Letzte Aktualisierung: um 12:26 Uhr

Interview mit Christoph Debus

«Die Frage ist: Ist dieser Wet-Lease wirklich fair?»

Thomas-Cook-Airlines-Chef Christoph Debus über den Deal zwischen Lufthansa und Air Berlin, die Ablösung der Boeing 767 und die Zukunft der Marke Condor.

Eurowings baut gerade das Angebot an Europaflügen massiv aus. Macht Thomas Cook die verstärkte Konkurrenz Angst in Bezug auf die deutsche Tochter Condor?
Christoph Debus*: Das muss man sicherlich ernst nehmen. Wir müssen uns aber nicht verstecken. Die Thomas Cook Group Airlines sind von der Kostenstruktur im Vergleich sehr gut aufgestellt, auch Condor.

Ryanair aber hat noch tiefere Kosten. Und die Iren bauen ebenfalls in Deutschland aus…
Wir sind Konkurrenz seit jeher gewohnt. Mit Condor haben wir über 60 Jahre Erfahrung im Ferienflug. Wir haben in dieser Zeit bewiesen, dass wir im Wettbewerb bestehen und sogar wachsen können – auch gegen Konkurrenten wie Ryanair.

Aber Condor ist nicht in bester Verfassung. Sie schrieb letztes Jahr rote Zahlen.
Nach elf Jahren mit guter Profitabilität schrieb Condor letztes Jahr einen kleinen Verlust. Das stimmt. Wir glauben aber, dass das stark marktbedingt war und wir wollen es dieses Jahr korrigieren.

Condor reduziert die Kurz- und Mittelstreckenflotte um vier Jets, um zu sparen. Lassen Sie damit der Konkurrenz nicht freien Lauf ?
Wir setzen seit jeher Flugzeuge innerhalb der vier Airlines im Thomas Cook Konzern dort ein, wo sie das beste Ergebnis bringen. Die Flugzeuge fliegen im britischen Markt und bringen dort ein gutes Ergebnis. Letztes Jahr sind wir zudem mit den Condor-Maschinen Wetlease für andere Marktteilnehmer geflogen.

Offenbar fürchtet sich selbst Ryanair ein wenig und will gegen den Air-Berlin-Wet-Lease von Eurowings klagen. Überlegen Sie sich das auch?
In einem fairen Wettbewerb müssen wir uns überhaupt nicht fürchten. Die Frage ist aber in der Tat: Ist dieser Wet-Lease wirklich fair? Wir sehen durchaus Punkte, bei denen man diskutieren kann, ob sie fair sind oder nicht. Wir reden mit den relevanten Kartellbehörden. Nur tun wir das nicht öffentlich.

In einem fairen Wettbewerb müssen wir uns überhaupt nicht fürchten.

Gleichzeitig werden in Deutschland neue Charterangebote aufgebaut, etwa Azur Air oder Sundair. Sie kommen also auch da unter Druck.
Es gab in Europa und auch in Deutschland immer wieder neue Anbieter im Chartermarkt. Sie kommen und gehen. Daran haben wir uns gewöhnt. Es bleibt abzuwarten, ob die neuen Anbieter wirklich langfristig niedrigere Kosten, einen besseren Vertrieb und ein besseres Produkt anbieten können.

Die vier Condor-Flieger gingen nach Großbritannien. Ist es dort einfacher?
2016 war im Vereinigten Königreich das beste Jahr unserer Geschichte. Wir sehen dort weiterhin Wachstum.

Ist der Brexit für Sie noch ein Thema?
Bisher haben wir regulatorisch noch keine Veränderungen gesehen. Die wichtigste Frage wird sein, ob das Vereinigte Königreich im gemeinsamen Luftraum verbleiben kann. Wir sind aber so oder so gut aufgestellt, da wir in allen Märkten ein AOC, ein eigenes Luftverkehrsbetreiberzeugnis, vorweisen können. Wir werden da also nach dem erfolgten Brexit Vorteile gegenüber anderen Wettbewerbern haben. Wir machen uns darum keine Sorgen.

Dann war das von der Branche nur Hysterie?
Es gibt und gab natürlich kurzzeitig Unsicherheit. Was uns zudem mittelfristig stört, ist die fehlende Planungssicherheit. Wir verkaufen jetzt schon das Programm für Sommer 2018. Was dann sein wird, ist immer noch unklar. Das ist mühsam. Hinzu kommen die verstärkten Wechselkursschwankungen, wie die Pfundabwertung, was die Kundennachfrage beeinflussen kann.

Wäre es denkbar, nach dem Brexit Kapazitäten nach Belgien, Skandinavien oder Deutschland zu verlegen?
Absolut. Das machen wir aber seit jeher. Das ist die Grundidee des Verbunds der Thomas Cook Group Airlines. Wir agieren als eine paneuropäische Airline und nehmen dort Chancen wahr, wo sie sich bieten.

Welche Synergien lassen sich zwischen den Airlines von Thomas Cook heute noch heben?
Wir haben schon sehr viel erreicht und sind in Sachen Integration sehr weit. Dadurch sparen wir jedes Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag. Das half uns auch, in Großbritannien erfolgreich und profitabel zu wachsen. Trotz des negativen Ergebnisses bei Condor konnten wir mit den Thomas Cook Group Airlines 2016 einen Gewinn verzeichnen.

Wir sind in Sachen Integration sehr weit.

