Letzte Aktualisierung: um 17:53 Uhr

Bus-Verbindung nach Berlin-Tegel

Mach et jut, anderer TXL!

Berlin-Tegel war nicht nur in Sachen Architektur ein Flughafen der kurzen Wege. An kaum einen anderen Airport lernten Passagiere so schnell ihren Zielort kennen wie in seinem Nahverkehrsbus.

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Nach der Landung in TXL ging es für viele Passagiere gleich in den nächsten TXL. Seinen Drei-Letter-Code teilt der Berliner Flughafen Tegel mit dem Namen seiner Hauptbuslinie. Wären in anderen Hauptstädten Schienen Flughafen und Stadtzentrum verbinden, musste sich Berlin in Tegel mit Bussen behelfen.

Diese ungewöhnlichen Zeiten sind vorbei: Mit der Inbetriebnahme des BER erreichen Passagiere den neuen Tegel-Nachfolger mit dem Zug. Die Flughafenanbindung ist damit endlich hauptstadtwürdig geworden – aber auch unpersönlicher. Fluggäste tauchten durch Tegels Nahverkehrsbusse so schnell wie wohl nirgendwo anders in das Wesen der Stadt ein.

Eng und verspätet

Das Schlechte am TXL-Bus – und davon gibt es einiges – gleich vorweg: Die Abfahrtszeiten sind meist eher vage Voraussagen. Vom einstigen Startpunkt am Alexanderplatz mussten sich die quietschgelben Busse vom Stadtzentrum bis Stadtrand durch oft verstopfte Hauptstraßen durchkämpfen. Nicht selten versperren dem Bus den Weg Autofahrer, die die Busspur als Parkmöglichkeit verstehen.

Kommt der Bus mal an, lauert gleich das nächste Problem: Es ist im TXL sehr oft sehr voll. Nicht nur Fluggäste nutzen den Bus. Die einstige Route entlang vom Alexanderplatz über Friedrichstraße, Hauptbahnhof und den Stadtteil Moabit war auch für Einheimische praktisch. Seit etwa einem Jahr verkehrt der TXL-Bus nur bis zum Hauptbahnhof. Mit dem neuen Linienkonzept wollten die Berliner Verkehrsbetriebe die Verspätungen in den Griff kriegen.

Vom Zentrum an den Rand und zurück

Ablagen für Koffer, wie sie man aus Zügen kennt, gibt es im TXL-Bus nicht. Nicht nur durch stehende Fahrgäste muss man sich schlängeln. Meistens waren auch die Gänge voller Koffer. Ungeduld und Berührungsängste werden im TXL auf die Probe gestellt – doch wer das akzeptiert, erlebt in dem Bus eine einmalige Stadtführung.

Mit viel Glück startet das Kennenlernen mit Berliner Gepflogenheiten noch am Flughafen. Insbesondere zu den Stoßzeiten am Morgen und Abend ist der Bus noch vor der Abfahrt  komplett voll. Ein dabei oft auftretendes Problem: Die Hydrauliktür kann nicht schließen und der Bus nicht abfahren, weil jemand im Schwenkbereich der Türen steht.

«Ich kann hier den ganzen Tag stehen»

Fahrgäste erleben dann die berühmtberüchtigte, harte aber herzliche Berliner Schnauze der Busfahrerinnen und Busfahrer. «Ich kann hier den ganzen Tag stehen, im Gegensatz zu euch muss ich zu keinen wichtigen Terminen» oder «Mann Mann Mann, denkt ihr, wir fahren heute mal mit offener Tür los?», schallt es dann durch die Sprechanlage im Bus.

Wer einen Nachschlag haben möchte, weist Fahrerin oder Fahrer darauf hin, dass viele im Bus kein Deutsch sprechen und das Problem deshalb nicht verstehen. «Hast wohl Busfahren studiert, Professor?», darf man sich dann fragen lassen. Klingt böse, ist aber irgendwie auch herzlich gemeint.

Schnell in Berlin

Geht es um Taten, zeigen Berliner Busfahrerinnen und -Fahrer, dass man sich in der Hauptstadt gegenseitig hilft. Auf noch zum Bus eilende Fahrgäste wird oft gewartet, obwohl bereits Türen geschlossen und Blinker gesetzt waren. Autofahrer, die sich mit auswärtigen Kennzeichen in dem Straßenknäuel des Flughafens verirrt haben, wird Vorfahrt gewährt, obwohl sie keine hatten – später in der Stadt steht man ja eh im Stau.

Auf vielen großen Flughäfen führt der Weg in die Stadt zuerst über weite Felder. Um Einwohner vor Lärm zu schützen oder um mal weiter auszubauen, wurden viele Drehkreuze weitab der Stadtgrenzen gelegt. Nicht so  Tegel, der seine Ursprünge in der Berliner Blockade kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hat, und sich deshalb zum zentralen Stadtflughafen mauserte.

Auf den Spuren von Air Berlin

Die ersten 10 bis 15 Minuten in Richtung Zentrum führen entlang des Saatwinkler Damms. Abgesehen vom Industriegebiet-Charme gibt es hier auch ein Highlight für Aviatik-Fans: Hier steht die ehemalige Firmenzentrale von Air Berlin, auf deren Fassade noch immer die Firmenlogos zu sehen sind.

Kurz danach passiert der Bus Moabit. Im kleinsten Stadtteil Berlins wird Fahrgästen eine Art Berlin in Kompaktversion gezeigt. Entlang schöner Altbauten an der Beusselstraße und Turmstraße verteilen sich zahlreich die für die Hauptstadt typischen Spätkäufe sowie Hipster-Cafés, Bars und Dönerbuden. Auf den Gehwegen flanieren zugezogene Studierende genauso wie Originalberliner.

Keine Fluggäste mehr

Spätesntens hier vermischt sich auch im Bus das Publikum. Anwohner und Fluggäste sitzen, oder stehen, ab Moabit oftmals Schulter an Schulter. Noch etwa 10 Minuten später erreicht der Bus den Hauptbahnhof, wenige Stationen später ist Endstation. Am kommenden Sonntag (9. November) wird am Flughafen Berlin-Tegel Schluss sein: Der Flugbetrieb wird eingestellt.

Der TXL-Bus wird mit dem Betriebsende von Tegel eingestellt. Die Zeit der ungewöhnlichen Flughafenanbindung findet somit ein Ende.

Busse nur noch ab Stadtrand

Zum BER verkehren hauptsächlich Regionalzüge und S-Bahnen. Von einigen Stationen am Stadtrand fahren auch Busse den Tegel-Nachfolger an. Unbestreitbar ist, dass die An- und Abreise zum neuen Berliner Flughafen zuverlässiger sein wird – aber auch langweiliger.

Alles zur Eröffnung des BER und der Schließung von Tegel lesen Sie in unserem Dossier: Berlin goes BER.