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Passagierflieger mit Privatjet-DNA

Die allerletzte Bombardier CRJ

Zum letzten Mal wird bald ein Exemplar der kanadischen Regionaljet-Familie ausgeliefert. Die CRJs gehören zu den häufigsten Passagierjets weltweit.

Ein Mal im Businessjet sitzen: Davon träumen viele Passagiere. Unwissentlich waren viele Fluggäste schon gar nicht weit davon entfernt. Ein Passagierflugzeug auf Basis eines kanadischen Geschäftsfliegers gehört zu den häufigsten weltweit.

Anfang der 1990er-Jahre schickte der ehemalige kanadische Flugzeugbauer Canadair mit der CRJ 100 ihren ersten Passagierflieger in die Luft. Abgeleitet vom Businessjet Challenger 600, begründete sie eine ganze Familie von Regionaljets. Mit der Fertigstellung von Exemplar Nummer 1945 wird nach 30 Jahren Produktion bald zum letzten Mal eine werksneue CRJ ausgeliefert.

Vollkommen neuer Markt

Bereits Ende der 1970er-Jahre hegte Canadair Pläne, ihre Challenger 600 auch als Frachter und Passagierflieger anzubieten. Das war kurz nachdem der Hersteller die Geschäftsfliegerreihe ins Leben gerufen hatte. Bis zu 24 Passagiere sollten gemäß ersten Entwürrfen in einer 2-2-Konfiguration an Bord der Passagiervariante Platz finden.

Erst 1987 wurden die Pläne aber konkret. Canadair war mittlerweile Teil des Bombardier-Konzerns. Mit der CRJ  – Canadair Regionaljet – wollte der Hersteller Fluggesellschaften einen vollkommen neuen Markt eröffnen. Passagiere aus Städten mit wenig Verkehr wurden zuvor mit Propellerflugzeugen zu den größeren Drehkreuzen gebracht. Diese galten aber als laut und somit unkomfortabel, zudem hatten sie den – unbegründeten – Ruf, unsicher zu sein.

Erstflug 1991

Mit dem Düsenflieger schaffte  Bombardier dazu einen modernen Gegenentwurf. Im Gegensatz zu ersten Plänen war das Interesse an der inzwischen größer angelegten CRJ mit Platz für 50 Passagiere groß. Grund hierfür war auch ein erheblich gesunkener Ölpreis.

1991 hob der Prototyp der CRJ 100 ab. Mit annähernd 27 Meter Länge ist der Jet fast sechs Meter länger als die Challenger 600. Er konnte zwar mehr Passagiere als ihr Vorbild laden, mit einer Reichweite von etwa 1800 Kilometern war er aber nur noch ein Kurzstreckeflieger.

Sparsamer Konkurrent aus Brasilien

1992 erlebte die CRJ 100 ihre Zulassung sowie Indienststellung. Erstkundin war Lufthansa Cityline. Es war unter anderem der Wunsch der deutschen Fluglinie, der die Pläne einer Passagier-Challenger so richtig voranbrachte.

Bombardiers Pläne gingen auf. Trotz des Absturzes eines Prototyps 1993 mauserte sich die CRJ zum Verkaufsschlager. Ein Jet in der Größenklasse um 50 Passagiere war ein profitables Modell für Airlines, die Zubringer brauchten. Es sollte erst bis Ende 1996 dauern, bis die Modellreihe ihren ersten Konkurrenten bekam. Und dieser wurde zum Problem.

Länger und länger und länger

Mit der ERJ 145 brachte der brasilianische Hersteller Embraer eine verbrauchsärmere Alternative zur CRJ 100. Bombardier reagierte Ende der 1990er-Jahre. Mit der CRJ 200 wurde eine Version mit stärkeren Triebwerken eingeführt. Doch die CRJ-Reihe sollte auch in Sachen Sitzplatzkapazität wachsen. Möglich machte diese eine neue CRJ-Generation, die über die Jahre in Sachen Länge stetig zulegte.

1999 kam zuerst die CRJ 700. Mit 32 Metern Länge fasste sie 75 Passagiere. Mit der CRJ 900 absolvierte 2001 ein Jet für 90 Passagiere seinen Jungfernflug. Das Maximum erreichte die Serie ab 2008 mit der CRJ 1000. In den über 39 Meter langen Jet passen bis zu 104 Fluggäste.

Neue Konkurrenz

Die Leistungsmerkmale der Modellreihen wurden immer schwerer zu überblicken. Je länger die Versionen wurden, desto weniger Reichweite hatten sie oft. Nachgebesserte ER- sowie LR-Varianten (Extended Range und Long Range) glichen dies wieder aus. Und es gibt auch Exoten: Mit der CRJ 550 entwickelte Bombardier zuletzt eine Version auf Basis der CRJ700, die nur 50 statt 75 Plätze fasste – United Airlines kann damit Gewerkschaftklauseln umgehen.

Doch auch der Konkurrent legte nach. Ihre ERJ-Varianten weitete Embraer ebenfalls aus. Doch es war die ab 2004 eingeführte E-Jet-Familie, die der CRJ-Familie das Leben schwer machte. Nicht nur schließen die größeren E170 und E190 die Lücke zu größeren Kurz- und Mittelstreckefliegern mit Sitzplätzen im Bereich zwischen etwa 70 und 110. Auch sind die breiteren Rümpfe der E-Jets komfortabler, während die immer weiter gestreckten CRJs bei einigen Passagieren als «Angströhren» verschrien sind.

Nachfolger sorgte für Krise

Daher musste Bombardier bei der CRJ 1000 die Fenster vergrößern. Nachdem Bombardier bereits Ende der 1990er-Jahre einen größeren Nachfolger für die CRJ erwägte, begannen die Kanadier Mitte der 2000er-Jahre die Entwicklung eines vollkommen neuen Regionaljets.

Nach dem Erstflug 2013 erwies sich die C-Series als gutes Flugzeug. Doch das Programm stürzte Bombardier in die Krise. Ausufernde Entwicklungskosten und Verspätungen zwangen den Hersteller letztendlich zum Rückzug. Bis auf ihre Geschäftsflugzeugsparte verkaufte Bombardier ihren gesamten Luftfahrtbereiche.

Neuer Besitzer brachte Ende

Während 2018 die C-Series als A220 in das Portfolio von Airbus wechselte, wurde das CRJ-Programm vergangenes Jahr an Mitsubishi verkauft. Das war der Todesstoß: Mitsubishi beschloss umgehend die Einstellung der Produktion.

Das Programm war da schon lange defizitär. Jedes Flugzeug verursachte zuletzt Verluste in Höhe von zwei Millionen Dollar. Mit dem Spacejet tüftelte Mitsubishi damals an einem eigenen Regionaljet – dessen Entwicklung ist inzwischen aber auch stillgelegt worden. Die Japaner übernehmen langfristig nur Wartung und Vertrieb der CRJ-Familie. Die Produktion von 42 noch auszuliefernden Exemplaren sicherte Mitsubishi noch zu.

Letztes Exemplar im Kleid von Delta Air Lines.

Mit der Auslieferung der insgesamt 1945. CRJ ist diese Aufgabe noch vor Ende dieses Jahres erledigt. Vergangenen September begann die Produktion. Das letzte Exemplar ist eine CRJ 900, die an Skywest geht. Bei der amerikanischen Airline wird sie im Auftrag sowie Markenauftritt von Delta Air Lines fliegen.

Sehen Sie in der oben stehenden Bildergalerie Aufnahmen der CRJ-Serie.