Terror an Flughäfen
Bringen mehr Kontrollen wirklich mehr Sicherheit?
Die türkische Regierung reagiert auf das Attentat am Flughafen Istanbul mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen. Das sei der falsche Ansatz, sagt ein renommierter britischer Sicherheitsexperte.
Nach dem blutigen Attentat auf den Flughafen Istanbul Atatürk will die türkische Regierung die Sicherheitsvorkehrungen verschärfen. «Es ist an einem Flughafen passiert. Körperkontrollen oder Durchleuchtungen reichen nicht aus. Wir müssen weitere Maßnahmen gegen solche Angriffe ergreifen», sagte der türkische Premierminister Binali Yildirim bei einer Erklärung zum Terroranschlag (siehe Video). Bei der Attacke, hinter der die islamistische Terrormiliz Daesh vermutet wird, waren vergangene Woche 45 Menschen gestorben und 235 verletzt worden.
Die Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen Istanbul Atatürk sind jedoch bereits heute höher als an den Flughäfen in Westeuropa. Die Kontrolle beginnt weit vor dem Flughafen. Rund 1,5 Kilometer vor dem Terminal werden alle Autos angehalten und untersucht. Zudem gibt es schon beim Eingang zum Terminal eine Gepäckkontrolle mit Röntgengeräten. Dennoch will die Türkei künftig noch weiter gehen.
Man schafft neue Ziele
Die Verschärfung der Maßnahmen ist ein immer wieder zu beobachtender Vorgang. Der Flughafen Brüssel Zaventem hat nach den Anschlägen vom 22. März die Kontrollen ebenfalls erweitert. Auch er überprüft bei der Zufahrt ausgewählte Fahrzeuge. Zudem dürfen Passagiere nicht mehr vor dem Terminal abgesetzt werden. Das passiert nun auf weiter entfernten Parkplätzen. Von dort müssen Reisende alleine zum Abfertigungsgebäude gelangen. Beim Eingang werden sie erst einmal überprüft, bevor sie ins Terminal dürfen.
Doch erhöht das alles die Sicherheit wirklich? «Nein. Wir verlagern einfach die Ziele», sagt Simon Bennett, Professor für zivile Sicherheit an der britischen University of Leicester. Das könne mitunter sogar noch gefährlicher sein. «Wer sagt uns, dass dann nicht jemand eine mit Sprengstoff gefülltes Auto in das Zelt vor dem Terminal fährt?», fragt der Experte. Gerade die Attacken von Istanbul haben denn auch gezeigt, dass Terroristen trotz scharfer Sicherheitsvorkehrungen Wege finden, ihre Ziele zu verfolgen.
Terroristen wollen Angst säen
Bennett glaubt, dass ein starker Ausbau der Maßnahmen an Flughäfen kontraproduktiv ist. «Wenn wir die Kontrollen massiv ausweiten, dann hat Daesh den Krieg gegen den Westen gewonnen», so der Experte. Denn die Terrormiliz wolle erreichen, dass wir unser Leben nicht mehr so leben könnten wie bisher. «Sie hassen Freiheit. Sie wollen, dass wir Angst haben und Beschränkungen unterliegen», so Bennett.
Für den britischen Sicherheitsexperten darf die Politik deshalb ja nicht überreagieren. «Es sterben jedes Jahr viel mehr Leute auf den Straßen als durch Terror», so der Professor. das müsse man sich immer im Bewusstsein halten. Regierungen müssten eine Balance zwischen Sicherheit und möglichst geringer Einschränkungen des westlichen Lebensstils finden. «Um Daesh wirksam zu bekämpfen, muss man das Übel bei der Wurzel packen: Finanzen austrocknen, Nachwuchs kappen» so Bennett. Voraussetzung sei jedoch eine Aufstockung des Etats der Geheimdienste.
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