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Sicherheit

Boeing will Cockpit-Umrüstung für 737 Max verhindern

Die Boeing 737 Max 10 droht die Zulassung bis Ende des Jahres zu verpassen. Das würde Änderungen im Cockpit nötig machen - falls Boeing es nicht schafft, das zu verhindern.

Zwei Varianten der Boeing 737 Max sind bereits in Betrieb, die Max 8 und die Max 9. Die kleinere Max 7 wird voraussichtlich noch in diesem Jahr zugelassen. Doch die größere Max 10 droht die Zertifizierung bis Ende 2022 zu verpassen, wie die Zeitung Seattle Times unter Berufung auf Quellen bei Boeing, im US-Kongress und bei der Luftfahrtbehörde FAA berichtet. Und daraus würde sich für den Flugzeugbauer ein Problem ergeben.

Denn nach den Abstürzen von zwei Boeing 737 Max in den Jahren 2018 und 2019 – der in Äthiopien jährt sich heute zum dritten Mal – wurde in den USA Ende 2020 der Aircraft Safety and Certification Reform Act verabschiedet. Das Gesetz schreibt vor, dass alle Flugzeuge, die nach dem 31. Dezember 2022 zugelassen werden, im Cockpit neue Sicherheitsvorschriften erfüllen. So müssen die Systeme es der Crew ermöglichen, akustische und visuelle Warnungen bestmöglich zu unterscheiden und fehlerhafte Warnungen zu unterdrücken, die, wie einst bei den Unglücken, für Ablenkungen sorgen.

Cockpit-Umbau wäre bei 737 Max schwierig

Alle anderen Boeing-Modelle erfüllen die Anforderungen schon, doch für die 737 wurde bereits 2014 eine Ausnahme gemacht. Und auch die 2020 geänderte Gesetzgebung zielt eigentlich darauf ab, neue Regeln für gänzlich neue Flugzeugmodelle zu schaffen. Das erklärte eine Person, die an der Ausarbeitung des Gesetztes beteiligt war, gegenüber der Seattle Times. Die Fehler der 737 Max sollten anderweitig behoben werden. Man ging davon aus, dass die Max 10 bis Ende 2022 in jedem Fall schon zertifiziert sein wird.

Das Max-Cockpit an die neuen Regeln anzupassen wäre schwierig, da es noch Elemente aus dem ursprünglichen 737-Design enthält, das auf die 1960er-Jahre zurückgeht. Und es wäre teuer. Zudem würde es bedeuten, dass die Max 10 sich von den anderen Varianten unterscheiden würde und die Crews womöglich separates Training benötigen würden. Das verteuert für Airlines die Einflottung der neuen Jets, ist aber aus Sicherheitsgründen wichtig.

Boeings Lobbyisten bereits am Thema dran

Boeings Lobbyisten in Washington haben laut dem Bericht schon Kongressmitglieder und -mitarbeitende über potenzielle Auswirkungen wie Arbeitsplatzverluste informiert, sollte die Max 10 die Frist verpassen und dann womöglich gar nicht gebaut werden. Es wird erwartet, dass der Flugzeugbauer beim Kongress eine Fristverlängerung erwirken will.

Laut einem namentlich nicht genannten FAA-Sicherheitsingenieur zieht die Behörde bereits Leute von anderen Projekten ab, um bei der Max-10-Zertifizierung zu helfen. Die FAA wolle sicherstellen, dass im Zweifelsfall nicht sie für mögliche Verzögerungen verantwortlich gemacht werden könne.

Verbesserung bei Anstellwinkelsensoren

Der FAA-Mann sagte auch, dass es gute Argumente für eine Verlängerung der Zulassungsfrist der Max 10 geben könnte. Denn wenn die Max 10 andere Warnsysteme im Cockpit hätte als die anderen Max-Varianten, könnte das die Crews von Airlines verwirren, die mehrere Varianten betreiben. «Wenn die FAA-Piloten davon überzeugt sind, dass fehlerhafte Warnungen durch das Design der Max 10 aus technischer Sicht behoben werden, wäre ich damit zufrieden», sagte der Ingenieur. «Aber das sollte in einem formellen öffentlichen Prozess geschehen und nicht durch Lobbyarbeit hinter den Kulissen.»

Die Max 10 bekommt, besonders auf Druck der europäischen Luftfahrtbehörde Easa, als zusätzliches Sicherheitsmerkmal auf jeden Fall eine neue Software. Diese führt eine separate Berechnung des Anstellwinkels durch und ergänzt damit die beiden physischen Anstellwinkelsensoren. Falsche Daten dieser Sensoren am Rumpf waren ein wesentlicher Faktor bei den Boeing-737-Max-Abstürzen. Die Änderung ist einer der Gründe dafür, dass die Max-10-Zulassung länger dauert. Ein andere ist die Überarbeitung der Handbücher.

FAA soll sichersten Weg aufzeigen

Die US-Senatorin Maria Cantwell sitzt einem Senatsausschusses vor, der an der Ausarbeitung des Gesetzes mitgewirkt hat. Sie zeigte sich nun offen dafür, Boeing eine Fristverlängerung zu gewähren, wenn die FAA dem zustimmt. Die Behörde solle eine komplette Sicherheitsanalyse vornehmen und sich damit auch mit dem Szenario von gemischten Flotten beschäftigen. «Ich möchte, dass die FAA die Führung übernimmt», so Cantwell. «Ich möchte von ihr hören, was sie für den sichersten Weg hält.» Weder die Luftfahrtbehörde noch der Flugzeugbauer äußerten sich im Detail.