Indien und Co
Das Dreck-Dilemma der Triebwerksbauer
Indische Airlines platzieren riesige Flugzeugbestellungen. Triebwerksbauer wie Pratt & Whitney stehen durch Umwelteinflüsse wie dort vor technischen Herausforderungen.
Flughafen Delhi: Klare Luft sieht anders aus.
Flughafen Delhi: Klare Luft sieht anders aus.
Feste Bestellungen über 500 weitere Jets für Indigo und nun definitiv auch 470 für Air India. Dazu noch ein kleiner Auftrag für vier weitere Jets für Akasa Air. Was die Orders angeht, dominierten die indischen Fluggesellschaften die diesjährige Paris Air Show.
Einerseits versprechen diese Aufträge hohe Umsätze für Flugzeug- und Triebwerksbauer. Doch sie stellen auch eine Herausforderung dar. Und dabei geht es nicht nur um die schiere Menge. Gerade die Motorenhersteller sind auch technisch gefordert.
Märkte mit viel Staub und Sand wachsen
«Aufgrund des Wachstums von Märkten wie Indien, China und dem Nahen Osten, die für unsere Triebwerke eine raue Umgebung darstellen, lernen wir viel über Staub und Dreck und deren Auswirkungen auf die Haltbarkeit unserer Triebwerke», erklärte Graham Webb, Nachhaltigkeitschef bei Pratt & Whitney, im Gespräch mit aeroTELEGRAPH.
Das Bevölkerungswachstum in diesen Regionen habe dazu geführt, dass man heute mehr Triebwerke in Länder mit viel Staub und Sand liefere als früher, so Webb. Mit solchen Umgebungen habe man aktuell Probleme, gesteht der Manager von Pratt & Whitney ein.
Mehr Hitze und Druck im Kern des Triebwerks
Der amerikanische Triebwerksbauer hat Schwierigkeiten mit den GTF-Triebwerken von Airbus A320 Neo, A220 und Embraer E2. GTF steht für Geared Turbofan oder auf Deutsch Getriebefan. Dieses Triebwerk verbraucht weniger Treibstoff und ist weniger laut, allerdings entsteht im Kern auch mehr Hitze und Druck – was zu Probleme führen kann.
So verstopfen etwa Löcher, die rund um die Brennkammer für Kühlung sorgen, gerade in Gegenden mit viel Staub und Sand. Das Triebwerk wird zu heiß und muss zur Inspektion. Und das früher als erwartet. Ist kein Reservetriebwerk vorhanden, bleibt der Jet am Boden.
Pratt & Whitney testet für robustere Konstruktion
«Wir führen eine Menge Tests zur Ansaugung von Staub und Dreck durch», erklärt Webb. «So machen wir unsere Konstruktion robust gegenüber der chemischen Zusammensetzung dieser verschiedenen Gelände.» Dadurch wolle man auch «aggressive Korrosionseffekte» vermeiden, die in solchen Umgebungen bei sehr hohen Temperaturen und hohem Druck im Inneren des Triebwerks entstehen könnten, so der Manager, der früher Chefingenieur war.
Pratt & Whitney arbeitet aktuell an einer neuen Brennkammer-Version, um das Problem der Kühlungslöcher zu lösen. Und das Unternehmen entwickelt eine ganz neue Version des Getriebefans für die A320-Neo-Familie, genannt Advantage. Sie soll die bisherigen Probleme lösen und zugleich mehr Schub haben und den Verbrauch weiter senken.
Staub und Sand bei allen Hersteller auf der Agenda
Webb sagt, dass aktuell nicht nur Pratt & Whitney vor Herausforderungen mit Staub, Sand und Dreck auf Pisten stehe. «Das sind nicht nur wir», so der Manager. «Leap führt Staubtests durch und auch unsere Brüder bei Rolls-Royce führen Staubtests durch.» Die riesigen Flugzeugbestellungen aus Indien machen Erfolge dabei umso nötiger.