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Milliardenkosten

Bodenkollisionen nehmen zu – und könnten einfach verhindert werden

Immer öfter kommt es auf Flughäfen zu Zusammenstößen am Boden. Die Technologie, die meisten davon zu verhindern, wäre da. Doch genutzt wird sie noch nicht, bemängelt die Iata.

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Erst gerade ist es Swiss passiert. Bei einer Kollision mit einem Schleppfahrzeug in New York JFK wurde im Oktober das Fahrwerk eines Airbus A330 beschädigt. Erst nach zehn Tagen konnte der Flieger mit dem Kennzeichen HB-JHD wieder in die Schweiz zurückfliegen.

Swiss ist mit damit nicht allein. Immer wieder kommt es an Flughäfen zu Zusammenstößen am Boden. Das passiert Langstreckenflugzeugen zehn Mal häufiger. Doch wenn es um die Schwere des Schadens geht, sieht es anders aus. Es ist 40 Prozent wahrscheinlicher, dass Kurz- und Mittelstreckenflugzeuge schwer beschädigt werden, so Nick Careen, beim Airline-Dachverband Iata für Sicherheit zuständig.

Immer mehr Bodenkollisionen

Ihm bereite das Thema schon lange Sorgen, so Careen, der bis vor acht Jahren Operativchef von Air Canada war. Auch dort sei das der Bereich gewesen, in dem mit am meisten Frust entstanden sei. Es sei dringend nötig, dass Flughäfen und Bodenabfertiger etwas tun, so der Experte. Sonst würden sich die Reparaturkosten, die durch Bodenkollisionen entstehen, bis 2035 auf zehn Milliarden Dollar verdoppeln.

Schon seit Jahren nimmt die Zahl der Zusammenstöße am Boden zu. Der Grund für diese Entwicklung ist hauptsächlich das Wachstum des Flugverkehrs. Logisch, denn mehr Flugzeuge in der Luft sorgen auch für mehr am Boden. Hinzu kommt, dass sich in vielen Fällen die Turnaround-Zeiten der Flugzeuge, also die Zeit, die sie am Boden verbringen, verkürzt wird. Es wird also auch hektischer.

Technologie für Verbesserung ist da

Die allermeisten Zusammenstöße geschehen, wenn Flugzeuge geparkt sind, nämlich 84 Prozent. Am zweitmeisten passieren sie beim Zurückstoßen – aber mit sieben Prozent ist das bereits deutlich seltener der Fall. Was Careen besonders frustriert: Es gebe bereits Technologien, die einen großen Teil der Zusammenstöße verhindern könnte.


So sehen Airside Collision Avoidance Devices aus. Grafik: Iata

Denn für über 40 Prozent der Zwischenfälle seien Maschinen und Fahrzeuge der Bodenabfertigung verantwortlich, so der Iata-Experte. Die müsse man dringend mit Antikollisionsgeräten ausstatten. Sie heißen im Branchenjargon Airside Collision Avoidance Device oder kurz Ascad und sind eine Art Leitkegel, wie man sie von Verkehrskontrollen oder Baustellen kennt, aber voll von Technik.

Mit Infrarot-Bewegungsmelder

Sie sind mit Infrarot-Bewegungsmeldern mit einem Erfassungsbereich von bis zu 200 Metern ausgestattet. Diese können auch die Richtung von sich nähernden Objekten erkennen. Befindet sich das herannahende Flugzeug innerhalb der Vorsichtdistanz, sendet das Gerät eine Warnung an den Zuständigen am Boden. Hingestellt wird das Airside Collision Avoidance Device hinter dem stehenden Flieger.


So werden die Airside Collision Avoidance Devices aufgestellt. Grafik: Iata

Das sei alles möglich, es werde von den Verantwortlichen schlicht nicht angegangen. Hinzu komme, dass eine Modernisierung auch zu mehr Effizienz in Betrieb und Verbrauch führe. Würde man, so Careen, zum Beispiel automatische Passagierbrücken einführen, laufe man auch nicht Gefahr, dass ein Flugzeug längere Zeit warten muss, weil das Personal fehlt, welches die Fluggastbrücke ans Flugzeug manövriert.

Ersatz dauert lange

Als Airlineverband hat die Iata begrenzte Macht, die Bodenabfertiger und Flughäfen zur Modernisierung zu zwingen. Doch er sehe es als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, das durchzusetzen, so Careen. Denn machbar sei es nicht von heute auf morgen. «Alles zu ersetzen, würde mindestens zehn bis 15 Jahre dauern», so der Experte.