boot auf dem Ozean. Dann kam er am 5. März 2021 dort an, wo er gestartet war: im französischen Les Sables-d’Olonne. Der Finne, von Beruf Pilot bei Finnair, hatte damit als erster Segler aus den nordischen Ländern die Vendée Globe bewältigt, die härteste Regatta mit nur einer Person an Bord. Entlang des Südpolarmeers führt sie nonstop um den Globus.

Eine Herausforderung ist dabei, Schlaf zu bekommen, während das Segelboot durch Wellentäler rast und nur der Autopilot am Steuer ist. «Ich habe immer 15 bis 45 Minuten am Stück geschlafen», erzählt Huusela. «Und einmal alle 24 Stunden habe ich versucht, anderthalb Stunden am Stück zu schlafen, um die Tiefschlafphase zu erreichen.»

Schlaf im Airbus A350 luxuriös

In seinem Beruf als Airbus-A350-Pilot bei Finnair ist das einfacher. «Wenn wir einen 14-stündigen Flug haben, kann ich meist drei Mal anderthalb bis zwei Stunden schlafen und das vergleichsweise luxuriös», so der 61-Jährige. «Es ist warm, trocken, leise, normalerweise wenig turbulent und vor allem sitzt ein anderer gut ausgebildeter Pilot am Steuer.»

Huusela begann seine Luftfahrtkarriere im Alter von 15 Jahren mit einer Ausbildung zum Flugzeugmechaniker. Später wurde er Pilot bei der Finnair-Tochter Finnaviation, die dann in den Mutterkonzern integriert wurde. Seit 2007 ist er auf der Langstrecke unterwegs.

Huusela vor dem Flugzeug, das er steuert. Bild: Ari Huusela

Vendée-Globe-Traum seit 1996

Parallel dazu fuhr er in seiner Freizeit immer anspruchsvollere Segelregatten. Und schon 1996 war er zum ersten Mal als Zuschauer beim Start der Vendée Globe in Frankreich dabei. «Ich konnte mir damals nicht vorstellen, wie ein Mensch das schaffen kann», erzählt Huusela. Doch ab dann reiste er zu jedem Vendée-Globe-Start. «Jedes Mal habe ich mich auf der Rückreise ein Stück mehr gefragt, ob ich das nicht doch auch schaffen könnte.»

2017 beschloss er dann, es zu wagen. Sein Arbeitgeber Finnair gab ihm grünes Licht, 2020/2021 teilzunehmen. Er fand ein Boot, suchte Sponsoren, baute ein Team auf und bereitete sich mit einem professionellen Schlaftrainer vor. Eigentlich hatte Huusela sich vorgenommen, nur für das Rennen unbezahlten Urlaub zu nehmen, aber vorher weiterhin Vollzeit als Pilot zu arbeiten. Dann kam die Corona-Pandemie und damit zusätzliche Zeit für das Segel-Projekt. «Ich glaube, ohne hätte ich es nicht geschafft», sagt er heute.

Huusela fuhr gar kein Rennen

«Für die ganzen vier bis fünf Jahre des Projektes hatten wir ein Budget von 2,5 Millionen Euro, inklusive Boot», erzählt der Finne. «Bis zum Start haben wir nur 1,5 Millionen verbraucht. «Die Profis in Frankreich hatten das vorher nicht für möglich gehalten und gesagt, man brauche mindestens vier Millionen. Manche hatten 20 Millionen oder mehr.»

Ein Video aus dem Januar 2021 von Ari Huuselas Boot von während der Vendée Globe.

Ein wichtiger Unterschied: Viele der 33 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sahen die Regatta als das, was sie ist – ein Wettrennen mit dem Ziel, so schnell wie möglich anzukommen. Ari Huusela träumte von Anfang an davon, anzukommen. Nicht mehr, nicht weniger.

