Letzte Aktualisierung: um 19:58 Uhr

Unklarer Kurs der FAA

Boeing reduzierte Blitzschutz des Dreamliners

Verschiedene Vorkehrungen schützen die Tanks in den Tragflächen der Boeing 787 bei Blitzeinschlägen. Zwei dieser Vorkehrungen hat der Hersteller entfernt.

Überließ die US-Luftfahrtbehörde FAA bei der Zertifizierung der Boeing 737 Max zu viele wichtige Bewertungen dem Hersteller selber? Diesem Vorwurf sieht sich die FAA seit den beiden Abstürzen von Boeing 737 Max ausgesetzt. FAA-Chef Steve Dickson muss sich dazu am Mittwoch (11. Dezember) vor einem Ausschuss des US-Kongresses äußern. Dabei wird es wohl auch Fragen geben zu Änderungen an einem anderen Modell: der Boeing 787.

Wie die Zeitung Seattle Times berichtet, geht es um technische Vorkehrungen, die verhindern sollen, dass die Treibstofftanks in den Flügeln der Boeing 787 bei einem Blitzschlag explodieren. Boeing hatte bei der Erstzulassung des Dreamliners im Jahr 2011 neben anderen Vorkehrungen auch alle Metallverschlüsse in den Flügeln mit Isolierkappen versehen und an vielen Stellen Kupferfolie verbaut, welche die Spannung im Falle eines Blitzeinschlages zerstreuen soll.

Seit März keine Kupferfolie mehr

Das geschah auch, da die Tragflächen der Boeing 787 Dreamliner zu großen Teilen aus karbonfaserverstärktem Kunststoff bestehen, wodurch der Blitzschutz aufwändiger wird als bei einem Metallflieger. Doch seit dem Jahr 2014 verzichtet Boeing auf die meisten der Isolierkappen, weil sich im Betrieb schnell Risse darin bildeten. Laut der Zeitung geschah die Freigabe dafür größtenteils durch die Boeing-Ingenieure selber «mit minimalem Input von der FAA».

Im Februar 2019 wollte sich der Flugzeugbauer dann von der FAA auch genehmigen lassen, künftig auf die Kupferfolie zu verzichten. Doch die Behörde sagte Nein. Boeing hatte zu diesem Zeitpunkt laut dem Bericht allerdings schon rund 40 Flügelpaare ohne die Folie produziert. So gelang es dem Unternehmen, das Management der FAA innerhalb von einer Woche zu überzeugen, doch grünes Licht zu geben. Seit März verzichtet Boeing auf die schützende Folie.

FAA ordnet Neubewertung an

Boeing argumentiert, man habe über die Jahre besser verstanden, was beim Blitzschutz gut funktioniere, und was nötig ist, um die FAA-Anforderungen zu erfüllen. Mehrere andere Ebenen des Blitzschutzes würden das Flugzeug absichern, jede Änderung sei gründlich von der Behörde geprüft worden und das Modell sei sicher.

Im Juni meldete sich allerdings FAA-Ingenieur und -Sicherheitsexperte Thomas Thorson zu Wort. Er warnte, Boeing habe Fehler bei der Aufrechnung der Risiken, die zu einer Tankexplosion durch Blitzschlag führen könnten, gemacht. Zudem mahnte er, Auslieferungstermine dürften keine sicherheitsrelevanten Entscheidungen beeinflussen. Der Kurs der FAA-Spitze ist derweil weniger klar. Zum einen versicherte Behördenchef Dickson dieser Tage, die Änderungen brächten keine Unsicherheiten und die 787 sei auch ohne die Kupferfolie sicher. Anderseits hat die FAA im Oktober von Boeing dennoch eine Neubewertung der Risiken gefordert.