Schwäche bei Auslieferungen
Boeings Max-Problem – und was der Hersteller dagegen tut
Der amerikanische Flugzeugbauer kann wieder Dreamliner ausliefern. Bei der 737 Max läuft es dagegen harzig. Zudem sucht Boeing neue Kunden für Exemplare, die nach China gehen sollten.
Boeing 737 Max 8 von Air China: Schon lange keine Auslieferungen mehr in das Land.
Boeing 737 Max 8 von Air China: Schon lange keine Auslieferungen mehr in das Land.
Bei Boeing wird vielen Managern und Mitarbeitenden ein Stein vom Herzen gefallen sein. Im August konnte man wieder Dreamliner ausliefern, was zuvor aufgrund von Produktionsproblemen und Interventionen der Behörden mehr als ein Jahr nicht möglich war. Im August ging eine 787-9 an Lufthansa und eine 787-10 an Air France-KLM.
Derweil gelingt es dem Flugzeugbauer bei einem anderen Modell nicht, Fahrt aufzunehmen bei den Auslieferungen: der Boeing 737 Max. Von Jahresbeginn bis Ende August hat er insgesamt 231 der Flugzeuge an Kunden übergeben: 27 im Januar, 20 im Februar, 34 im März, 28 im April, 29 im Mai, 43 im Juni, 23 im Juli und 27 im August.
Reduziertes Lieferziel in Gefahr
Im Durchschnitt sind das knapp 29 Auslieferung pro Monat. Macht Boeing in dem Tempo weiter, erreicht der Konzern im gesamten Jahr rund 350 ausgelieferte 737 Max. Zum Vergleich: Rivale Airbus hat bis Ende August 298 Jets der A320-Neo-Familie ausgeliefert.
Boeing droht nun, das eigene Auslieferungsziel von 400 Exemplaren der 737 Max im Jahr 2022 zu verpassen. Der Flugzeugbauer hatte das Ziel im Juli bereits von ursprünglich geschätzten 500 Auslieferungen auf den niedrigen 400er-Bereich gesenkt.
Probleme mit den Zulieferern
Bei der 737-Max-Produktion ist es Boeings Ziel, stabil eine stabile Rate von 31 Flugzeugen pro Monat zu erreichen. Eine große Herausforderung sind dabei Schwierigkeiten mit den Lieferketten. Ende Juli hatte der Konzern erklärt, er habe seine Präsenz bei Zulieferern verstärkt und Expertenteams gebildet, um Lieferengpässe in verschiedenen Bereichen wie Triebwerken, Rohstoffen und Halbleitern zu beheben.
Das große Problem bei den Auslieferungen heißt derweil China. Dort ist das Modell seit seinem Grounding im Jahr 2019 nicht wieder abgehoben. «Die Luftfahrtbehörde Civil Aviation Administration of China hat das Flugzeug zertifiziert und uns das erneut bestätigt», sagte Michael Arthur, Präsident von Boeing International, im Juli im Gespräch mit aeroTELEGRAPH. «Jetzt entscheiden die Fluggesellschaften, wann sie die 737 Max wieder einsetzen wollen. Und das wird geschehen, wenn der Markt wieder anzieht.»
Sehr ungewisse Aussichten in China
Allerdings hat der Taiwan-Besuch der US-Politikerin Nancy Pelosi Anfang August die Beziehungen zwischen den USA und China wieder verschlechtert, was auch die Aussichten von Boeing und der 737 Max in dem Land nicht verbessert. Der Hersteller hat rund 140 fertig gebaute Maschinen, die für Airline und Leasingfirmen in China bestimmt sind.
Laut Informationen des Portals Leehman News durften bisher lediglich chinesische Leasingfirmen in einigen Fällen Flieger entgegennehmen, wenn diese an Kunden außerhalb des Landes gingen. Boeings Konzernchef David Calhoun sagte dem Bericht zufolge am Donnerstag (15. September) am Rande einer Konferenz: «Wir liefern keine Flugzeuge nach China. Wir wünschten natürlich, wir könnten es.» Auch stelle man die Produktion von Flugzeugen für chinesische Kunden weiterhin hinten an, so Calhoun.
Boeing will Jets neu platzieren
Der Boeing-Chef erklärte, aktuell vermarkte man einen «kleinen Teil» der für chinesische Kunden bestimmten 737 Max neu. Sprich: Boeing sucht neue Abnehmer für die Flugzeuge. Je nachdem, wie die weitere Entwicklung sei, werde man bei mehr Jets so vorgehen, sagte Calhoun und ergänzte: «Ich weiß, dass wir sie verkaufen können, vor allem angesichts der Lieferkettenprobleme, die beide Hersteller haben.»
Gelingt das schnell, könnte sich der amerikanische Flugzeugbauer bis Jahresende vielleicht doch noch der Zahl von 400 ausgelieferten 737 Max nähern. Gute Lieferzahlen sind generell wichtig für die Finanzen von Flugzeugbauern. Denn einen großen Teil des Preises für ein Flugzeug zahlen die Kunden erst bei der Übergabe.