Letzte Aktualisierung: um 8:46 Uhr

Rechtspopulistin Giorgia Meloni

Die Frau, die Lufthansas ITA-Pläne platzen lassen will

Die Privatisierung der Alitalia-Nachfolgerin verzögert sich wegen der Regierungskrise in Italien. Sollten die Rechtspopulisten an die Macht kommen, könnte sie ganz scheitern.

«Die rechteste Regierung seit Ende des Zweiten Weltkriegs». Was für einen Großteil der Menschen klingt wie ein Alptraum, das verkaufte die Partei Fratelli d’Italia bei einer Wahlkampfveranstaltung, bei der auch eine Urenkelin Mussolinis auf der Bühne stand, vergangene Woche als goldene Zukunft des Landes. Und offenbar bewegen die Rechtspopulisten damit viele Menschen.

In aktuellen Umfragen zeigt sich: Wären jetzt Neuwahlen, wäre Fratelli d’Italia die stärkste Partei. Ministerpräsidentin würde Giorgia Meloni. In den Medien auch als «Königin der Rechten» bezeichnet – oder auch als «Wölfin im Schafspelz».

Kollateralschaden ITA Airways

Italien, so Meloni, solle unabhängig sein, sich nicht mehr wie unter den bisherigen Regierungen an Deutschland und Frankreich «verkaufen». All das sind natürlich in erster Linie Wahlkampfparolen. Doch tatsächlich könnte mindestens ein Verkauf in Richtung Deutschland ganz real scheitern, sollte Meloni an die Macht kommen: der von ITA Airways.

Die Alitalia-Nachfolgerin wird zum Kollateralschaden der Regierungskrise des Landes. Eigentlich war es schon fast soweit. Das Wirtschaftsministerium hatte bereits die Vorentscheidung in Bezug auf die Zukunft von ITA Airways getroffen. Es hatte auf Basis der Analyse von zugezogenen Experten dem Ministerpräsidenten Italiens empfohlen, das Angebot von Lufthansa und dem Reedereikonzern MSC zu wählen.

Ungewöhnliches Verfahren würde nötig

Doch dann, als die offizielle Entscheidung verkündet werden sollte, begann die Regierungskrise. Die ist mittlerweile im Rücktritt von Ministerpräsident Mario Draghi gemündet, Neuwahlen sind für den 25. September angesetzt. Und die aktuelle Regierung ist nur noch zuständig für die «Abwicklung der laufenden Geschäfte».

Zwar versucht ITA Airways derzeit, bei der Regierung durchzusetzen, ihren Verkauf als «laufendes Geschäft» anzuerkennen, schreibt die Zeitung La Repubblica. Auch im Umfeld des Premierministers gebe es verschiedene Personen, die das Geschäft vorantreiben wollen.

Selbst bei einem Ja von allen nicht sicher

Einfach wäre die Umsetzung der Privatisierung nicht mehr. Draghi und der zurückgetretene Wirtschaftsminister Daniele Franco müssten ein ungewöhnliches Verfahren einleiten: Sie müssten die Vorsitzenden aller Parteien anrufen und um grünes Licht für den Verkauf bitten.

Dass sie das von Fratelli d’Italia nicht erhalten dürften, ist so gut wie sicher. Eine Privatisierung, noch dazu mit deutscher Beteiligung, widerspräche den Werten der extrem rechten Partei. Doch selbst wenn es grünes Licht für den Verkauf gäbe, wäre noch nicht alles in trockenen Tüchern.

Braucht ITA frisches Geld?

Denn: Die endgültige Unterzeichnung des Kaufvertrags ist laut Repubblica erst für Dezember angesetzt. Sollte die Partei von Meloni gewinnen, könnte es also gut sein, dass sie das noch zu verhindern versucht.

Bei ITA Airways dürfte man sich deshalb gerade große Sorgen machen. Darauf deutet auch hin, dass für Donnerstag (28. Juli) eine Sitzung des Aufsichtsrats einberaumt ist. Bei dieser will man laut Medienberichten unter anderem darüber beraten, beim Wirtschaftsministerium eine Kapitalerhöhung um weitere 400 Millionen Euro zu beantragen.

ITA braucht einen Partner

Die dürfte laut Beobachtern auch dazu dienen, Druck zu machen, den Verkauf schnell über die Bühne zu bringen. Denn so romantisch die Vorstellung einer selbstständigen Nationalairline für einige Beobachter sein mag: Alleine profitabel überleben, das dürfte für ITA Airways quasi unmöglich werden.

Die italienische Nationalairline verlor in den letzten Monaten kontinuierlich Geld. Im Juni hat sie zwar erstmals einen Gewinn erzielt. Das liegt aber auch an der generell starken Urlaubssaison. Im Herbst und vor allem im schwachen Winter könnte es durchaus wieder anders aussehen.

Unternehmen verliert an Wert

Darauf hatten die Chefs von Lufthansa und der Reedereipartner MSC im Juni auch in einem Brief an Mario Draghi hingewiesen. ITA brauche schnell einen Partner, denn sie sei zu klein, um allein zu bestehen, so die beiden Unternehmen. Jede weitere Verzögerung werde dem Unternehmen schaden – und damit auch den Preis verringern, den potenzielle Käufer zu zahlen bereit sind.

Das ist bereits jetzt geschehen, auch wenn die Gründe dafür nicht in der Regierungskrise lagen. Zuerst hatten Lufthansa und MSC gemäß italienischen Medienberichten 1,2 bis 1,4 Milliarden Euro bieten wollen. In der ersten offiziellen Offerte nannten sie dann noch einen Preis von einer Milliarde für 80 Prozent an ITA Airways. Zuletzt wollten sie nur noch 800 bis 850 Millionen Euro auf den Tisch legen.

Certares passt Angebot an

Auch Konkurrent, der amerikanische Fonds Certares, der mit Air France-KLM zusammenarbeitet, bot nur noch 500 bis 600 Millionen zahlen, nach 600 bis 800 Millionen Euro zuvor. Er versuchte zuletzt mit einer geringeren Beteiligung als MSC und Lufthansas zu punkten. Zudem mit einem Vetorecht der Regierung. Dies im Hinblick auf Widerstände von rechts in Italien.