Letzte Aktualisierung: um 19:40 Uhr

Condor-Chef Ralf Teckentrup

«Condor steht derzeit nicht zum Verkauf»

Durch einen unerwarteten Vorteil spart der Ferienflieger gerade viel Geld, erklärt Ralf Teckentrup. Der Condor-Chef verrät zudem, wie es um Arbeitsplätze und Investorensuche steht.

Die deutsche Luftfahrt schrumpft. Bei Lufthansa wackeln durch die Corona-Krise mehr als 20.000 Arbeitsplätze. Bei Tuifly könnten bis zu 900 Jobs wegfallen. Und bei Condor?

«Wir befinden uns derzeit in Gesprächen mit den Sozialpartnern und können einen Stellenabbau nicht ausschließen», so Ralf Teckentrup, Chef des Ferienfliegers im Gespräch mit aeroTELEGRAPH. Wie viele Arbeitsplätze bedroht sind, sagt er nicht. Jedoch kündigt er an: «Ab dem Sommer werden wir Kurzarbeitergeld nicht mehr aufstocken können.» Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sprach Condor von einem Abbau von 15 bis 25 Prozent der Stellen oder 650 bis 1000 Arbeitsplätzen.

Vorsprung durch Schutzschirm

Gegenüber anderen Fluggesellschaften hat Condor aus Teckentrups Sicht derzeit einen Vorsprung. «Wir mussten durch unser Schutzschirmverfahren schon im vergangenen September mit der Restrukturierung beginnen», sagt der Chef der Fluggesellschaft im Gespräch. Dadurch habe Condor die Kosten bereits vor der Corona-Krise reduziert.

Der deutsche Ferienflieger hatte sich im Herbst 2019 in ein Schutzschirmverfahren gerettet. So schützte er sich vor Forderungen seines insolventen Mutterkonzerns Thomas Cook. Zudem konnte Condor so die Unabhängigkeit erlangen.

170 Stellen bereits gestrichen

Teckentrup verweist etwa darauf, dass Condor schon im Dezember den Abbau von 170 Stellen eingeleitet hat. Aufgrund der Corona-Krise habe man mittlerweile auch die Wet-Lease-Verträge mit Thomas Cook Aviation und Thomas Cook Balearics gekündigt, was durch das Schutzschirmverfahren kurzfristiger möglich gewesen sei.

Condor hat zudem einen weiteren, unerwarteten Vorteil. Es geht dabei um Fuel Hedging, also um Absicherungen, mit denen Airlines Treibstoff zu einem im Voraus festgesetzten Preis beziehen. Aufgrund der rasant gesunkenen Öl- und damit auch Treibstoffpreise kostet dieses Vorgehen viele Fluglinien gerade sehr viel Geld. Alleine Lufthansa erwartet dadurch für das laufende 2020 eine Belastung in Höhe von rund einer Milliarde Euro.

Treibstoff gerade billig für Condor

«Aufgrund des Schutzschirmverfahrens konnten wir den Treibstoffkauf nur bis Ende März hedgen», sagt Teckentrup. «Dadurch beziehen wir Kerosin im Moment zum aktuellen Marktpreis.» So spart der Ferienflieger viel Geld. Sollten die Preise wieder steigen, könnte sich das irgendwann auch nachteilig auswirken.

Erst einmal profitiert Condor aber von den niedrigen Treibstoffkosten, etwa bei den 14 ihrer 16 Langstreckenflieger, die zu Frachtern umgerüstet wurden. «Die sind im Moment ganz gut ausgelastet, auch wenn das Geschäft nicht mehr so stark läuft wie noch vor vier oder sechs Wochen», sagt der Airline-Chef. «Aber natürlich wollen wir lieber Passagiere fliegen und werden die Jets wieder umrüsten, sobald wir wieder Langstreckenziele anfliegen können.» Bei einer künftigen Erneuerung der in die Jahre gekommen Langstreckenflotte könnte die Airline dann von gesunkenen Flugzeugpreisen und -leasingraten profitieren.

Wie ein Cabrio im November

Wann welche Destinationen die Reisebeschränkungen aufheben, sei schwierig vorherzusagen. Condor vermutet aber, dass der Anteil von Pauschalreisen im Vergleich zu Individualreisen steigen wird nach der Corona-Pandemie. Davon würde der Ferienflieger, der die meisten Plätze über Veranstalter besetzt, profitieren.

Condor plant, das Schutzschirmverfahren bis Ende September zu verlassen. Einen neuen Investor sucht die Führung nach dem gescheiterten Verkauf an die polnische PGL vorerst nicht. «Condor steht derzeit nicht zum Verkauf», stellt Teckentrup klar. Das werde sich erst ändern, wenn die Corona-Krise überstanden sei. «Condor jetzt zum Verkauf zu stellen, wäre so, als würde man im November versuchen, ein Cabrio zu verkaufen», so der Chef des Ferienfliegers.

Kredit läuft mehr als zehn Jahre

Condor hatte im vergangenen Herbst einen staatlich verbürgten Übergangskredit in Höhe von bis zu 380 Millionen Euro erhalten. Im Zuge der Corona-Krise bekam der Ferienflieger im April ein weiteres staatlich abgesichertes Darlehen in Höhe von bis zu 550 Millionen Euro. 256 Millionen davon verwendet Condor, um den Anteil der 380 Millionen zurückzuzahlen, den sie wirklich genutzt hatte. Die übrigen 294 Millionen sollen die Fluglinie durch die Corona-Krise bringen.

Der 550-Millionen-Kredit, der schrittweise ausgezahlt wird, hat eine sehr lange Laufzeit. «Wir haben mehr als zehn Jahre für die Rückzahlung vereinbaren können», erklärt Teckentrup. Welcher Zinssatz fällig wird, verriet der Condor-Chef nicht.