Letzte Aktualisierung: um 13:39 Uhr

Programm-Chef Rob Dewar

«Bau größerer C-Series ist kein Thema»

C-Series-Chef Rob Dewar spricht im Interview mit aeroTELEGRAPH über staatliche Hilfe für Bombardier, neue Bestellungen, die russische Konkurrenz und den Bau größerer Modelle wie der CS500.

Am Dienstag präsentierte der kanadische Premierminister Justin Trudeau sein neues Budget. Alle erwarteten ein Ja oder Nein zur staatlichen Unterstützung für Bombardiers C-Series-Programm. Doch der Regierungschef sagte nichts dazu. Enttäuscht?
Rob Dewar*: Nein. Die Gespräche zwischen Bombardier und der Zentralregierung gehen weiter. Wir informieren, wenn ein Entscheid gefallen ist.

Aber warum braucht denn die C-Series denn nochmals eine staatliche Milliarde?
Wir brauchen das Geld nicht. Wir haben genug Liquidität für eine erfolgreiche Markteinführung aller unserer Programme. Es ist aber immer gut, mehr Reserven zu haben. Es wäre also einfach ein zusätzliches Polster. Zudem hilft es, das Vertrauen in das C-Series-Programm wieder aufzubauen. Wir bei Bombardier sind sehr zuversichtlich und die Regierung der Provinz Québec ist es auch, wie ihre Investition von einer Milliarde Dollar zeigt. Nun wäre es schön, wenn der Staat Kanada ebenfalls ein solches Engagement zeigen würde.

Den gleichen Effekt könnte eine große Bestellung haben. Vom Ziel von 300 festen Orders bis zur Erstauslieferung Ende Juni sind sie mit 243 Stück noch ein Stück entfernt. Erreichen Sie das?
Die Chance ist nach wie vor groß. Wir halten noch immer an diesem Ziel fest, auch wenn wir es schon ganz früh, beim Start des C-Series-Programms, genannt hatten. Wir rechnen damit, dass Air Canada die Absichtserklärung für 45 Exemplare in den kommenden Monaten in eine feste Bestellung umwandelt. Das bringt uns also schon sehr weit. Zudem sind wir sehr zuversichtlich, dass sich mit neuen und bereits bestehenden Kunden noch etwas ergibt. Da gibt es vielversprechende Gespräche.

In den USA waren Sie bisher nicht erfolgreich. United etwa kaufte Boeing 737-700. Delta zögert und zögert. Glauben Sie noch an einen Verkaufserfolg?
Die USA sind ein Kernmarkt für uns. Wir wussten von Anfang an, dass die amerikanischen Fluggesellschaften nicht früh bestellen werden. Sie wollen erst sehen, dass die C-Series hält, was wir versprechen. Zudem wollen sie sicher sein, dass wir auch wirklich so viele Flieger liefern können, wie sie brauchen. Nun müssen wir nur noch weiterhin gut verhandeln.

Der Preis der C-Series galt lange als Hinderungsgrund für Orders. Delta Air Lines sagt, es stecke zu viel moderne Technologie im Flugzeug, die es zu teuer mache.
Ich bin mit Delta einverstanden. Es steckt viel moderne Technologie in der C-Series. Aber diese Technologie schafft Mehrwert. Zudem sind wir auch auf der preislichen Seite durchaus konkurrenzfähig.

Welche Märkte sind denn für Sie die interessantesten?
Die C-Series wurde spezifisch für das Marktsegment zwischen 100 und 150 Plätzen konzipiert. Wir bieten hier ein durch und durch neues Produkt, mit dem viele Fluggesellschaften gleich mehrere Flugzeugtypen durch einen ersetzen können. Hinzu kommt die Effizienz. Das ist für alle Fluggesellschaften interessant. In Nordamerika können wir eine Reichweite für transkontinentale Flüge anbieten. In Asien können wir die Eignung für heißes Klima und große Höhen anbieten. In Europa können wir ein sehr leises Flugzeug anbieten. Die C-Series ist also für die ganze Welt gemacht und bietet allen Regionen spezifische Vorteile.

Sie haben die C-Series nun einige Wochen in Europa getestet. Wie wichtig war das?
Wenn Sie einem potenziellen Kunden das Flugzeug vor Ort zeigen, verändert das die Wahrnehmung. Viele kennen uns von den Dash 8 Q-Series. Wenn sie dann die C-Series erstmals sehen, staunen sie. Sie merken, dass das ein wirklich großer Flieger ist und dass es in der Kabine wirklich geräumig ist. Hinzu kommt, dass die Tests im täglichen Einsatz erfolgreich verlaufen, die Zertifizierungen da sind und wir die Produktion hochfahren.

Wer sind ihre schärfsten Konkurrenten?
Bei der CS100 sind es die Flieger von Embraer, bei der CS300 sind es A319 Neo und 737 Max 7. Aber für Airbus und Boeing ist diese Größe nicht ihr Kernmarkt. Sie bauen eher auf immer größere Flugzeuge, weil der Markt generell nach größeren Flugzeugen verlangt. Wir sind da, wenn kleinere Flieger durch 100- bis 150-Plätzer ersetzt werden.

Airbus und Boeing kämpfen stark über den Preis. Embraer und Sukhoi mit dem Superjet haben aber einen speziellen Vorteil. Ihre Preise sind extrem attraktiv, weil sowohl der brasilianische Real als auch der russische Rubel so stark gefallen sind.
Wir sind preislich ebenfalls konkurrenzfähig.

Und ist der tiefe Ölpreis schlecht für Sie?
Es kommt auf den Kunden an. Wem Umweltaspekte wichtig sind und wer mehr in die Zukunft plant, der kauft trotzdem. Andere warten eventuell noch etwas ab. Aber: Auch wenn Öl viel billiger geworden ist – man spart mit der C-Series immer noch 20 Prozent. Einfach 20 Prozent von weniger.

Über Bombardier hängt aber immer noch das Damoklesschwert von Annullierungen. Die Order von Republic Airways ist gefährdet, die aus Russland sind es oder auch die von Iraqi Airways.
Unsere Produktion ist für die ersten drei Jahre sehr gut ausgelastet. Solche Eventualitäten haben wir mit eingerechnet. Aber natürlich kümmern wir uns um alle Kunden. Bislang hatten wir dabei eine gute Erfolgsrate. Die Annullierungsquote ist gering. Zudem werden neue Kunden hinzukommen.

Sie sprachen früher davon, das C-Series-Programms mit größeren Modellen zu erweitern – der CS500 und CS900. Ist das noch ein Thema?
Wir konzentrieren uns jetzt voll auf die Einführung der CS100 und die Zertifizierung der CS300. Unser Fokus liegt zu 100 Prozent darauf. Klar hat das Programm das Zeug, um nach oben erweitert zu werden. Aber das Flugzeug wurde spezifisch für das Segment von 100 bis 150 Plätzen entwickelt. Da müssen wir Erfolg haben.

Das heißt, die CS500 wird nie gebaut…
Das würde ich nicht sagen. Es ist einfach derzeit gar kein Thema.

Weil Bombardier dann auch ganz direkt Airbus und Boeing angreifen würde?
Es war nie unsere Idee, Airbus und Boeing voll zu konkurrenzieren. Wir fokussieren uns auf unseren Markt. Der ist für die beiden nicht so wichtig. Aber er gibt in den kommenden Jahren viel her – bis zu 7000 neue Flieger werden da benötigt. Das ist viel für uns.

* Rob Dewar arbeitet seit 1986 für Bombardier. Seit 2010 ist er Chef des C-Series-Programms.