Gulfstream, Bombardier und Co.
Businessjet-Hersteller treten auf die Bremse
Auch die Hersteller von Geschäfts- und Privatfliegern leiden unter der Corona-Krise. Die Auslieferungen von Gulfstream, Bombardier und Textron sinken drastisch.
Gulfstream G500: Persönliche Besichtigungen sind derzeit kaum möglich.
Gulfstream G500: Persönliche Besichtigungen sind derzeit kaum möglich.
Weltweit verhandeln Fluglinien mit Boeing, Airbus und Co, um Orders hinauszuzögern oder zu stornieren. So verzögert etwa Qantas die Lieferung von Boeing 787 und Airbus A321 Neo. Doch nicht nur die Hersteller von großen Passagierfliegern müssen aufgrund der Corona-Pandemie ihre Produktion drosseln. Auch die Businessjetbauer spüren die Krise.
So plant Gulfstream mittlerweile, im laufenden Jahr nur zwischen 125 und 130 Flugzeuge auszuliefern, wie das Unternehmen gegenüber dem Magazin Flight Global erklärte. Der Hersteller von großen Geschäftsreiseflugzeugen wie der G500 und G600 hatte eigentlich 150 Auslieferungen geplant. Dass daraus nichts wird, hat etliche Gründe.
Krise kostet Arbeitsplätze
So senken Distanzvorgaben und Hygienemaßnahmen derzeit laut Gulfstream die Effizienz bei der Produktion. Auch einige Zulieferer liefern nicht wie gewohnt, da sie aufgrund finanzieller Engpässe selbst die Produktion drosseln. Flugzeuge zu verkaufen, ist ebenfalls schwieriger, da persönliche Verhandlungen und Demonstrationsflüge oft unmöglich sind.
Es fließt auch weniger Geld in die Kassen, das bei den Übergaben von Flugzeugen an die Kunden fällig wird. Alleine im ersten Quartal 2020 konnte Gulfstream elf fertige Flugzeuge aufgrund der Corona-Reisbeschränkungen nicht an die künftigen Betreiber übergeben. All das führt dazu, dass das Unternehmen die Kosten weiter senkt. Alleine am Hauptsitz in Savannah streicht Gulfstream daher 700 Arbeitsplätze.
Bombardier rechnet mit deutlichem Rückgang
Aufgeschobene Auslieferungen belasteten im ersten Quartal auch den Umsatz von Bombardier. Wie viele Jets nicht übergeben werden konnten, verraten die Kanadier nicht. Im zweiten Quartal werden die Folgen drastischer sein, denn Ende März stoppte der Flugzeugbauer die Produktion und fährt sie erst Mitte Mai schrittweise wieder hoch.
Man arbeite mit Kunden und Zulieferern an neuen Lieferplänen, so Bombardier. Bei den Aufträgen verzeichnete das Unternehmen im März einen «deutlichen Rückgang». Für das ganze Jahr rechne man mit 30 bis 35 Prozent weniger Nachfrage und Produktion. Der Auftragsbestand für das neuste Modell, die Global 7500, sei «weitgehend intakt».
Textron liefert drastisch weniger aus
Textron Aviation, Hersteller von Cessna- und Beechcraft-Flugzeugen, lieferte im ersten Quartal nur 23 Jets und 16-Turbopropflieger aus. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es noch 44 Flugzeuge in jeder Kategorie.
Als Grund nennt der Konzern, einen «Nachfragerückgang im Zusammenhang mit der Pandemie», Probleme bei der Produktion von Verbundwerkstoffen aufgrund eines Betriebsunfalls sowie verzögerte Auslieferungen durch die Covid-19-Reisebeschränkungen. Textron schickte am Hauptsitz in Wichita Mitte März 7000 Mitarbeiter für vier Wochen in Zwangsurlaub. Für viele der Angestellte wurde diese Pause danach noch einmal verlängert.
Textron liefert drastisch weniger aus
Beim Schweizer Flugzeugbauer Pilatus sagt Verwaltungsratspräsident Oscar Schwenk angesichts der aktuellen Krise: «Wir werden alle unseren Gürtel nun enger schnallen.» Allerdings habe man in den vergangenen guten Jahren gespart und könne davon nun zehren. Pilatus führte zuerst Kurzarbeit für den Großteil seiner Mitarbeitenden ein. Mittlerweile gilt das aber nur noch für jeden fünften Angestellten.
Das Unternehmen aus Stans hat zudem Ende Januar einen Auftrag der spanischen Luftstreitkräfte für 24 Exemplare des PC-21 erhalten. «Sollte der Geschäftsbereich der ‘General Aviation’ aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage tatsächlich einen Einbruch erleben, hilft dieser Auftrag Pilatus essentiell», schreibt der Flugzeugbauer.
Branchenweit Rückgang um bis 50 Prozent
Die Krise trifft auch Pilatus’ Lieferkette. «Viele Lieferanten mussten ihre Produktion stark drosseln oder teilweise sogar temporär einstellen», heißt es im gerade erschienen Jahresbericht. «Für den Einkauf eine riesige Herausforderung.» Da man selber weniger produziere, passe man die Bestellungen entsprechend an. Zugleich müsse man dafür sorgen, dass genügend Material vorhanden sei und es nicht zu Lieferengpässen komme.
Für die gesamte Businessjet-Branche hatte Luftfahrt-Analyst Syed Zaidi von Ascend/Cirium für das Jahr 2020 eigentlich 795 bis 800 Auslieferungen erwartet. Das wären fast genauso viele wie die 799 Flieger, die 2019 an Kunden gingen. Nun rechnet Zaidi mit einem Rückgang von 25 bis 50 Prozent. Andere Analysten kommen auch für das vergangene Jahr durch an andere Zählweise auf weniger Auslieferungen. Einig ist man sich jedoch, dass im Vergleich von 2019 auf 2020 ein Rückgang von bis zu 50 Prozent zu erwarten ist.