Hoffnungsträger X-66
Boeings schwierige Arbeit am nächsten Flugzeugmodell
Der Flugzeugbauer muss viele aktuelle Probleme lösen und zugleich ein Modell für die Zukunft entwickeln. Eine große und teure Herausforderung für Boeing. Ein Hoffnungsträger heißt X-66.
Eine computergenerierte Abbildung der X-66. Zuvor hatten Boeing und die Nasa …
… schon andere Visualisierungen des geplanten Testfliegers …
… gezeigt – hier von oben.
Sehen Boeing Flugzeuge in Zukunft so aus?
Die MD-90, die Boeing und die Nasa zum X-66-Testflieger umbauen, hier beim Abbau der Triebwerke: Wird völlig neue Tragflächen bekommen.
Eine computergenerierte Abbildung der X-66. Zuvor hatten Boeing und die Nasa …
… schon andere Visualisierungen des geplanten Testfliegers …
… gezeigt – hier von oben.
Sehen Boeing Flugzeuge in Zukunft so aus?
Die MD-90, die Boeing und die Nasa zum X-66-Testflieger umbauen, hier beim Abbau der Triebwerke: Wird völlig neue Tragflächen bekommen.
Probleme mit der Sicherheitskultur und Qualitätssicherung, Umbau des Managements, immer noch ausstehende Zertifizierungen für Boeing 737 Max 7 und Max 10 sowie Boeing 777X – es ist eine schwierige Zeit für Boeing. Vielleicht gerade deshalb hat der amerikanische Flugzeugbauer kürzlich ein Bild veröffentlicht, das einen Hoffnungsträger des Konzerns zeigt. «Der bemerkenswerte X-66 Sustainable Flight Demonstrator befindet sich in der frühen Phase der Produktion bei der Nasa», schrieb der Konzern dazu im März.
Der Flieger, der bisher X-66A genannt wurde und nun offenbar das A verloren hat, ist ein «Transonic Truss-Braced Wing»-Konzept. Dabei handelt es sich um einen Schulterdecker, dessen lange, dünne Tragflächen über Streben mit dem unteren Teil des Rumpfes verbunden sind. Solche Flügel bieten aerodynamische Vorteile, übertragen aber auch höhere Kräfte auf die Flügelwurzeln. Um dem entgegenzuwirken, gibt es die Verstrebungen.
Ein großer Vorteil des Schulterdeckers
«In Verbindung mit Fortschritten bei den Antriebssystemen, den Werkstoffen und der Systemarchitektur könnte diese Konfiguration zu geringeren Emissionen und einem um bis zu 30 Prozent geringeren Treibstoffverbrauch führen», schreibt Boeing zu seinem Konzept. Getestete werden soll es mit einer MD-90, die Boeing gemeinsam mit der Nasa umgebaut.
Anfang des Jahres veröffentlichte der Flugzeugbauer ein Video von den ersten Arbeiten an der 25 Jahre alten MD-90, die einst für China Southern Airlines und Delta Air Lines flog. Unter anderem hat Boeing schon die Triebwerke der Maschine entfernt. Auch wenn der Testflieger mit Triebwerken der aktuellen Generation abheben muss, bringt das Konzept auch einen großen Vorteil für die Zukunft mit: Im Gegensatz zu aktuellen Modellen wie der 737 bietet ein Schulterdecker viel Platz nach unten für potenziell größere Triebwerke.
Die potenziellen Nachteile des Konzepts
Das war einst ein zentrales Problem bei der Entwicklung der 737 Max: Die neue Max hatte größere Triebwerke als die Vorgängerin 737 NG und der Platz Richtung Boden war begrenzt. Daher wurden die Max-Triebwerke weiter vorne und höher an den Tragflächen montiert. Diese Änderung barg aber das Risiko, dass sich die Längsstabilität ändert und die Nase nach oben gedrückt wird. Um dem entgegenzuwirken, erfand Boeing die Software MCAS, die die Nase bei Gefahr eines Strömungsabrisses nach unten drückte. Davon mussten die Piloten bei den tödlich 737-Max-Unglücken bei Lion Air und Ethiopian Airlines aber nichts.
Dennoch ist der Schulterdecker mit langen Flügeln aber nicht einfach die Lösung für alle Probleme. «Unsere Einschätzung ist: Einerseits gewinnt man sehr viel durch die lange und dünne Auslegung des Flügels», sagte Airbus-Technikchefin Sabine Klauke im Sommer 2023 zu aeroTELEGRAPH. «Andererseits hat man diesen Holm, den man für die Stabilität braucht, über den man aber auch wieder Effizienzen verliert. Und dann sind die Anbau- und Integrationskonzepte für die Triebwerke und andere Systeme ganz anders als heute. Da muss man gucken, ob sich Vor- und Nachteile aufwiegen und ob es sich lohnt.»
Hohe Kosten für neues Modell erwartet
Bewährt sich das X-66-Konzept, könnte die Technik in Boeings nächstes Flugzeugmodell einfließen. Neben den Herausforderungen technischer Natur und der Priorität der aktuellen Probleme muss der amerikanische Hersteller auch damit umgehen, dass die Entwicklung seines nächsten Flugzeuges offenbar sehr teuer werden könnte.
Als klar war, dass er Ende des Jahres abtritt, sagte der aktuelle Boeing-Chef David Calhoun zum Sender CNBC, sein Nachfolger müsse das nächste Modell entwickeln. «Es wird eine Investition von 50 Milliarden Dollar sein.» Das ist ein hoher Betrag. Zum Vergleich: Als Boeing 2011 die erste Boeing 787 auslieferte, wurden die Kosten des Programmes konservativ auf 32 Milliarden Dollar geschätzt, die eine Hälfte Entwicklungkosten, die andere Hälfte für schon gebaute Flieger, wie die Zeitung Seattle Times damals schrieb.
In der oben stehenden Galerie sehen Sie das aktuelle und vorherige Bilder der X-66. Ein Klick aufs Bild öffnet die Galerie im Großformat.