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Lockheed L-1329 Jetstar

Ein Businessjet mit vier Triebwerken

Um an einen lukrativen Auftrag der US Air Force zu kommen, entwickelte Lockheed die L-1329 Jetstar. Die Wette ging nicht auf. Und so wurde sie zu einem der ersten Businessjets.

Am Anfang stand eine Ausschreibung der US Air Force. Sie suchte Mitte der 1950er-Jahre ein leichtes Transport- und Verbindungsflugzeug. Gleich mehrere Hersteller buhlten um den Auftrag. Sie taten dies, obwohl die Armee wegen gekürztem 
Militäretat – der Zweite Weltkrieg hatte viel Geld verschlungen – nichts an die Entwicklungskosten zahlte. Weil sie aber mit einem möglichen Bestellvolumen von bis zu 300 Flugzeugen winkte, war die Teilnahme attraktiv.

Gates Learjet schickte den Learjet 23 ins Rennen und Rockwell International den Sabreliner. Lockheed entwickelte die L-1329 Jetstar. Die Entwicklung beim kalifornischen Flugzeugbauer startete im März 1957 und schon am 4. September fand Erstflug statt. Und er gewann die Ausschreibung.

Lockheed setzt sich mit L-1329 durch

Die Jetstar wurde als zweistrahliger Tiefdecker mit Kreuzleitwerk konstruiert. Die Tragflächen und das Leitwerk waren gepfeilt und die gesamte Struktur bestand aus Aluminium. Weil das Volumen der Tanks in den Tragflächen zu klein war, um die Forderung der US Air Force nach einer Reichweite von 2775 Kilometern zu erfüllen, wurde das Flugzeug mit fest installierten Zusatztanks ungefähr in der Tragflächenmitte bestückt.

Die Triebwerke waren am Heck installiert und sollten aus dem britischen Hause Bristol-Orpheus stammen, jedoch von Curtiss-Wright in den Staaten in Lizenz gefertigt werden. Die ersten beiden Prototypen waren zweistrahlig. Sie absolvierten ihre Erstflüge im September 1957 und im März 1958. Lockheed gewann den Auftrag.

Triebwerkwechsel wurde nötig

Bevor das Flugzeug an die US Air Force übergeben wurde, wurde es von Lockheed während drei Monaten intensiv getestet. Die Jetstar wurde jedoch zu einem ungünstigen Zeitpunkt fertig. Ende der 1950er-Jahre erlebte Amerika eine Wirtschaftskrise und die Mittel für die Luftwaffe wurden erneut gekürzt. Lockheed hatte die Ausschreibung zwar gewonnen, der Auftrag kam aber nicht zustande. Die US Air Force entschied sich für das kleinere, günstiger zu betreibende Muster von Rockwell.

Lockheed wollte das Flugzeug jedoch nicht einfach sterben lassen, denn im zivilen Markt schien es einen steigenden Bedarf an Geschäftsreiseflugzeugen zu geben. Die Jetstar wurde zugelassen und einer der ersten Businessjets. Allerdings kam der Lizenzvertrag zur Fertigung der Orpheus-Triebwerke bei Curtiss-Wright nicht zustande und die US Air Force würde keine Flugzeuge mit ausländischen Triebwerken beschaffen. Jetzt hatte Lockheed ein Problem. Die Wahl für Ersatztriebwerke fiel auf das Pratt & Whitney JT12A, das jedoch weniger Schub leistete als die Orpheus-Aggregate.

Enttäuschende Aufträge

Deshalb entschied sich Lockheed zur Installation von vier Triebwerken, je paarweise am Heck. So wurde aus dem ursprünglich zweistrahlig geplanten, ein vierstrahliger Businessjet. Dies hatte auch den Vorteil, dass die L-1329 Jetstar nicht unter die Etops-Regelung fiel und lange Überwasserstrecken direkt befliegen durfte.

1960 bestellten die amerikanischen Luftstreitkräfte dann doch noch einige Jetstars, die sie als Kalibrierungsflugzeuge unter der Bezeichnung C-140 in Betrieb nahmen. Etwas mehr als ein Dutzend Exemplare fand so den Weg zur US Air Force. Für Lockheed sehr enttäuschend, hatten sie doch 100 Millionen Dollar in die Entwicklung gesteckt, aber nur 20 Millionen durch die Aufträge hereingeholt.