Lehren aus der Luftfahrt an Bord

«Ich bin so wenige Risiken eingegangen wie möglich», erklärt er. «Weil ich meiner Frau und meinen Kindern versprochen hatte, zurückzukommen. Und weil jeder, der bei der Vendée Globe Hilfe von außen bekommt oder an Land geht, etwa für eine Reparatur, sofort ausscheidet.» Damit wäre der Traum gescheitert – und für den Finnen war klar, dass er kein zweites Mal antreten wird. Daher setzte er auf das, was er in der Luftfahrt gelernt hatte.

«In der Luftfahrt hat Sicherheit immer die oberste Priorität, erst danach kommen andere Dinge wie Pünktlichkeit, Kosten und so weiter», sagt der Pilot. «Und dieses Mindset habe ich aufs Segeln übertragen.» Außerdem half ihm auf dem Ozean auch ein System aus der Luftfahrt, das der Entscheidungsfindung in kritischen Situationen dient, genannt FORDEC.

Immer mit Familie in Kontakt

Dabei steht jeder Buchstabe für einen Punkt auf der Liste, die man abarbeitet: «F steht für Fakten – was sind die Fakten in der Situation?», erklärt Huusela. «O sind die Optionen, die man hat.» R stehe für Risks and Benefits, also Risiken und Nutzen der Handlungsoptionen. Es folge D für Decision, also die Entscheidung für eine der Optionen. «E steht für Execution», so Huusela, also die Ausführung der Option. «Und C ist Check, also die Überprüfung der Ergebnisse. Und dann geht es bei Bedarf wieder von vorne los.»

Auch sein technisches Wissen kam dem gelernten Flugzeugmechaniker auf seinem Boot namens «Stark» zugute. Eine ganz andere Herausforderung meisterte er dank Satelliten-Kommunikation und Whatsapp: die Einsamkeit auf dem Meer. «Ich war immer mit meiner Familie und meinem Team in Kontakt, besonders auch zu Weihnachten», erzählt er.

Nur noch privat im Segelboot

Am Ende ging die Rechnung auf: Ari Huusela schaffte die Vendée Globe. Von 33 Gestarteten kamen 25 im Ziel an – Huusela als 25., ganze 36 Tage nach dem Sieger. Aber das stört ihn nicht. «Ich habe mir meinen großen Traum erfüllt», sagt der Pilot. «Dafür bin ich 29.000 Seemeilen gesegelt – dafür braucht ein Freizeitsegler sein ganzes Leben.»

Und das war auch genug – zumindest in diesem Stile. «Wenn mir nicht zufällig jemand zehn Millionen Euro gibt, segle ich nur noch privat», schmunzelt Huusela. «Mit meinem kleinen Boot in Finnland von Insel zu Insel.» Die «Stark» segelt längst jemand anderes.

Liebste Ziele als Langstreckenpilot

In seinen Beruf als Pilot hat Huusela auch Erfahrungen vom Boot mitgenommen. Er hat noch mehr über das Wetter gelernt und über Erholung in kurzen Schlafetappen. «Und ich vertraue mir und meinen Fertigkeiten noch mehr als vorher», sagt er.

Pilot Huusela bei der Arbeit. Bild: Ari Huusela

Sein liebstes Ziel im Flugplan ist aktuell Hongkong. «Die Natur ist sehr nahe dort», erklärt er. «Ich mache immer eine spezielle Wanderung über Hong Kong Island, wenn ich dort bin. Sie endet am Repulse Bay Beach.» Auch wenn der A350 in Ausnahmefällen mal nach New York zum Einsatz kommt, freut der Pilot sich. «Dann fahre ich mit meinem Klapprad am Hudson River entlang nach Norden und dann durch Haarlem und den Central Park zurück.»

Wasser und Luft jetzt kombiniert

In der Freizeit geht er einem Hobby nach, das Luft und Wasser kombiniert, verrät Huusela: «Ich fliege Schwimmerflugzeuge, mit denen ich in Lappland auf Seen starte und lande.»