Also kein Spielraum mehr?
Doch! Bei Condor haben wir das bereits in Angriff genommen und setzen ja gerade ein Sparprogramm um, mit dem die Kosten um 40 Millionen Euro sinken sollen. Das wird sicherlich nicht das Ende sein.

Sie haben bei Condor die Langstrecke laufend ausgebaut. Läuft es dort denn so viel besser?
Ja. Das ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte für uns. Bei Condor hatten wir vor fünf Jahren 9 Langstreckenflieger, heute sind es 16. In Großbritannien sind wir aus Manchester mittlerweile der größte Langstreckenanbieter. Innerhalb der Group Airlines haben wir insgesamt 28 Langstreckenflieger, das ist die sechstgrößte Flotte in Europa.

Aber auch da baut Eurowings aus. Zudem entstehen rundherum Konkurrenzangebote wie Norwegian oder Wow, die mit neuen Angeboten Kunden abgreifen…
Eigentlich haben Ferienflieger das Lowcost-Model auf der Langstrecke erfunden, mit hoher Produktivität, schnellen Umläufen und einem Produkt, das jeder Kunde seinen Wünschen anpassen kann. Der Kunde will bei so langen Flügen ein anderes, ein besseres Produkt. Das bieten wir. Mit unserer Vertriebsstärke im Einzelplatzverkauf, der Anbindung an globale Reservationssysteme und dem Absatz über die mehr als vierzig Airline-Partner, die unsere Fluggäste zu unseren Langstreckenhäfen fliegen oder am Ziel weiterfliegen haben wir einen riesigen Vorteil. Es gibt wenige, die das so gut wie wir können. Zudem haben wir ein gutes Produkt. Das zeigt sich im Wachstum, in der Auslastung und in den Kundenfeedbacks.

Sie haben kürzlich aber die Erneuerung der Langstreckenflotte verschoben. Wann packen Sie das Thema an?
Die Wahrnehmung ist da etwas verzerrt. Wir haben in den letzten vier Jahren so viel in unsere Flugzeuge investiert wie in den zwanzig Jahren zuvor nicht. Unter anderem flossen über 100 Millionen Pfund in eine Erneuerung der Kabine. Zudem modernisieren wir gerade das Unterhaltungssystem auf der Kurz- und Mittelstrecke.

Wir haben in den letzten vier Jahren so viel in unsere Flugzeuge investiert wie in den zwanzig Jahren zuvor nicht.

Verspüren Sie denn keine Eile? Immerhin sind die Boeing 767 bei Condor und Thomas Cook schon 22 Jahre alt.
Die Flieger sind bestens gewartet und innen völlig neu ausgestattet. Viele klassische Anbieter haben ähnlich gebrauchte Flugzeuge in der Flotte. Ich kann Ihnen versichern: Wir haben einen Plan für die Modernisierung unserer Langstreckenflotte, die Diskussionen laufen. Es eilt nicht, aber es wird passieren.

Was ist denn der Zeithorizont?
Wir geben uns Zeit bis 2020, 2021. Ein Entscheid wird natürlich schon vorher fallen.

Welche Typen kommen denn für Sie in Frage?
Alle Modelle, die in etwa unserer jetzigen Größe entsprechen.

So viele gibt es ja nicht. Das wären dann wohl Airbus A330 beziehungsweise A330 Neo oder Boeing 787 Dreamliner…
Das ist korrekt. Die Boeing 767 wird ja als Passagiervariante nicht mehr gebaut.

Wäre es auch möglich, einerseits klassische Langstreckenflugzeuge zu beschaffen und andererseits Langstrecken mit dem A321 Neo LR zu betreiben, wie das andere Airlines planen?
Wir sind ja bekennender B757-Betreiber. Sie ist ein exzellentes Flugzeug für unser Geschäftsmodell mit hervorragenden Stückkosten mit der wir auch «lange» Mittelstrecken fliegen können. Wir verfolgen aber die Diskussion um die A321 LR mit Interesse.

Condor ist in Richtung USA stark. Insgesamt verzeichnen deutsche Reisebüros und Airlines seit dem Amtsantritt von Donald Trump aber weniger Interesse an USA-Reisen. Bei Ihnen?
In den letzten zwei Jahren half, dass der Dollar schwach war. Das hat sich geändert, Euro und Pfund wurden schwächer. Wir werden den Rekord von 2016 auf unseren US-Strecken daher kaum wiederholen können. Ich weiß nicht, ob Trump da nun wirklich auch noch so viel Einfluss haben wird. Interessant ist übrigens, dass wir dafür immer mehr Buchungen aus den USA haben. Das hat einen ausgleichenden Effekt.

Sie haben ja den Außenauftritt derThomas Cook Airlines nach und nach vereinheitlicht. Gibt es den Namen Condor in zehn Jahren noch?
Condor Anfang des Jahrtausends in Thomas Cook Airlines umzubenennen, war ein großer Fehler, den wir 2004 korrigiert haben. Wir planen nicht, diesen Fehler zu wiederholen! Wir konzentrieren uns derzeit darauf, weiter profitabel zu wachsen und unseren Kunden ein gutes Kundenerlebnis zu bieten.

 * Christoph Debus ist seit seit September 2012 Chief Airlines Officer bei der Thomas Cook Group und seit März 2015 zusätzlich auch Vorstandsvorsitzender der Thomas Cook AG, welche die touristischen Aktivitäten der Gruppe in Kontinentaleuropa bündelt.