Zu kleiner Absatz

Deshalb konzentrierte sich Lockheed fortan auf den zivilen Markt. Die erste Serienmaschine flog im Sommer 1960 und die Musterzulassung wurde im August 1961 durch die Federal Aviation Administration FAA erteilt. Lockheed verlegte die Produktionsstätte von Burbank, Kalifornien, nach Marietta, Georgia. Die Marketingbemühungen auf dem zivilen Markt hatten zwar Erfolg, die Anzahl verkaufter Flugzeuge schaffte es aber nicht in den Gewinnbereich. Dafür hätten 300 Exemplare zu einem damaligen Kaufpreis von rund 1,4 Millionen Dollar verkauft werden müssen. Es wurden aber nur 204 gebaut.

Die Jetstar I war zuerst mit vier Pratt & Whitney JT12A-6 ausgestattet. Ab Mitte 1963 kamen neuere Pratt & Whitney-JT12A-6A-Triebwerke mit 11,4 Kilonewton Schub zum Einsatz. Im Januar 1967 flog erstmals eine Maschine mit den nochmals verbesserten Pratt & Whitney-JT12A-8-Triebwerken. Zusätzlich wurden verbesserte Bremsen mit Antischleuder-Systemen sowie eine Vorrichtung eingebaut, um das Fahrwerk im Notfall auch durch Druckluft ausfahren zu können. Die Zulassung dieser Ausführungen wurden am 6. Juli 1967 erteilt.

Neue Version der Jetstar

Auf der Paris Air Show 1973 startete Lockheed das Programm zur Weiterentwicklung der JetStar I zur JetStar II. Diese erhielt neue Garrett Ai Research TFE-731-3-Turbofan-Triebwerke, welche leiser und wirtschaftlicher als die JT12A waren. Auch wurden die Zusatztanks neu konstruiert und unter den Tragflächen angebracht. Durch diese Modifikationen ergab sich eine um fast 40 Prozent auf 4900 Kilometer erhöhte Reichweite.

Die neuen Triebwerke erfüllten auch alle damals geltenden Lärmvorschriften. Der Erstflug der Jetstar II fand am 18. August 1976 in Marietta statt und drei Monate später bekam sie ihre Zulassung. Es wurden allerdings nur gerade 40 Exemplare der Jet-Star II gebaut. Finanziell hatte sich das Programm für Lockheed nicht gelohnt.

Lockheed stellte Produktion ein

Ai Research bot noch die Umrüstung der Jetstar I auf TFE-731-Triebwerke an. So konnten immerhin einige Betreiber die Lebensdauer ihres Jets verlängern. Aufgrund ihres hohen Treibstoffverbrauchs und der Lärmemissionen verschwanden die JetStars in den 1990er- Jahren relativ schnell aus dem aktiven Dienst.

Gesamthaft wurden 204 Lockheed Jet-Stars der verschiedensten Versionen gebaut. Käufer waren verschiedene Staaten und deren Luftwaffen wie Kanada, Deutschland, Indonesien, Iran, Irak, Kuwait, Libyen, Mexiko, Saudi-Arabien, USA. Auch rund 30 zivile Betreiber, namentlich Air Algérie, Iraqi Airways, Taesa aus Mexiko, Menudo Airlines aus Puerto Rico, Eastern Air Lines aus den USA, Great Northern Railway, Southern Transport und Trans World Airlines kauften. Auch Elvis Presley und der Schah von Persien waren Kunde bei Lockheed.

007 – Im Dienste ihrer Majestät

Die JetStar schaffte es auch ins Kino. Im James Bond-Klassiker Goldfinger von 1964 war sie das Privatflugzeug des Bösewichts Gert Fröbe alias Auric Goldfinger. In dem Film kommt übrigens auch eine ATL-98 Carvair vor, welche den Rolls-Royce von Goldfinger am Flughafen Basel entlädt.

Heute dürfte keine Jetstar mehr in Betrieb sein. Die letzte aktive Maschine soll 2019 ihren letzten Flug absolviert haben und jetzt in der Marietta Dobbins Air Reserve Base, Georgia, steht. Es haben jedoch diverse Maschinen in Museen überlebt: Das Flugzeug mit dem Spitznamen Hound Dog 2 von Elvis Presley steht im Elvis-Presley-Museum Graceland in Memphis, Tennessee, wo es besichtigt werden kann. Im Museum of Flight in Seattle steht der erste Prototyp mit zwei Orpheus-Triebwerken.

In der oben stehenden Bildergalerie sehen Sie weitere Aufnahmen der Lockheed L-1329 Jetstar.

Dieser Text von Andy Herzog stammt von unserem Partner Jetstream, dem internationalen Luftfahrtmagazin.